Eisen in der Schwangerschaft: Wie viel brauchen Mutter und Kind?
Während der Schwangerschaft steigt der Bedarf an Eisen deutlich an. Das liegt an der notwendigen Blutvolumenvermehrung der Mutter, am Aufbau von Mutterkuchen (Plazenta) und Nabelschnur sowie an der Versorgung des Fetus. Zusätzlich gehen bei der Geburt durch den Blutverlust weitere Eisenreserven verloren [1, 2]. Insgesamt summiert sich der Eisen-Mehrbedarf während einer Schwangerschaft auf etwa 0,5-0,7 g [3].
Zufuhrempfehlung und Versorgungssituation
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Frauen im gebärfähigen Alter eine tägliche Eisenzufuhr von 16 mg und für Schwangere 27 mg pro Tag [4].
Nach Daten der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen 83 % der Frauen die Empfehlung nicht. Den am schlechtesten versorgten Frauen im gebärfähigen Alter fehlen 9 mg Eisen. Dies entspricht einem täglichen Fehlbetrag von 44 % der empfohlenen Zufuhrmenge. Besonders deutlich wird die Problematik in der Schwangerschaft: Der tägliche Mehrbedarf liegt bei rund 11 mg Eisen im Vergleich zu nichtschwangeren Frauen. Bei den am schlechtesten versorgten Schwangeren ergibt sich damit ein Fehlbetrag von 20,7 mg Eisen pro Tag, was einem Defizit von fast 70 % der Empfehlung entspricht [5].
Versorgungsstatus in Zahlen:
- DGE-Empfehlung: Frauen 16 mg/Tag für Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere 27 mg/Tag
- 83 % der Frauen erreichen die Empfehlung nicht
- Fehlbetrag bei den am schlechtesten versorgten Frauen: 9 mg/Tag (44 % der Empfehlung)
- Mehrbedarf in der Schwangerschaft: 11 mg/Tag
- Fehlbetrag bei den am schlechtesten versorgten Schwangeren: 20,7 mg/Tag
Die Top 10 Eisenquellen für Schwangere
Um den täglichen Bedarf in der Schwangerschaft zu decken, lohnt sich ein Blick auf besonders eisenhaltige Lebensmittel. Die folgende Übersicht zeigt die 10 eisenreichsten Lebensmittel (pro 100 g, gerundet). Die angegebenen Werte können je nach Sorte, Anbaugebiet, Fütterung der Tiere sowie Zubereitungs- und Verarbeitungsart leicht variieren [14-16]:
- Kürbiskerne (trocken): 12 mg
- Leinsamen: 8 mg
- Sesamsamen: 7-8 mg
- Amaranth (ungekocht): 7-8 mg
- Quinoa (ungekocht): 7 mg
- Linsen (getrocknet): 7-8 mg
- Kichererbsen (getrocknet): 6 mg
- Haferflocken: 5 mg
- Rindfleisch (mager, gegart): 3 mg
- Hirse (ungekocht): 9 mg
Tierische Eisenquellen (Häm-Eisen), insbesondere mageres Fleisch, werden im Darm deutlich besser resorbiert als pflanzliche Eisenquellen (Nicht-Häm-Eisen). Leber ist zwar sehr eisenreich, sollte in der Schwangerschaft jedoch aufgrund des hohen Vitamin-A-Gehalts vermieden werden. Pflanzliche Lebensmittel liefern wertvolle Mengen und profitieren von der Kombination mit Vitamin-C-haltigen Speisen (z. B. frisches Obst oder Orangensaft), da Vitamin C die Aufnahme von Eisen verbessert. Auf diese Weise lässt sich die Eisenversorgung in der Schwangerschaft wirksam unterstützen.
Funktionen von Eisen in der Schwangerschaft
Eisen ist ein essenzielles Spurenelement und erfüllt in der Schwangerschaft zentrale Aufgaben:
- Bildung von Hämoglobin: Eisen ist Bestandteil des roten Blutfarbstoffs und entscheidend für den Sauerstofftransport [6].
- Fetale Entwicklung: Eisenmangel während der Schwangerschaft ist mit erhöhtem Risiko für Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht und gestörte kognitive Entwicklung des Kindes assoziiert [7].
- Mütterliche Gesundheit: Ein Eisenmangel kann bei Schwangeren zur Eisenmangelanämie führen, die mit Müdigkeit, erhöhter Infektanfälligkeit und Komplikationen unter der Geburt verbunden ist [8].
Zusätzlich erklärt sich der hohe Eisenverbrauch in der Schwangerschaft aus dem Eisengehalt eines Neugeborenen (etwa 250 mg), von Plazenta und Nabelschnur (ca. 130 mg) sowie durch Eisenverluste bei der Geburt (100-200 mg) [9]. Bei etwa 70 % der Schwangeren kann dieser erhöhte Bedarf nicht allein über die Ernährung gedeckt werden, weshalb häufig eine Supplementation erforderlich ist [10].
Die Eisenaufnahme kann durch die Kombination eisenreicher Nahrungsmittel (z. B. Fleisch) mit Vitamin-C-haltigen Lebensmitteln (z. B. Orangensaft) verbessert werden [11]. Zudem wird empfohlen, Eisenpräparate abends nüchtern einzunehmen, um die Aufnahme zu optimieren [12]. Auch nach der Schwangerschaft sollten Frauen auf eine ausreichende Eisenzufuhr achten, um die Speicher wieder aufzufüllen [5].
Fazit
Eisen gehört zu den Mikronährstoffen mit dem größten Mehrbedarf in der Schwangerschaft. Da dieser in der Mehrzahl der Fälle nicht durch die Ernährung gedeckt werden kann, ist eine Supplementation häufig notwendig. Eine ausreichende Versorgung schützt sowohl die Mutter vor Anämie als auch das Kind vor Entwicklungsstörungen. Die gezielte Kombination mit Vitamin C verbessert die Bioverfügbarkeit und unterstützt die optimale Eisenaufnahme.
Empfehlung zur Supplementation
Zur Sicherstellung einer adäquaten Eisenversorgung in der Schwangerschaft gilt:
- Eisenpräparat einnehmen: Besonders empfohlen bei nachgewiesenem Mangel oder unzureichender Ernährung.
- Optimaler Einnahmezeitpunkt: Am späten Abend auf nüchternen Magen, da hier die Eisenaufnahme am effektivsten ist und weniger durch Nahrungsbestandteile gehemmt wird.
- Kombination mit Vitamin C: Eisenpräparate sollten Vitamin C enthalten oder mit Vitamin-C-haltigen Lebensmitteln (z. B. Orangensaft) kombiniert werden, um die Resorption zu verbessern.
- Nach der Geburt: Auch postpartal auf eine ausreichende Eisenzufuhr achten, um die während Schwangerschaft und Geburt aufgebrauchten Speicher wieder aufzufüllen.
Weitere Informationen zu Eisen und dessen Funktionen erhalten Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.
Literatur
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- Souci SW, Fachmann W, Kraut H. Food Compositions and Nutrition Tables. 9th revised and expanded edition. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2024.