Magnesium in der Schwangerschaft: Wie viel brauchen Mutter und Kind?
Magnesium ist ein essenzieller Mineralstoff, der an über 300 enzymatischen Reaktionen beteiligt ist. Während der Schwangerschaft kommt es zu einem erhöhten Bedarf: Das Ungeborene benötigt Magnesium für den Aufbau von Muskeln, Organen und Knochen, gleichzeitig steigt die Stoffwechselrate der Mutter. Ohne eine gezielte Sicherung der Zufuhr kann es daher zu einer Unterversorgung kommen [1, 2].
Zufuhrempfehlung und Versorgungssituation
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Schwangere wie auch für nicht schwangere Frauen ab 19 Jahren eine tägliche Magnesiumzufuhr von 300 mg [2].
Nach den Ergebnissen der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen 24 % der Männer und 27 % der Frauen nicht die empfohlene Tageszufuhr [3]. Besonders kritisch ist die Situation bei jungen Frauen im Alter von 19-24 Jahren: In dieser Altersgruppe fehlt den am schlechtesten Versorgten täglich rund 116 mg Magnesium, was etwa 33 % der empfohlenen Zufuhrmenge entspricht.
Da Schwangere und Stillende von der DGE keinen höheren Referenzwert als nicht schwangere Frauen erhalten, unterliegen sie derselben Versorgungssituation und damit den gleichen Versorgungslücken wie ihre Altersgenossinnen [2, 3].
Faktoren wie koffeinhaltige Getränke (z. B. Kaffee, schwarzer Tee, Cola) erhöhen zusätzlich die renale Ausscheidung von Magnesium [4]. Auch eine eiweiß- und fettreiche Ernährung kann die Aufnahme im Darm erschweren [5]. Daneben wird diskutiert, dass moderne landwirtschaftliche Praktiken zu tendenziell niedrigeren Magnesiumgehalten in pflanzlichen Lebensmitteln führen können.
Versorgungsstatus in Zahlen:
- DGE-Empfehlung: Frauen ab 19 J. 300 mg/Tag, Schwangere 300 mg/Tag
- 27 % der Frauen erreichen die Empfehlung nicht
- Fehlbetrag bei den am schlechtesten versorgten Frauen (19-24 J.): 116 mg/Tag (~33 %)
Die Top 10 Magnesiumquellen für Schwangere
Um den täglichen Bedarf in der Schwangerschaft zu decken, lohnt sich ein Blick auf besonders magnesiumhaltige Lebensmittel. Die folgende Übersicht zeigt die 10 magnesiumreichsten Lebensmittel (pro 100 g, gerundet). Die angegebenen Werte können je nach Sorte, Anbaugebiet und Verarbeitung leicht variieren [12-14]:
- Kürbiskerne (trocken): 530 mg
- Kakaopulver (ungesüßt): 500 mg
- Leinsamen: 390 mg
- Sesamsamen: 350 mg
- Chiasamen: 335 mg
- Sonnenblumenkerne: 325 mg
- Cashewkerne: 290 mg
- Sojabohnen (getrocknet): 280 mg
- Mandeln: 270 mg
- Bitterschokolade (70-85 %): 230 mg
Samen, Nüsse und Vollkornprodukte lassen sich leicht in den Alltag integrieren – etwa als Snack, Frühstücksbestandteil oder Zutat in warmen Mahlzeiten – und können helfen, die in der Schwangerschaft besonders wichtige Magnesiumversorgung sicherzustellen.
Funktionen von Magnesium in der Schwangerschaft
Magnesium erfüllt in der Schwangerschaft mehrere zentrale Aufgaben:
- Muskel- und Nervenfunktion: Magnesium trägt zur normalen Muskelfunktion bei. In der klinischen Praxis wird intravenöses Magnesiumsulfat zur Krampfprophylaxe bei Präeklampsie und Eklampsie eingesetzt [6].
- Fetale Entwicklung: Im letzten Drittel der Schwangerschaft lagert das Ungeborene täglich 5-7,5 mg Magnesium ein – wichtig für Eiweißsynthese und Skelettaufbau [7].
- Schwangerschaftskomplikationen: Ein niedriger Magnesiumstatus wird mit einem erhöhten Risiko für Präeklampsie, Wachstumsverzögerungen und ein reduziertes Geburtsgewicht diskutiert [7, 8].
- Mütterliche Gesundheit: Magnesium kann durch seinen osmotischen Effekt Verstopfung lindern, die in der Schwangerschaft häufig auftritt [9, 10].
Ein Absinken des Serum-Magnesiumspiegels während der Schwangerschaft ist typisch und spiegelt den erhöhten Bedarf wider. Erste klinische Anzeichen eines Mangels sind Wadenkrämpfe, die häufig bei Schwangeren auftreten. Studien belegen zudem den positiven Effekt von Magnesium auf die Anpassung der Organfunktion des Neugeborenen nach der Geburt [6, 8].
Fazit
Magnesium ist für die Gesundheit von Mutter und Kind unverzichtbar. Obwohl der Referenzwert für Schwangere nicht höher liegt als für nicht schwangere Frauen, zeigt sich in der Praxis häufig eine Unterversorgung, besonders bei jungen Frauen. Zur Deckung des Bedarfs sind magnesiumreiche Lebensmittel (z. B. Vollkornprodukte, Nüsse, Hülsenfrüchte, grünes Gemüse) wichtig.
Empfehlung zur Supplementation
- Sinnvoll für Risikogruppen: Ergänzung besonders bei unzureichender Ernährung oder erhöhtem Bedarf
- Dosierung: zusätzliche Zufuhr bis 250 mg/Tag aus Supplementen, orientiert an den Empfehlungen der Fachgesellschaften [10]
- Zeitpunkt: Beginn möglichst schon vor der Schwangerschaft, spätestens aber in der Frühschwangerschaft
Weitere Informationen zu Magnesium und dessen Funktionen erhalten Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.
Literatur
- Gröber U, Schmidt J, Kisters K. Magnesium in Prevention and Therapy. Nutrients. 2015 Sep 23;7(9):8199-226. doi: 10.3390/nu7095388
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn; 2021.
- Max Rubner-Institut. Nationale Verzehrsstudie II. Ergebnisbericht, Teil 2. Karlsruhe; 2008.
- Massey LK, Whiting SJ. Caffeine, urinary calcium, calcium metabolism and bone. J Nutr. 1993 Sep;123(9):1611-4. doi: 10.1093/jn/123.9.1611
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- Crowther CA, Middleton PF, Voysey M, Askie L, Duley L, Pryde PG, Marret S, Doyle LW; AMICABLE Group. Assessing the neuroprotective benefits for babies of antenatal magnesium sulphate: An individual participant data meta-analysis. PLoS Med. 2017 Oct 4;14(10):e1002398. doi: 10.1371/journal.pmed.1002398
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- Souci SW, Fachmann W, Kraut H. Food Compositions and Nutrition Tables. 9th revised and expanded edition. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2024.