Ultraschall des kindlichen Gehirns

Die Ultraschalluntersuchung des kindlichen Gehirns (kraniale Sonographie, auch: transfontanelle Sonographie) ist ein nicht-invasives (nicht eingreifendes), strahlungsfreies bildgebendes Verfahren zur Beurteilung der intrakraniellen Strukturen (innerhalb des Schädels) bei Neugeborenen und jungen Säuglingen. Die Methode nutzt die Fontanellen (weiche Schädelbereiche) als akustisches Fenster und ist besonders in der Neonatologie (Neugeborenenmedizin) und Pädiatrie (Kinderheilkunde) etabliert.

Synonyme

  • Kraniale Sonographie
  • Transfontanelle Ultraschall
  • Ultraschall des Neugeborenengehirns
  • Schädelsonographie

Beurteilbare Strukturen

  • Ventrikelsystem (Hohlraumsystem mit Gehirnflüssigkeit; Seitenventrikel, III. und IV. Ventrikel)
  • Hirnparenchym (funktionelles Gehirngewebe; z. B. graue und weiße Substanz)
  • Basalganglien (tieferliegende Hirnkerne) und Thalamus (Umschaltstation im Gehirn)
  • Kleinhirn (Cerebellum) und Hirnstamm (Verbindungsstruktur zum Rückenmark)
  • Subarachnoidalraum (Raum zwischen Gehirn und Hirnhäuten)
  • Periventrikuläre Region (Bereich um die Ventrikel; z. B. für Nachweis von Blutungen oder Ischämien)
  • Corpus callosum (Balken; Nervenverbindung zwischen linker und rechter Hirnhälfte)
  • Gefäße im Rahmen der Dopplersonographie (z. B. A. cerebri media – mittlere Gehirnschlagader)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Frühgeborene mit erhöhtem Risiko für intrakranielle Blutungen (Blutungen im Schädelinneren)
  • Verdacht auf Hirnfehlbildungen (z. B. Balkenagenesie – fehlender Balken, Hydrozephalus – Wasserkopf)
  • Nachweis oder Ausschluss intraventrikulärer oder parenchymatöser Blutungen (Blutungen in Hohlräumen oder Gehirngewebe)
  • Beurteilung der Hirnreifung (Entwicklungsstand des Gehirns)
  • Infektionen des zentralen Nervensystems (z. B. zerebrale Toxoplasmose – Infektion mit Toxoplasmen)
  • Kontrolle bei Hydrozephalus (z. B. Shuntlage – Kontrolle eines Ableitungssystems, Ventrikelweite – Größe der Hirnkammern)
  • Zysten (flüssigkeitsgefüllte Hohlräume), Tumoren (Geschwulste), Ischämien (Durchblutungsstörungen) oder Hirninfarkte (Gewebetod durch Sauerstoffmangel)
  • Fehlbildungen des Dandy-Walker-Typs oder Arnold-Chiari-Malformationen (Entwicklungsstörungen des hinteren Gehirns)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Geschlossene Fontanellen (bei älteren Säuglingen >12-18 Monate)
  • Massive Weichteilschwellungen (starke Schwellung des Weichteilgewebes) über der Fontanelle (z. B. Caput succedaneum – Geburtsgeschwulst, Hämatome – Blutergüsse)
  • Technisch stark eingeschränkte Schallbedingungen (selten)

Vor der Untersuchung

  • Keine spezielle Vorbereitung notwendig
  • Beruhigung des Säuglings zur Bewegungsreduktion (z. B. Füttern, Schnuller)
  • Lagerung in Rückenlage mit freier Sicht auf die große Fontanelle

Das Verfahren

Technik

  • Einsatz hochfrequenter Linear- oder Sektor-Schallköpfe (Ultraschallsonden mit hoher Auflösung, 5-10 MHz)
  • Zugang über die große Fontanelle (bei Bedarf auch kleine Fontanelle, Mastoid-Fontanelle – seitlicher Zugang, Foramen magnum – Hinterhauptsloch)
  • Darstellung in mehreren Ebenen (koronal – von vorne, sagittal – seitlich, axial – quer)
  • Optional: Dopplersonographische Untersuchung der zerebralen Gefäße (Blutgefäße im Gehirn)

Ablauf der Untersuchung

  • Kontaktgel auf die Fontanelle auftragen
  • Systematische Abtastung und Dokumentation in standardisierten Schnittebenen
  • Beurteilung der Ventrikelweite, Symmetrie, Parenchymstruktur (Gewebestruktur) und Gefäßverhältnisse
  • Untersuchung dauert meist 10-20 Minuten

Mögliche Befunde

  • Intraventrikuläre Blutung (Blutung in die Hirnkammern; häufig bei Frühgeborenen, Grading nach Papile – Einteilung nach Schweregrad)
  • Periventrikuläre Leukomalazie (Gewebeschädigung nahe den Hirnkammern, z. B. bei Sauerstoffmangel)
  • Hydrozephalus (Erweiterung der Hirnkammern durch Liquorstau – Aufstau von Gehirnflüssigkeit)
  • Hirnfehlbildungen (z. B. fehlender Balken, Verschmelzung der Hirnhälften – Holoprosenzephalie)
  • Infektiöse Veränderungen (z. B. Verkalkungen, Zysten, Ventrikulitis – Entzündung der Hirnkammern)
  • Ischämische Läsionen (Sauerstoffmangel-bedingte Gewebeschäden; z. B. bei Geburtstrauma)
  • Subependymale Zysten (kleine Flüssigkeitsansammlungen unterhalb der Auskleidung der Ventrikel, meist harmlos)
  • Tumoren oder Raumforderungen (z. B. Plexuspapillome – Tumoren des Adergeflechts)

Nach der Untersuchung

  • Befundbesprechung mit den Eltern
  • Ggf. Verlaufskontrollen bei auffälligem Befund
  • Indikationsabhängige Überleitung in weiterführende Diagnostik (z. B. Magnetresonanztomographie – MRT)