Ultraschall der paravertebralen Muskulatur (tiefliegende Rückenmuskulatur)
Die Ultraschalluntersuchung der paravertebralen Muskulatur (tiefliegende Rückenmuskulatur) ist ein bildgebendes, nicht-invasives (nicht eingreifendes) Verfahren zur strukturellen und funktionellen Beurteilung der tiefen Rückenmuskulatur. Sie findet Anwendung in der orthopädischen Diagnostik (Untersuchung des Bewegungsapparats), in der neurologischen Verlaufsbeobachtung (Beurteilung von Nervenveränderungen über die Zeit) sowie in der sportmedizinischen Leistungsanalyse (Analyse der körperlichen Leistungsfähigkeit im Sport). Durch hochfrequente Schallköpfe lassen sich Muskelstruktur, Muskelvolumen und Atrophiezeichen (Rückbildung) der autochthonen Rückenmuskulatur (tief liegende, wirbelsäulennahe Rückenmuskeln) darstellen, insbesondere des Musculus multifidus (tiefer Rückenstrecker) und erector spinae (langer Rückenstrecker).
Beurteilbare Strukturen
- Musculus multifidus (tiefer Rückenstrecker)
- Musculus erector spinae (langer Rückenstrecker)
- Fascia thoracolumbalis (Rückenfaszie im unteren Brust- und Lendenbereich)
- Interspinalräume und Dornfortsätze (Zwischenräume und hintere Wirbelvorsätze)
- Paraspinale Fett- und Bindegewebsstrukturen (Gewebe neben der Wirbelsäule)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Objektivierung einer paraspinalen Muskelatrophie (Nachweis von Muskelabbau neben der Wirbelsäule), z. B. bei chronischem Rückenschmerz
- Verlaufsbeurteilung nach Bandscheibenoperationen oder Nervenwurzelreizsyndromen (z. B. Ischias)
- Diagnostik bei muskuloskelettalen Dysbalancen (Ungleichgewichten im Muskel- und Skelettsystem) oder Fehlhaltungen
- Evaluation bei neuromuskulären Erkrankungen (Nerven-Muskelerkrankungen), z. B. spinaler Muskelatrophie (Rückbildung der Muskeln durch Nervenschäden im Rückenmark)
- Sportmedizinische Leistungsdiagnostik und funktionelle Kraftanalyse
- Kontrolle bei gezieltem Training der Rumpfstabilität
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Keine absoluten Kontraindikationen
- Relative Einschränkungen bei ausgeprägtem subkutanem Fettgewebe (viel Fettgewebe unter der Haut – eingeschränkte Bildqualität)
Das Verfahren
Die Untersuchung erfolgt in Bauch- oder Seitenlage. Zur Identifikation der paravertebralen Muskulatur (tief liegende Rückenmuskulatur) wird ein hochfrequenter Linear- oder Curved-Array-Schallkopf (Ultraschallgerät mit hoher Auflösung) verwendet. Der Schallkopf wird transvers oder longitudinal (quer oder längs) entlang der Lenden- oder Brustwirbelsäule positioniert. Standardisierte Messpunkte liegen meist auf Höhe L4–L5 oder L5–S1 (unterer Lendenwirbelbereich).
Quantitative Parameter:
- Muskelquerschnittsfläche (Fläche des Muskels im Querschnitt)
- Muskel-zu-Fett-Verhältnis (Anteil von Muskelmasse im Vergleich zum Fettanteil)
- Echogenität (Helligkeit des Gewebes im Ultraschallbild – Hinweis auf Gewebeveränderungen)
- Faszien- und Muskelstruktur (intakt, aufgelockert, rupturiert – also unverändert, verändert oder gerissen)
Mögliche Befunde
- Atrophie der autochthonen Rückenmuskulatur (Muskelabbau in der tiefen Rückenmuskulatur) mit echoreicher Umwandlung (vermehrt sichtbare Struktur im Ultraschall)
- Asymmetrie der Muskelvolumina (ungleiches Muskelvolumen), z. B. nach Bandscheibenvorfall
- Faszienhypertrophie oder Narbenzüge nach Operation (Verdickung oder Narbenbildung im Bindegewebe)
- Muskelrupturen oder myofasziale Triggerpunkte (Muskelfaserrisse oder schmerzhafte Muskelknoten)
- Degenerative Veränderungen der paraspinalen Faszien (verschleißbedingte Veränderungen des Bindegewebes neben der Wirbelsäule)
Postuntersuchung und Dokumentation
Die Ergebnisse sollten in standardisierten Protokollen dokumentiert werden, einschließlich:
- Seitenvergleich der Muskelquerschnittsfläche
- Beurteilung der Echogenität (z. B. nach Heckmatt – ein Bewertungssystem für Muskelveränderungen)
- Erhebung von Normwerten je nach Altersgruppe und Geschlecht
Literatur
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