Kraft- und Ausdauertraining kombinieren: So vermeidet man den Interference-Effekt und erhält maximale Erfolge

Die Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining ist ein zentraler Bestandteil eines ganzheitlichen Fitnessprogramms. Beide Trainingsformen fördern Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Körperkomposition – doch ihre gleichzeitige Anwendung birgt auch Risiken. Ein zu enges Nebeneinander kann dazu führen, dass sich die Trainingsreize gegenseitig hemmen. Dieses Phänomen wird als Interference-Effekt bezeichnet. Wer die Mechanismen versteht und Training, Ernährung und Regeneration gezielt plant, kann jedoch Synergien optimal nutzen und gleichzeitig Muskelkraft, Ausdauer und Stoffwechselgesundheit verbessern.

Was ist der Interference-Effekt?

Der Interference-Effekt beschreibt die physiologischen Wechselwirkungen, die auftreten, wenn Kraft- und Ausdauertraining zeitlich oder strukturell ungünstig kombiniert werden. Während das Krafttraining vorwiegend den mTOR-Signalweg aktiviert, der die Muskelproteinsynthese und damit das Wachstum der Muskulatur fördert, stimuliert das Ausdauertraining primär den AMPK-Signalweg, der auf Energieproduktion und mitochondriale Anpassungen (Mitochondrien = „Kraftwerke“ der Zellen) abzielt [1].

Diese beiden Signalwege wirken teilweise gegensätzlich: Eine starke AMPK-Aktivierung kann die mTOR-Aktivität hemmen – das bedeutet, dass der Körper nach einem intensiven Ausdauertraining weniger effizient Muskelmasse aufbaut [2]. Besonders betroffen sind hochintensive, lang andauernde Ausdauereinheiten, die kurz vor oder nach dem Krafttraining stattfinden.

Wie lässt sich der Interference-Effekt vermeiden?

1. Trainingsreihenfolge und Pausen
Die Reihenfolge der Einheiten spielt eine entscheidende Rolle. Soll Kraft aufgebaut werden, empfiehlt sich die Reihenfolge Kraft vor Ausdauer. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf Ausdauer, sollte das Ausdauertraining zuerst erfolgen. Zwischen den Einheiten sollten mindestens 6-8 Stunden Abstand liegen, um die Signalkaskaden vollständig abklingen zu lassen [3]. Optimal ist die Trennung auf verschiedene Tage.

2. Steuerung der Intensität
Hohe Belastungen beider Systeme an einem Tag überfordern den Körper und verstärken den Interference-Effekt. Moderate Ausdauerbelastungen (z. B. 30 Minuten Radfahren in niedriger Intensität) können hingegen die Regeneration unterstützen, da sie die Durchblutung und den Abtransport von Stoffwechselprodukten fördern [4].

3. Periodisierung des Trainings
Ein gezielter Wechsel von Trainingsschwerpunkten – etwa Kraftphasen und Ausdauerphasen – hilft, beide Systeme optimal anzupassen. Besonders im Leistungssport hat sich die Periodisierung bewährt, um Übertraining und Interferenz zu vermeiden.

4. Ernährung und Regeneration
Eine unzureichende Energiezufuhr kann die Effekte beider Trainingsformen abschwächen. Wichtig ist eine ausgewogene Ernährung mit ausreichender Kohlenhydrat- und Proteinzufuhr. Für den Muskelaufbau sind 1,6-2,2 g Proteine (Eiweiß) pro kg Körpergewicht pro Tag empfehlenswert [5]. Zudem spielt die Regeneration eine Schlüsselrolle – Schlaf, Ruhephasen und eine adäquate Flüssigkeitszufuhr sind für die Anpassung essentiell.

5. Kombination nach Trainingsziel anpassen

  • Muskelaufbau im Vordergrund: Krafttraining an getrennten Tagen oder mit ausreichendem Abstand vor dem Ausdauertraining durchführen.
  • Fettstoffwechsel verbessern: Moderate Ausdauereinheiten mit geringer Intensität nach dem Krafttraining können die Fettverbrennung fördern, ohne den Muskelaufbau zu beeinträchtigen.
  • Allgemeine Fitness: Wechselnde Kombinationen (z. B. Zirkeltraining oder funktionelles Training) eignen sich, solange Volumen und Intensität kontrolliert werden.

Praktische Tipps für ein ausgewogenes Training

  • Trainingseinheiten trennen: Wenn möglich, Kraft- und Ausdauertraining auf verschiedene Tage legen.
  • Regeneration einplanen: Mindestens ein Ruhetag pro Woche, bei hoher Belastung auch mehr.
  • Nicht alles gleichzeitig trainieren: Kraftphasen und Ausdauerphasen periodisieren.
  • Auf Ernährung achten: Besonders Proteine und Kohlenhydrate rund um das Training gezielt einsetzen.
  • Trainer oder Physiotherapeut einbeziehen: Gerade Einsteiger profitieren von einer professionellen Trainingsplanung, um Fehlbelastungen und ineffiziente Kombinationen zu vermeiden.

Fazit

Kraft- und Ausdauertraining ergänzen sich hervorragend, wenn sie intelligent kombiniert werden. Wer den Interference-Effekt versteht und berücksichtigt, kann von den Vorteilen beider Trainingsformen profitieren – mehr Kraft, Ausdauer, Gesundheit und eine bessere Körperzusammensetzung. Entscheidend sind eine durchdachte Trainingsstruktur, ausreichende Erholungszeiten und eine angepasste Ernährung. So lassen sich langfristig maximale Trainingserfolge erzielen.

Literatur

  1. Coffey VG, Hawley JA: The molecular bases of training adaptation. Sports Med. 2007; 37(9): 737-763. doi:10.2165/00007256-200737090-00001.
  2. Fyfe JJ, Bishop DJ, Stepto NK: Interference between concurrent resistance and endurance exercise: molecular bases and the role of individual training variables. Sports Med. 2014; 44(6): 743-762. doi:10.1007/s40279-014-0162-1.
  3. Murach KA, Bagley JR: Skeletal Muscle Hypertrophy with Concurrent Exercise Training: Contrary Evidence for an Interference Effect. Sports Med. 2016; 46(8): 1029-1039. doi:10.1007/s40279-016-0496-y.
  4. Eddens L, van Someren K, Howatson G: The role of intra-session exercise sequence in the interference effect: a systematic review with meta-analysis. Sports Med. 2018; 48(1): 177-188. doi:10.1007/s40279-017-0784-1.
  5. Morton RW et al.: A systematic review, meta-analysis and meta-regression of the effect of protein supplementation on resistance training-induced gains in muscle mass and strength in healthy adults. Br J Sports Med. 2018; 52(6): 376-384. doi:10.1136/bjsports-2017-097608.