Ultraschalluntersuchung der venösen Gefäße

Die Venendiagnostik und insbesondere die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) der venösen Gefäße spielt eine große Rolle in der Diagnose und Therapie von Erkrankungen des venösen Gefäßsystems. Zum Einsatzgebiet gehören vor allem der Ausschluss einer Venenthrombose (Verschluss der Vene durch ein Blutgerinnsel) und die Erfassung insuffizienter Venenklappen (Venenklappen ermöglichen den Blutfluss durch die Venen zurück zum Herzen, indem sie einen Rückfluss z. B. in die Beine verhindern, wenn die Klappen zerstört sind, führt dies zu einer Blutstauung), die bei unterlassener Behandlung zu gefährlichen Komplikationen führen kann. Im Folgenden werden sowohl der Untersuchungsablauf als auch die technischen Möglichkeiten erläutert.

Beurteilbare Strukturen

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Darstellung venöser Angiome (Gefäßmissbildung)
  • Nachweis einer Venenthrombose sowohl in Arm- als auch in Beinvenen
  • Nachweis einer V. saphena-Crosseninsuffizienz (Stauung im Bereich der Einmündung der Vv. saphenae in das tiefe Venensystem)
  • Nachweis einer Perforansveneninsuffizienz
  • Nachweis einer tiefen venösen Insuffizienz bzw. Venenklappeninsuffizienz
  • Klassifizierung einer Venenklappeninsuffizienz (primär bzw. sekundär)
  • Voruntersuchung bei Varizenverödung (Verödung von Krampfadern)
  • Voruntersuchung bei einer Kompressionstherapie
  • Voruntersuchung bei venenchirurgischen Eingriffen

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Akute Hautinfektionen im Untersuchungsbereich: Hautinfektionen wie Zellulitis können die Durchführung der Untersuchung schmerzhaft machen und das Risiko einer weiteren Ausbreitung der Infektion erhöhen.
  • Offene Wunden oder Ulzera (Geschwüre) im Untersuchungsbereich: Das Durchführen einer Ultraschalluntersuchung in Bereichen mit offenen Wunden oder Geschwüren könnte die Heilung verzögern oder zu einer Infektion des Ulkus führen.
  • Schwere Schmerzzustände: Bei Patienten, die unter schweren Schmerzen leiden, könnte die notwendige Positionierung und Manipulation während der Ultraschalluntersuchung unerträglich sein.
  • Frisch operierte Bereiche: Direkt nach einer Operation könnte der Bereich zu sensibel oder durch Verbände und chirurgische Einschränkungen nicht zugänglich sein.

Vor der Untersuchung

  • Detaillierte Anamnese mit Fokus auf Symptomatik und Vorgeschichte venöser Ereignisse
  • Klärung spezifischer Indikationen für die sonographische Evaluation
  • Patientenaufklärung über den Untersuchungsablauf, insbesondere bei invasiven Prozeduren wie einer venösen Duplexsonographie
  • Optimale Lagerung des Patienten zur Gewährleistung einer umfassenden Beurteilung des venösen Systems

Das Verfahren

Die Durchführung der Ultraschalldiagnostik am venösen System richtet sich in erster Linie nach der Indikation. Für die Diagnose einer Thrombose oder einer venösen Insuffizienz werden unterschiedliche Ultraschallgeräte verwendet. Der Venendiagnostik stehen die folgenden technischen Verfahren zur Verfügung:

  • CW-Dopplersonographie – Die Continuous-Wave (CW-) Dopplersonographie stellt eine Untergruppe der einkanaligen Dopplerverfahren dar. Das Gerät dient der Bestimmung bzw. der dynamischen Darstellung hoher Strömungsgeschwindigkeiten. Dieses Verfahren eignet sich besonders zur Diagnostik von Venenklappeninsuffizienzen, indem es Refluxströmungen (ungewollter Blutstrom vom Herzen weg) erfasst.
  • Zweidimensionale Ultraschallverfahren – Bei diesem Ultraschallverfahren handelt es sich um eine herkömmliche Sonographie, die der Anfertigung von zweidimensionalen Schnittbildern der Venen dient. Im Rahmen der sogenannten Kompressionssonographie wird das venöse Gefäß bzw. sein Lumen auf die Komprimierbarkeit hin untersucht. Das Verfahren wird zur Diagnose von Venenthrombosen eingesetzt und hat eine hohe Treffsicherheit. Ein thrombosierter Venenabschnitt ist kaum oder auch gar nicht komprimierbar.
  • Duplexsonographie (= Kombination aus B-Bild mit PW-Doppler/Pulse Wave Doppler) – Diese Ultraschalluntersuchung ist eine Kombination aus einem zweidimensionalen Ultraschallverfahren und einer Dopplersonographie (bei der Dopplersonographie handelt es sich um ein sonographisches Verfahren, das Flüssigkeitsströme (vor allem den Blutfluss) dynamisch darstellen kann). Die Duplexsonographie ermöglicht die Diagnose von Venenklappeninsuffizienzen und die Erfassung von Thromben und deren räumliche Lokalisation.
  • Farbduplexsonographie – Dieses Verfahren ähnelt funktionell der bereits beschriebenen Duplexsonographie, allerdings ermöglicht eine technische Veränderung die farbliche Darstellung von Strömungen, sodass Turbulenzen oder Refluxströmungen eindeutiger darzustellen sind. Die Farbduplexsonographie wird vor allem bei venösen Gefäßen im Bereich des Unterschenkels eingesetzt.

Erkrankungen des venösen Gefäßsystems spielen sich vor allem in den unteren Extremitäten (z. B. Unterschenkeln) ab. Seltener lassen sich krankhafte Prozesse in den Armvenen oder den Abdominalvenen (Venen im Bauchraum) nachweisen. Folgende Befunde können durch eine Sonographie der Venen erfasst werden:

  • Venenerweiterungen – z. B. aufgrund einer Stauung bedingt durch einen venösen Rückstrom
  • Venenthrombosen
  • Refluxströmungen aufgrund von insuffizienten Venenklappen

Der Ablauf der Untersuchung wird nun am venösen System des Beines dargestellt: Die Kenntnis der genauen Anatomie der Venen am Bein ist Voraussetzung für die Untersuchung. Sowohl das tiefe (nicht sichtbare) als auch das oberflächliche Venensystem werden getrennt und systematisch von proximal (rumpfnah) nach distal (rumpffern) gründlich untersucht. Anschließend werden die Perforansvenen, die beide Systeme miteinander verbinden, ebenfalls dargestellt. Der Venenverlauf bestimmt die Patientenlagerung, die eine optimale Erreichbarkeit und Darstellung der Venen ermöglicht. So wird das tiefe Venensystem am liegenden Patienten untersucht und das oberflächliche Venensystem am stehenden Patienten. Jeder venöse Abschnitt für sich erfordert besondere Techniken und ein fundiertes Wissen:

  • Vena femoralis (Oberschenkelvene) – Um einen venösen Reflux auszuschließen, kann der sogenannte Valsalva-Test angewendet werden: Der Patient wird angewiesen, den abdominalen Druck durch Pressen zu erhöhen, ohne dass Luft aus Mund und Nase entweicht. Gesunde Venenklappen halten dem Druck stand und es fließt kein Blut zurück in die Beine. Falls insuffiziente Venenklappen vorliegen, kann der pathologische Blutrückfluss durch eine Dopplersonographie erfasst werden.
  • Vena poplitea (Kniekehlvene) – Um die fortsetzende Vene der V. femoralis aufsuchen zu können, muss sich der Patient in Bauchlage begeben und seine Sprunggelenke erhöht gelagert werden. Um ein Strömungsgeräusch zu provozieren, kann der Arzt ober- oder unterhalb einer manuellen Kompression durchführen. Dabei wird die Beinmuskulatur unter großer Krafteinwirkung komprimiert und das venöse Blut gestoppt (proximale Kompression) oder beschleunigt (distale Kompression).
  • Unterschenkelvenen – Auch hier lassen sich Kompressionsmanöver durchführen.
  • V. saphena magna – Zur Darstellung dieser Vene des oberflächlichen Systems wird der Patient aufgefordert sich hinzustellen und das Gefäß wird an der Oberschenkelinnenseite aufgesucht und im gesamten Verlauf untersucht. Hier dient ebenfalls der Valsalva-Test dem Nachweis von venösem Reflux.
  • V. saphena parva – Diese Vene wird auch am stehenden Patient untersucht.
  • Vv. perforantes – Diese Venen werden eingeteilt in Cockett-, Boyd- und Dodd-Venen, durch Palpation (Betasten) aufgesucht und mit dem Ultraschallgerät untersucht.

Für die Ultraschalluntersuchung der Arm- und Abdominalvenen stehen ebenfalls verschiedenen Untersuchungsmethoden zur Verfügung, die hier nicht näher erläutert werden.

 

Mögliche Befunde

  • Normbefund: Homogene Venenwandstruktur, adäquate Lumendimension, kompetente Venenklappen
  • Tiefe Venenthrombose (TVT; Venenverschluss durch ein Blutgerinnsel (Thrombus)): Direkte Visualisierung von Thromben, Venenwandverdickung, fehlende Komprimierbarkeit
  • Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI; langfristige Venenschwäche): Zeichen der Klappeninkompetenz, Venendilatation (Venenerweiterung), Reflux bei Valsalva-Manöver oder Provokationstests
  • Postthrombotisches Syndrom (PTS; Z. n. einer tiefen Venenthrombose): Unregelmäßigkeiten der Venenwand, inhomogenes Lumen, Rekanalisationsthromben
  • Varikose (Krampfadern): Erweiterung oberflächlicher Venen, Klappeninsuffizienz, atypische Flussmuster
  • Venöse Malformationen (venöse Gefäßmissbildungen): Atypische venöse Strukturen, Varianz im Blutfluss, Phlebolithen
  • Perforansvenen-Insuffizienz: Fehlender Rückfluss durch die Verbindungsvenen (Perforansvenen) zwischen dem tiefen und oberflächlichen Venensystem

Nach der Untersuchung

  • Sofortige kritische Bewertung der Ultraschallbefunde im Kontext der klinischen Präsentation
  • Einleitung adäquater therapeutischer Maßnahmen basierend auf den sonographischen Erkenntnissen
  • Planung von Follow-up-Untersuchungen zur Überwachung der Therapieresponse oder Progression der Pathologie
  • Ausführliche Dokumentation der Befunde und der empfohlenen klinischen Handlungsstrategie

Ihr Nutzen

Die Ultraschalluntersuchung der Venen ist für die Diagnostik der venösen Insuffizienz und der Venenthrombose unentbehrlich. Als nicht-invasives Verfahren ist die Venendiagnostik ein schonendes Verfahren für den Patienten und liefert dem untersuchenden Arzt wertvolle Informationen über den Zustand der venösen Gefäße.

Literatur

  1. Braun J: Klinikleitfaden Innere Medizin. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006
  2. Gerlach HE: Praktische Phlebologie. Georg Thieme Verlag 2006
  3. Schmidt G, Görg C: Kursbuch Ultraschall: Nach den Richtlinien der DEGUM und der KBV. Georg Thieme Verlag 2015