Riboflavin (Vitamin B2) in der Schwangerschaft: Wie viel brauchen Mutter und Kind?
Riboflavin (Vitamin B2) ist ein wasserlösliches Vitamin aus dem B-Komplex, das als Vorstufe der Coenzyme FMN (Flavinmononukleotid) und FAD (Flavinadenindinukleotid) an zahlreichen oxidativen Stoffwechselreaktionen beteiligt ist. Während der Schwangerschaft steigt der Bedarf, da die Energie- und Proteinverwertung für das mütterliche Gewebe und das wachsende Kind erhöht ist [1].
Zufuhrempfehlung und Versorgungssituation
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Frauen ab 19 Jahren eine tägliche Riboflavinzufuhr von 1,1 mg, für Schwangere ab dem 2. Trimester 1,3 mg und im 3. Trimester 1,4 mg [2].
Laut der Nationalen Verzehrsstudie II wird diese Empfehlung in einem relevanten Anteil der Bevölkerung nicht erreicht: 20 % der Männer und 26 % der Frauen erreichen die empfohlene Zufuhr nicht [3]. Besonders problematisch ist die Situation bei Frauen im gebärfähigen Alter: Den am schlechtesten versorgten Frauen fehlen 0,4 mg Riboflavin täglich, was 33 % unter der empfohlenen Zufuhrmenge liegt. Da Schwangere ab dem 4. Schwangerschaftsmonat einen Mehrbedarf von 0,3 mg pro Tag haben, ergibt sich für die am schlechtesten versorgten Schwangeren ein täglicher Fehlbetrag von 0,7 mg Riboflavin [2,3].
Versorgungsstatus in Zahlen:
- DGE-Empfehlung für Frauen: 1,1 mg/Tag
- DGE-Empfehlung für Schwangere: 1,3-1,4 mg/Tag (2. Trimester: 1,3 mg/Tag; 3. Trimester 1,4 mg/Tag)
- 26 % der Frauen unterschreiten die Empfehlung
- Fehlbetrag der am schlechtesten versorgten Frauen: 0,4 mg/Tag
- Fehlbetrag der am schlechtesten versorgten Schwangeren: 0,6-0,7 mg/Tag
Die Top 10 Riboflavinquellen für Schwangere
Um den täglichen Bedarf zu decken, lohnt sich ein Blick auf besonders riboflavinreiche Lebensmittel. Die folgende Übersicht zeigt die 10 Lebensmittel mit dem höchsten Gehalt (pro 100 g, gerundet). Die angegebenen Werte können je nach Sorte, Herkunft und Verarbeitung leicht variieren [4-6]:
- Rinderleber: 3,0 mg (Schwangere sollten Leber wegen des hohen Vitamin-A-Gehalts meiden)
- Hefeextrakt: 2,5 mg
- Mandeln: 1,1 mg
- Weizenkeime: 0,9 mg
- Käse (z. B. Emmentaler): 0,6 mg
- Lachs: 0,5 mg
- Eier: 0,45 mg
- Milch: 0,18 mg
- Naturjoghurt: 0,15 mg
- Brokkoli (gekocht): 0,12 mg
Milchprodukte, Nüsse und Gemüse lassen sich problemlos in den Alltag integrieren und leisten einen wichtigen Beitrag zur Deckung des erhöhten Bedarfs in der Schwangerschaft. Der Verzehr von Leber sollte hingegen aufgrund des hohen Vitamin-A-Gehalts in der Schwangerschaft vermieden werden.
Funktionen von Riboflavin
Riboflavin ist entscheidend für den Energiestoffwechsel, da es als Bestandteil der Coenzyme FMN und FAD an der Atmungskette beteiligt ist. Zudem spielt es eine zentrale Rolle bei der Verstoffwechselung von Fetten, Aminosäuren und Kohlenhydraten [1,7]. In der Schwangerschaft trägt eine ausreichende Versorgung zur Unterstützung des gesteigerten Energiebedarfs und zur optimalen Entwicklung des Fötus bei. Ein Mangel kann zu unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Entzündungen der Mundschleimhaut und Hautveränderungen führen [7].
Fazit
Riboflavin ist für den Energiestoffwechsel und die Zellfunktionen unentbehrlich. In der Schwangerschaft besteht ein erhöhter Bedarf, der über eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden sollte. Da ein Teil der Frauen in Deutschland die empfohlene Zufuhr nicht erreicht, ist eine bewusste Auswahl riboflavinreicher Lebensmittel besonders wichtig.
Empfehlung zur Supplementation
- Schwangere haben einen Mehrbedarf von 0,2-0,3 mg Riboflavin pro Tag (abhängig vom Trimester).
- Eine gezielte Supplementation kann erwogen werden, wenn die Versorgung über die Ernährung nicht sichergestellt ist.
- Besonders bei Frauen mit einseitiger Ernährung, vegetarischer oder veganer Kost ist eine Supplementation sinnvoll.
- Kombinationen in Form von Vitamin-B-Komplex-Präparaten sind üblich und können den Bedarf zuverlässig decken.
Weitere Informationen zu Riboflavin und dessen Funktionen erhalten Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.
Literatur
- Powers HJ. Riboflavin (vitamin B-2) and health. Am J Clin Nutr. 2003 Jun;77(6):1352-60. doi: 10.1093/ajcn/77.6.1352
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn: DGE; 2021.
- Max Rubner-Institut. Nationale Verzehrsstudie II. Karlsruhe: MRI; 2008.
- Max Rubner-Institut. Bundeslebensmittelschlüssel (BLS), Version 3.02. Karlsruhe: MRI; 2021.
- U.S. Department of Agriculture, Agricultural Research Service. FoodData Central. Beltsville, MD: USDA; 2019.
- Souci SW, Fachmann W, Kraut H. Food Composition and Nutrition Tables. 9th ed. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2024.
- Mousa A, Naqash A, Lim S. Macronutrient and Micronutrient Intake during Pregnancy: An Overview of Recent Evidence. Nutrients. 2019 Feb 20;11(2):443. doi: 10.3390/nu11020443