Kontrastmittelsonographie (CEUS) der Leber und Nieren
Die Kontrastmittelsonographie (Contrast-Enhanced Ultrasound, CEUS) ist ein dynamisches, strahlenfreies Ultraschallverfahren zur Echtzeitdarstellung der Mikroperfusion (Durchblutung kleinster Gefäße). Sie erlaubt eine hochauflösende Gefäß- und Gewebeanalyse und hat sich zur Charakterisierung fokaler Läsionen (Gewebeveränderungen) in Leber und Nieren als zuverlässige Alternative oder Ergänzung zur Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) etabliert. Die Methode basiert auf der intravenösen Applikation gasgefüllter Mikrobläschen, die rein intravaskulär (innerhalb der Gefäße) verbleiben und die Gefäßversorgung in verschiedenen Perfusionsphasen (Durchblutungsphasen) sichtbar machen.
Synonyme
- Kontrastmittelverstärkter Ultraschall
- Kontrastmittel-gestützte Sonographie
- CEUS (Contrast-Enhanced Ultrasound)
- Dynamische Kontrastmittelsonographie
Beurteilbare Strukturen
- Leberparenchym (funktionelles Lebergewebe)
- Charakterisierung fokaler Leberläsionen (z. B. Hämangiome (Blutschwämmchen), fokale noduläre Hyperplasie (Gewebevermehrung), hepatozelluläres Karzinom (Leberkrebs), Lebermetastasen (Tochtergeschwulste))
- Differenzierung gutartiger vs. bösartiger Veränderungen anhand typischer Kontrastmuster
- Nierenparenchym (funktionelles Nierengewebe)
- Beurteilung solider und zystischer Raumforderungen
- Darstellung von Narben, Infarkten (Gewebeuntergang) oder entzündlichen Veränderungen
- Evaluation tumorverdächtiger Läsionen (z. B. Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs))
- Gefäßarchitektur
- Visualisierung der arteriellen, portalvenösen (nur Leber) und späten venösen Phase
- Beurteilung von Perfusionsdefiziten (Durchblutungsminderungen) und Hypervaskularisation (Gefäßanreicherung)
- Läsionsränder und zentrale Areale
- Erkennung von zentralen Nekrosen (abgestorbenem Gewebe) oder fibrotischen Veränderungen
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Leber
- Abklärung unklarer fokaler Leberläsionen
- Differenzierung zwischen Hämangiom (Blutschwämmchen), fokaler nodulärer Hyperplasie, hepatozellulärem Karzinom und Lebermetastasen
- Tumorverlaufskontrolle nach lokalablativer Therapie (z. B. Radiofrequenzablation (Wärmeverödung))
- Ergänzung bei MRT- oder CT-Kontraindikationen
- Niere
- Differenzierung solider Raumforderungen (z. B. Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs) gegenüber Onkozytom (gutartiger Tumor))
- Analyse komplexer Zysten (Bosniak III–IV)
- Detektion und Abgrenzung von Infarktarealen (Durchblutungsverlust)
- Verlaufskontrolle nach Biopsien oder interventionellen Eingriffen
- Besondere Indikationen
- Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
- Patienten mit Kontrastmittelallergie gegenüber jod- oder gadoliniumhaltigen Substanzen
- Echtzeit-Bildführung bei Interventionen (z. B. gezielte Punktionen)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwere kardiopulmonale Instabilität (Herz-Kreislauf- oder Lungenversagen)
- Bekannte Rechts-Links-Shunts (Kurzschlussverbindungen im Herz-Kreislauf-System)
- Allergie gegen Bestandteile des Kontrastmittels (z. B. Schwefelhexafluorid bei SonoVue®)
- Schwangerschaft (relativ kontraindiziert mangels Datenlage)
Vor der Untersuchung
- Erhebung der Anamnese (medizinische Vorgeschichte) bzgl. Kontrastmittelunverträglichkeiten, Lungen- oder Herzvorerkrankungen
- Aufklärung über Risiken (selten systemische Reaktionen)
- Anlage eines peripheren venösen Zugangs (z. B. 20G-Kanüle)
- Durchführung konventioneller Ultraschallbildgebung vor CEUS
Das Verfahren
- Technik
- Verwendung CEUS-fähiger Geräte mit niedrigem mechanischem Index (low-MI)
- Bolusinjektion von SonoVue® (Schwefelhexafluorid-Mikrobläschen) in die Armvene (meist 1,0-2,4 ml), gefolgt von 5-10 ml Kochsalzlösung
- Echtzeitbeobachtung des Kontrastmittelflusses in drei Phasen:
- Arterielle Phase (10-35 Sekunden)
- Portalvenöse Phase (nur Leber; 30-120 Sekunden)
- Spätvenöse Phase (bis 4-6 Minuten)
- Darstellung
- Analyse des Kontrastanflutungs- und Auswaschverhaltens der Läsion
- Benigne Läsionen zeigen typischerweise persistente Kontrastierung
- Maligne Läsionen charakterisiert durch rasche Anflutung und frühen Wash-out
Mögliche Befunde
- Leber
- Hämangiom: periphere, langsam zentripetale Kontrastierung, persistierend
- Fokale noduläre Hyperplasie: zentrale arterielle Einspeisung, homogene Anflutung, kein Wash-out
- Hepatozelluläres Karzinom: arterielle Hypervaskularisation, frühzeitiger Wash-out
- Lebermetastasen: irreguläre Hypervaskularisation, rascher Wash-out, oft randbetonte Kontrastierung
- Niere
- Nierenzellkarzinom: irregulär hypervaskularisierte Läsion, zentrale Nekrosen möglich
- Komplexe Zysten: Wand- oder Septenverstärkung, Hinweis auf Malignität
- Niereninfarkt: keilförmiges, nicht perfundiertes Areal
- Angiomyolipom: inhomogene Kontrastierung, teils schwer von Karzinomen abgrenzbar
Nach der Untersuchung
- Beobachtungszeit von ca. 15 Minuten zur Erkennung von Nebenwirkungen
- Speicherung der Untersuchung in Form von Videos und Einzelbildern
- Befundung durch erfahrene CEUS-Spezialisten mit Kenntnis der Kontrastmuster
- Ggf. Empfehlung für ergänzende Bildgebung oder Biopsie (Gewebeprobe)
Mögliche Komplikationen
- Häufigkeit sehr gering
- Wärmegefühl, Kopfschmerz, Übelkeit
- Extrem selten (< 1:10.000)
- Anaphylaktoide Reaktionen (z. B. Hautausschlag, Atemnot, Kreislaufstörung)
- Keine nephrotoxische Wirkung – auch bei eingeschränkter Nierenfunktion einsetzbar
Fazit
Die Kontrastmittelsonographie (CEUS) bietet eine hochspezifische, strahlenfreie und kosteneffiziente Methode zur Beurteilung fokaler Läsionen der Leber und Nieren. Durch die intravaskulär verbleibenden Mikrobläschen lassen sich vaskuläre Muster in Echtzeit differenzieren, was eine präzise Aussage über Dignität (Gut- oder Bösartigkeit), Lokalisation und Ausdehnung erlaubt. Sie stellt insbesondere bei Kontraindikationen gegen jod- oder gadoliniumhaltige Kontrastmittel eine überlegene diagnostische Alternative dar.