Muskelaufbau im Alter: So beugt gezieltes Training dem Muskelabbau (Sarkopenie) vor
Mit zunehmendem Alter verändert sich der Körper: Die Muskelmasse nimmt ab, die Kraft lässt nach, und viele Menschen werden weniger beweglich. Sarkopenie beschreibt den altersbedingten Verlust an Muskeln und Muskelkraft. Ab etwa dem 30. Lebensjahr baut der Körper jedes Jahr rund 3-5 % der Muskelmasse ab, wenn nichts dagegen unternommen wird [1].
Die Folgen sind deutlich spürbar: nachlassende Kraft beim Aufstehen oder Treppensteigen, häufigere Stürze und geringere Lebensqualität. Doch das Gute ist: Muskelabbau ist kein Schicksal – mit gezieltem Training und der richtigen Ernährung lässt sich der Prozess aufhalten oder sogar umkehren.
Warum Muskeln schwächer werden
Mit den Jahren verändern sich viele Prozesse im Körper:
- Weniger Bewegung: Der Alltag wird oft ruhiger – Muskeln werden seltener gefordert.
- Verlangsamter Stoffwechsel: Der Körper baut Proteine langsamer auf und verliert dadurch Muskulatur.
- Hormonveränderungen: Sinkende Spiegel von Testosteron oder Wachstumshormonen bremsen den Muskelaufbau.
- Chronische Entzündungen: Dauerhafte Entzündungsprozesse ("Inflammaging“) fördern den Muskelabbau [2].
- Ungünstige Ernährung: Zu wenig Proteine (Eiweiß) oder Vitamine schwächen den Muskelstoffwechsel.
Diese Veränderungen führen dazu, dass Muskeln an Volumen, Kraft und Qualität verlieren.
Wie gezieltes Training den Muskelabbau stoppt
Der wichtigste Schutz vor Sarkopenie ist regelmäßiges Krafttraining. Es sorgt dafür, dass Muskelfasern wachsen, die Kraft zunimmt und Bewegungen leichter fallen. Bereits zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche zeigen spürbare Effekte – unabhängig vom Alter [3].
Das passiert beim Training:
- Muskelaufbau: Jede Belastung aktiviert die Muskelzellen und regt sie an, neue Proteine zu bilden.
- Bessere Koordination: Nerven und Muskeln arbeiten wieder effizienter zusammen.
- Mehr Stabilität: Kräftige Muskeln stützen Gelenke, fördern eine aufrechte Haltung und beugen Stürzen vor.
- Gesunder Stoffwechsel: Muskeln verbessern den Zuckerstoffwechsel und unterstützen Herz und Kreislauf [4].
So sieht effektives Training im Alter aus
Wie oft trainieren?
Ideal sind 2-3 Einheiten pro Woche mit jeweils 30-45 Minuten. Zwischen den Trainingstagen sollte der Körper einen Tag zur Erholung haben.
Welche Übungen eignen sich?
Am besten werden große Muskelgruppen trainiert – also Beine, Rücken, Brust und Rumpf. Beispiele:
- Kniebeugen oder Aufstehen vom Stuhl
- Ruderbewegungen mit Fitnessband
- Liegestütze an der Wand oder auf den Knien
- Aufrecht stehen und anspannen (Rumpf-Training)
Auch Gleichgewichts- und Koordinationstraining ist wichtig, um Stürzen vorzubeugen – etwa auf einem Bein stehen oder auf einer Linie balancieren.
Wie stark sollte trainiert werden?
Ein Gewicht oder Widerstand ist ideal, wenn 8-12 Wiederholungen pro Übung möglich sind und die letzten Wiederholungen spürbar anstrengend werden. Zu Beginn lieber mit geringem Gewicht starten – entscheidend ist die richtige Technik.
Weitere Tipps
- Abwechslung: Übungen regelmäßig variieren, um den Körper neu zu fordern.
- Regelmäßigkeit: Lieber regelmäßig kurz trainieren als selten und zu intensiv.
- Alltag nutzen: Treppen statt Aufzug, kurze Wege zu Fuß – jede Bewegung zählt.
Ernährung – die zweite Säule gegen Muskelabbau
Damit Training wirkt, benötigt der Körper ausreichend Protein. Im Alter reagiert die Muskulatur weniger empfindlich auf kleine Eiweißmengen – daher ist eine bewusste Zufuhr entscheidend [5].
Empfehlungen:
- 1,0-1,2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag (z. B. 70-85 g bei 70 kg Körpergewicht)
- Eiweißzufuhr über den Tag verteilt – am besten bei jeder Mahlzeit
- Gute Eiweißquellen: Milchprodukte, Eier, Fisch, Hülsenfrüchte, Nüsse, Tofu
- Leucinreiche Lebensmittel (z. B. Quark, Lachs, Soja) fördern den Muskelaufbau besonders stark.
- Vitamin D unterstützt Muskelkraft und Knochen – Sonnenlicht oder ein gezieltes Präparat helfen, Mangel vorzubeugen [6].
Auch ausreichend Schlaf und Flüssigkeit sind wichtig, damit der Körper regenerieren kann.
So bleibt Muskulatur bis ins hohe Alter erhalten
Regelmäßiges Training und eine eiweißreiche Ernährung sind die einfachsten und wirkungsvollsten Maßnahmen, um den natürlichen Muskelabbau zu stoppen. Schon wenige Wochen genügen, um mehr Kraft, Energie und Lebensfreude zu spüren.
Muskelaufbau ist in jedem Lebensalter möglich – auch mit 70 oder 80 Jahren lässt sich Muskulatur neu aufbauen. Entscheidend sind Bewegung, Kontinuität und eine ausgewogene Ernährung.
Literatur
- Cruz-Jentoft AJ, Bahat G, Bauer J et al.: Sarcopenia: revised European consensus on definition and diagnosis. Age Ageing. 2019; 48(1): 16-31. doi: 10.1093/ageing/afy169.
- Peterson MD, Rhea MR, Sen A et al.: Sarcopenia and muscle aging: A brief overview. Endocrinol Metab (Seoul). 2020; 35(4): 716-732. doi: 10.3803/EnM.2020.405.
- Landi F, Cruz-Jentoft AJ et al.: Sarcopenia definition, diagnosis and treatment: consensus is growing. Age Ageing. 2022; 51(10): afac220. doi: 10.1093/ageing/afac220.
- Trombetti A, Reid KF, Hars M et al.: Age-associated declines in muscle mass, strength, power, and physical performance: impact on fear of falling and quality of life. Osteoporos Int. 2016; 27(2): 463-471. doi: 10.1007/s00198-015-3236-5.
- Vlietstra L et al.: A review of sarcopenia pathophysiology and treatment. J Korean Med Sci. 2022; 37(28): e146. doi: 10.3346/jkms.2022.e146.
- Deer R et al.: Sarcopenia: how to determine and manage. Knee Surg Relat Res. 2025; 37(1): 17. doi: 10.1186/s43019-025-00265-6.