Schnellkrafttraining verbessert Muskelaktivierung, Koordination und schützt vor Stürzen
Schnellkrafttraining ist eine Trainingsmethode, bei der die Muskulatur darauf trainiert wird, in kürzester Zeit einen möglichst hohen Kraftimpuls zu erzeugen. Diese Fähigkeit spielt nicht nur im Leistungssport eine entscheidende Rolle, sondern ist auch für den Alltag, die Sturzprävention und die Erhaltung der Mobilität im Alter von großer Bedeutung.
Mit zunehmendem Alter verliert der Körper an Muskelmasse, insbesondere an Typ-2-Muskelfasern – den „schnellzuckenden“ Fasern, die für explosive Bewegungen wie Aufstehen, Treppensteigen oder Abfangen eines Stolperns verantwortlich sind. Der Verlust dieser Muskelfasern kann zu eingeschränkter Beweglichkeit, verlangsamten Reaktionen und erhöhter Sturzgefahr führen. Ein gezieltes Schnellkrafttraining hilft, diesen Prozessen entgegenzuwirken, und trägt wesentlich zur Erhaltung von Kraft, Stabilität und Selbstständigkeit bei [1].
Wirkung von Schnellkrafttraining
Schnellkrafttraining verbessert die inter- und intramuskuläre Koordination, also das Zusammenspiel mehrerer Muskelgruppen sowie die Ansteuerung einzelner Muskelfasern durch das zentrale Nervensystem. Durch wiederholtes Training lernt der Körper, mehr Muskelfasern gleichzeitig zu aktivieren – die Bewegung wird dadurch schneller und präziser.
Neben der Muskelkoordination profitiert auch das Gleichgewichtssystem, was das Risiko von Stürzen, insbesondere im Alter, deutlich verringern kann. Studien zeigen, dass ältere Erwachsene durch gezieltes Schnellkraft- und Widerstandstraining sowohl ihre Muskelkraft als auch ihre Reaktionsfähigkeit signifikant verbessern können [2, 3].
Aufbau eines effektiven Schnellkrafttrainings
Ein gutes Schnellkrafttraining folgt einer klaren Struktur und sollte mehrere Phasen umfassen:
- Aufwärmen: Ein dynamisches Warm-up aktiviert Muskulatur, Sehnen und Gelenke und bereitet das Herz-Kreislauf-System auf die Belastung vor. Ideal sind fünf bis zehn Minuten leichtes Joggen, Radfahren oder dynamische Dehnübungen.
- Übungen: Besonders geeignet sind explosive Ganzkörperübungen wie Bankdrücken, Schulterdrücken, Kniebeugen, Rudern oder Latziehen (die Bewegung imitiert das Heranziehen eines Gewichts von oben nach unten, ähnlich wie beim Klimmzug). Ergänzend wirken plyometrische Übungen wie Kastensprünge, Hock-/Strecksprünge und kurze Sprints. Auch funktionelle Bewegungen – etwa das schnelle Aufstehen aus dem Sitz oder Step-Ups – fördern die alltagsrelevante Schnellkraft.
- Wiederholungen und Intensität: Schnellkrafttraining arbeitet mit hoher Intensität bei geringer Wiederholungszahl. Empfehlenswert sind etwa 3-5 Sätze mit 5-8 Wiederholungen pro Übung. Das Gewicht liegt anfangs bei etwa 30 % des 1RM (One Repetition Maximum)* und kann bis auf 50 % gesteigert werden. Die Bewegung sollte explosiv nach außen und kontrolliert in die Ausgangsposition ausgeführt werden.
- Pausen: Zwischen den Sätzen sind etwa drei Minuten Pause ideal, um eine vollständige Erholung zu ermöglichen. So kann jede Wiederholung mit maximaler Geschwindigkeit und Präzision erfolgen.
*1RM (One Repetition Maximum) bezeichnet das maximale Gewicht, das eine Person genau einmal bei einer Übung korrekt und ohne Hilfestellung bewältigen kann. Es dient als Referenzwert für die Trainingsintensität.
Integration in den Trainingsplan
Schnellkrafttraining lässt sich hervorragend in bestehende Trainingsprogramme integrieren. Eine periodisierte Trainingsplanung hat sich bewährt: Nach einem 4- bis 6-wöchigen Hypertrophietraining (Muskelaufbauphase) kann ein 2- bis 4-wöchiger Schnellkraftzyklus folgen. Auf diese Weise werden Kraft und Muskelmasse aufgebaut und anschließend die Explosivität gezielt gesteigert.
Auch innerhalb eines Ganzkörpertrainings kann Schnellkraft gezielt eingebaut werden – beispielsweise durch eine explosive Bewegungsausführung am Ende der Trainingsserie oder durch zusätzliche plyometrische Elemente. Wichtig ist in jedem Fall die korrekte Technik. Wer neu einsteigt, sollte das Training zunächst unter professioneller Anleitung durchführen, um Fehlbelastungen und Verletzungen zu vermeiden.
Fazit
Schnellkrafttraining ist eine wertvolle Ergänzung zum klassischen Krafttraining. Es stärkt Muskulatur, Nervensystem und Bewegungssteuerung gleichermaßen – und das in jedem Lebensalter. Für ältere Menschen bedeutet es mehr Sicherheit im Alltag, für Sportler eine gesteigerte Leistungsfähigkeit. Durch regelmäßiges Training lassen sich Reaktionsvermögen, Gleichgewicht und Kraftentwicklung gezielt verbessern – ein entscheidender Beitrag für Gesundheit, Vitalität und Lebensqualität.
Literatur
- Cruz-Jentoft AJ et al.: Sarcopenia: revised European consensus on definition and diagnosis. Age and Ageing. 2019; 48(1): 16-31. doi: 10.1093/ageing/afy169.
- Martins-Costa HC et al.: Equalization of Training Protocols by Time Under Tension Determines the Magnitude of Changes in Strength and Muscular Hypertrophy. Journal of Strength and Conditioning Research. 2022; 36(7): 1770-1780. doi: 10.1519/JSC.0000000000004004.
- Papa EV, Dong X, Hassan M: Skeletal Muscle Function Deficits in the Elderly: Current Perspectives on Resistance Training. Journal of Nature and Science. 2017; 3(1): e272. https://.pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28191501.