Calcium in der Schwangerschaft: Wie viel brauchen Mutter und Kind?
Calcium ist ein essenzieller Mineralstoff, der vor allem für den Aufbau und die Stabilität von Knochen und Zähnen benötigt wird. In der Schwangerschaft steigt der Bedarf des Körpers an Calcium nicht gegenüber nicht-schwangeren Frauen, da der Organismus die Aufnahme aus der Nahrung effizienter gestaltet und die renale Ausscheidung reduziert [1]. Dennoch spielt Calcium in dieser Lebensphase eine zentrale Rolle: Für die Skelettentwicklung des Feten müssen täglich rund 200-300 mg Calcium aus dem mütterlichen Kreislauf zur Verfügung gestellt werden [2]. Eine unzureichende Versorgung kann die mütterlichen Calciumreserven belasten und langfristig das Risiko für Osteopenie (Minderung der Knochendichte) und Osteoporose (Knochenschwund) erhöhen.
Zufuhrempfehlung und Versorgungssituation
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Frauen – unabhängig von Schwangerschaft oder Stillzeit – eine tägliche Calciumzufuhr von 1.000 mg [3].
Laut der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen viele Frauen in Deutschland diesen Wert nicht. Zwischen 49-52 % der Frauen im Alter von 19-50 Jahren unterschreiten die empfohlene Tageszufuhr [3]. Besonders problematisch ist, dass die am schlechtesten versorgten Frauen ab 19 Jahren einen durchschnittlichen Fehlbetrag von 527 mg Calcium aufweisen, was 53 % unterhalb der Empfehlung liegt. Schwangere und Stillende haben zwar keinen erhöhten Mehrbedarf, unterliegen jedoch derselben Fehlbetragssituation und können ebenfalls Defizite von bis zu 527 mg pro Tag aufweisen.
Versorgungsstatus in Zahlen:
- DGE-Empfehlung: Frauen, Schwangere und Stillende 1.000 mg/Tag
- 49-52 % der Frauen (19-50 Jahre) erreichen die Empfehlung nicht.
- Fehlbetrag bei den am schlechtesten versorgten Frauen: 527 mg
Die Top 10 Calciumquellen für Schwangere
Um den täglichen Bedarf in der Schwangerschaft zu decken, lohnt sich ein Blick auf besonders calciumhaltige Lebensmittel. Die folgende Übersicht zeigt die 10 calciumreichsten Lebensmittel (pro 100 g, gerundet). Die angegebenen Werte können je nach Herkunft, Reifung, Verarbeitung und Zubereitung leicht variieren [8-10]:
- Hartkäse (Parmesan): 1.200 mg
- Emmentaler: 1.000 mg
- Schnittkäse (Gouda, mittelalt): 820 mg
- Edamer: 780 mg
- Camembert: 500 mg
- Sesamsamen: 780 mg
- Mandeln: 250 mg
- Haselnüsse: 225 mg
- Grünkohl (Blatt, gegart): 210 mg
- Brokkoli (gegart): 115 mg
Milch- und Milchprodukte stellen die bedeutendsten Calciumlieferanten dar. Wichtig ist in der Schwangerschaft, nur Produkte aus pasteurisierter Milch zu wählen, da Rohmilchprodukte ein Risiko für Listeriose (Infektionskrankheit) darstellen. Daneben können auch Nüsse, Samen und grünes Gemüse wertvolle Beiträge leisten. Durch eine gezielte Kombination dieser Lebensmittel lässt sich die in der Schwangerschaft besonders wichtige Calciumversorgung sicherstellen.
Funktionen von Calcium in der Schwangerschaft
Calcium ist der mengenmäßig wichtigste Mineralstoff des Körpers und übernimmt neben dem Knochenaufbau zahlreiche physiologische Aufgaben:
- Knochengesundheit: Calcium bildet die strukturelle Grundlage des fetalen Skeletts und ist essenziell für die Mineralisierung der Knochen [4].
- Neuromuskuläre Funktionen: Es ist unverzichtbar für die Signalübertragung zwischen Nervenzellen und Muskeln, einschließlich der Herzmuskulatur [5].
- Blutgerinnung: Calcium wirkt als Kofaktor in mehreren Stufen der Hämostase (Blutstillung) [6].
Eine Unterversorgung in der Schwangerschaft kann zu einer gesteigerten Mobilisierung mütterlicher Calciumreserven aus den Knochen führen. Langfristig erhöht dies das Risiko für Knochendichteverluste. Für das Kind sind vor allem ein unzureichendes Wachstum sowie Störungen der Knochenmineralisierung mögliche Folgen [7].
Fazit
Calcium ist für die Schwangerschaft ein unverzichtbarer Mineralstoff, auch wenn kein erhöhter Mehrbedarf gegenüber nicht-schwangeren Frauen besteht. Da jedoch bereits in der Allgemeinbevölkerung ein deutlicher Versorgungsmangel vorliegt, sind Schwangere besonders gefährdet, einen Defizitstatus zu entwickeln. Eine bedarfsdeckende Calciumzufuhr durch milch- und milchfreie calciumreiche Lebensmittel oder ggf. Supplemente ist entscheidend für die Gesundheit von Mutter und Kind.
Weitere Informationen zu Calcium und dessen Funktionen erhalten Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.
Literatur
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- Prentice A. Calcium in pregnancy and lactation. Annu Rev Nutr. 2000;20:249-72. doi: 10.1146/annurev.nutr.20.1.249
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte Calcium. 2021.
- Abrams SA. In utero physiology: role in nutrient delivery and fetal development for calcium, phosphorus, and vitamin D. Am J Clin Nutr. 2007 Feb;85(2):604S-607S. doi: 10.1093/ajcn/85.2.604S
- Clapham DE. Calcium signaling. Cell. 2007 Dec 14;131(6):1047-58. doi: 10.1016/j.cell.2007.11.028
- Furie B, Furie BC. Mechanisms of thrombus formation. N Engl J Med. 2008 Aug 28;359(9):938-49. doi: 10.1056/NEJMra0801082
- Kovacs CS, Kronenberg HM. Maternal-fetal calcium and bone metabolism during pregnancy, puerperium, and lactation. Endocr Rev. 1997 Dec;18(6):832-72. doi: 10.1210/edrv.18.6.0319
- Max Rubner-Institut. Bundeslebensmittelschlüssel (BLS), Version 3.02. Karlsruhe: MRI; 2021.
- U.S. Department of Agriculture, Agricultural Research Service. FoodData Central. Beltsville, MD: USDA; 2019.
- Souci SW, Fachmann W, Kraut H. Food Compositions and Nutrition Tables. 9th revised and expanded edition. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2024.