Krafttraining morgens ohne Frühstück – sinnvoll oder schädlich?
Viele Menschen trainieren morgens direkt nach dem Aufstehen – oft ohne vorher zu frühstücken. Doch ist das wirklich sinnvoll? Grundsätzlich kann ein Krafttraining auch nüchtern durchgeführt werden, sofern es nicht länger als 30-60 Minuten dauert. Entscheidend sind dabei Trainingszustand, Intensität und individuelle Verträglichkeit.
Energiequellen beim Krafttraining
Beim Krafttraining nutzt der Körper vorwiegend Kohlenhydrate (Glucose; Monosaccharid/Einfachzucker) als Energiequelle. Diese werden als Glykogen in Muskeln und Leber gespeichert. Wer am Abend zuvor kohlenhydratreich gegessen hat, verfügt meist über ausreichend gefüllte Muskelspeicher.
Über Nacht entleert sich jedoch der Leberglykogenspeicher, weil die Leber den Blutglucosespiegel (Blutzuckerspiegel) konstant hält. Der Körper greift dann auf die sogenannte Gluconeogenese zurück – also die Neubildung von Glucose aus Aminosäuren und Fettbestandteilen. Dieser Prozess liefert Energie, reicht aber bei hoher Trainingsintensität oft nicht aus.
Das bedeutet: Der Körper muss sich mehr anstrengen, um Energie bereitzustellen – was bei empfindlichen Personen zu Kreislaufproblemen führen kann.
Risiken bei Einsteigern und Untrainierten
Bei Trainingsanfängern oder Personen mit niedrigem Fitnesslevel kann ein nüchternes Training zu Schwindel, Übelkeit, Schwächegefühl oder Koordinationsstörungen führen. Das erhöht das Risiko, Übungen falsch auszuführen – und damit auch die Verletzungsgefahr, insbesondere bei freien Hantelübungen.
Wer das Nüchterntraining ausprobieren möchte, sollte daher vorsichtig beginnen und immer eine schnell verfügbare Kohlenhydratquelle bereithalten – z. B. eine Banane, ein Fruchtmus oder eine kleine Menge Traubenzucker. So lässt sich ein Abfall des Blutglucosespiegels rasch ausgleichen.
Vorteile und mögliche Effekte
Bei geübten Sportlern mit stabilem Blutzucker und guter Trainingsroutine ist ein Nüchterntraining in der Regel unproblematisch. Manche Studien zeigen sogar, dass der Körper dabei etwas stärker auf Fettverbrennung umschaltet, da weniger Insulin im Blut zirkuliert [1, 2].
Allerdings gilt: Diese Effekte sind meist gering und spielen vor allem bei Ausdauertraining eine Rolle. Beim Krafttraining steht weiterhin der Muskelaufbau im Vordergrund – und dafür ist eine gute Energieversorgung durch Kohlenhydrate und Proteine von Vorteil.
Ein leerer Magen kann also zwar das Training überstehen lassen, aber nicht zwingend zu mehr Fettabbau oder besserem Muskelaufbau führen.
Hormonelle Reaktionen im Nüchterntraining
Beim Training auf nüchternen Magen steigt kurzfristig der Cortisolspiegel (Stresshormon) an. Cortisol fördert zwar die Energiebereitstellung, kann aber bei zu häufiger Belastung oder unzureichender Ernährung den Muskelabbau begünstigen.
Daher sollten intensive Nüchterntrainings nicht täglich erfolgen – besonders nicht in Kombination mit Schlafmangel oder Kaloriendefizit.
Leichte Frühstücksoptionen für das morgendliche Training
Wer morgens nicht ganz nüchtern, aber auch nicht „voll“ trainieren möchte, kann auf kleine, leicht verdauliche Snacks setzen. Diese liefern schnell Energie, ohne den Magen zu belasten:
- Banane + Espresso – schnelle Kohlenhydrate, etwas Koffein unterstützt die geistige Wachheit
- Kleines Glas Fruchtsaft oder Smoothie (150-200 ml) – leicht verdauliche Energiequelle
- Halbes Toast mit Honig oder Marmelade – ideal für kurze, intensive Einheiten
- Ein kleiner Proteinshake mit Haferdrink oder Wasser – stabilisiert Blutzucker und Muskeln
Diese Snacks enthalten in der Regel 100-200 Kilokalorien, verhindern einen zu starken Blutzuckerabfall und verbessern gleichzeitig Leistung, Konzentration und Trainingsqualität.
Fazit
Ein nüchternes Krafttraining kann – insbesondere bei geübten Personen – durchaus sinnvoll und machbar sein, solange:
- die Trainingsdauer unter 60 Minuten bleibt,
- ausreichend Flüssigkeit aufgenommen wird,
- und bei Bedarf schnell verfügbare Kohlenhydrate bereitstehen.
Ein zusätzlicher Nutzen für Muskelaufbau oder Fettabbau ist wissenschaftlich jedoch nicht eindeutig belegt. Für Einsteiger empfiehlt sich vor dem Training eine kleine, leicht verdauliche Mahlzeit, um Energie und Konzentration zu sichern.
Literatur
- Tinsley GM, Butler NK, Forsse JS, Bane AA, Morgan GB, Hwang PS, Grandjean PW, La Bounty PM: Intermittent fasting combined with resistance training: effects on body composition, muscular performance, and dietary intake. J Int Soc Sports Nutr. 2015;12(Suppl 1):P38. doi: 10.1186/1550-2783-12-S1-P38.
- Zouhal H, Saeidi A, Salhi A, Li H, Essop MF, Laher I, Rhibi F, Amani-Shalamzari S, Abderrahman AB: Exercise Training and Fasting: Current Insights. Open Access J Sports Med. 2020;11:1-28. doi: 10.2147/OAJSM.S224919.
- Garthe I, Raastad T, Refsnes PE, Sundgot-Borgen J: Effect of two different weight-loss rates on body composition and strength and power-related performance in elite athletes. Int J Sport Nutr Exerc Metab. 2011;21(2):97-104. doi: 10.1123/ijsnem.21.2.97.
- Moro T, Tinsley GM, Bianco A, Marcolin G, Pacelli QF, Battaglia G, Palma A, Gentil P, Neri M, Paoli A: Effects of eight weeks of time-restricted feeding (16/8) on basal metabolism, maximal strength, body composition, inflammation, and cardiovascular risk factors in resistance-trained males. J Transl Med. 2016;14:290. doi: 10.1186/s12967-016-1044-0.