Farbduplexsonographie zur Beurteilung von Tumorvaskularisation und Gefäßinfiltration

Die Farbduplexsonographie stellt ein nicht-invasives (nicht operatives), dynamisches Ultraschallverfahren zur gleichzeitigen Darstellung morphologischer (struktureller) und hämodynamischer (durchblutungsbezogener) Eigenschaften dar. Sie kombiniert die klassische B-Bild-Sonographie mit der Farbdarstellung von Blutflüssen und der spektralen Dopplersonographie zur quantitativen Flussanalyse. Im onkologischen Kontext erlaubt sie eine differenzierte Beurteilung der Tumorvaskularisation (Blutgefäßversorgung des Tumors) und kann Hinweise auf eine Gefäßinfiltration (Einbruch des Tumors in Gefäße) durch maligne (bösartige) Prozesse liefern. Diese Informationen sind entscheidend für das Staging (Stadieneinteilung), die Operationsplanung sowie die Beurteilung des Ansprechens auf antiangiogene Therapien (Therapien gegen Gefäßneubildung).

Synonyme

  • Farbduplex-Sonographie bei Tumoren
  • Duplexsonographie zur Tumorvaskularitätsanalyse
  • Dopplersonographische Gefäßbeurteilung bei Malignomen (bösartigen Tumoren)
  • Ultraschall-basierte Angiographie (Darstellung der Gefäße)

Beurteilbare Strukturen

  • Tumorparenchym (Tumorgewebe): Echotextur (Ultraschallbildstruktur), Binnenstruktur, Begrenzbarkeit
  • Tumorvaskularisation (Blutversorgung des Tumors): Darstellung zentraler und peripherer Gefäße, Detektion arterieller und venöser Flüsse
  • Gefäßinfiltration (Einwachsen in Blutgefäße): Beurteilung von Wandkontinuität (Unversehrtheit), Kompression, Einengung oder Einbruch in Gefäße
  • Peritumorales Gewebe (Gewebe rund um den Tumor): Ödem (Schwellung), inflammatorische Veränderungen (Entzündung), lymphatische Strukturen (Lymphknoten etc.)
  • Regionale Gefäße (umliegende Blutgefäße): Arterien und Venen in Tumornähe zur Einschätzung operativer Risiken und der operativen Resektabilität (Entfernbarkeit)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Malignitätsverdacht (Verdacht auf Bösartigkeit) – Beurteilung der Tumordurchblutung als indirektes Kriterium für Dignität (Gut- oder Bösartigkeit), z. B. bei Leber-, Nieren-, Schilddrüsentumoren
  • Staging von Tumoren (Tumorausbreitung) – Einschätzung der lokalen Ausdehnung, insbesondere bei Organüberschreitung oder Gefäßinvasion
  • Therapieplanung – Präoperative Evaluation (Beurteilung vor einer Operation) der operativen Zugänglichkeit unter Berücksichtigung kritischer Gefäßbeziehungen
  • Verlaufskontrolle (Therapieüberwachung) – Beurteilung der Tumorvaskularisation unter systemischer Therapie (z. B. Tyrosinkinaseinhibitoren, Anti-VEGF)
  • Differenzierung benigner vs. maligner Läsionen (gutartig vs. bösartig) – insbesondere bei Nebennieren-, Schilddrüsen-, Mammatumoren

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Keine absoluten Kontraindikationen
  • Relative Einschränkungen durch:
    • fehlende Schallfenster (z. B. Meteorismus [Luftansammlung im Darm], adipöses Gewebe)
    • geringe Tumorgröße oder ungünstige Lage
    • ausgeprägte Kalzifikationen (Verkalkungen mit Schallschattenbildung)
    • Bewegungsartefakte (z. B. durch Atemexkursionen bei Lungennähe)

Vor der Untersuchung

  • Anamnese und Voruntersuchungen: Erhebung der Tumorentität (Art des Tumors), Lokalisation und klinischen Fragestellung
  • Bildgebende Vorbefunde: Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), ggf. Kontrastmittelsonographie (CEUS) zur Korrelation
  • Lagerung und Vorbereitung: Patientengerechte Positionierung zur Optimierung der Schallbedingungen, ggf. Nüchternheit bei abdomineller (bauchbezogener) Diagnostik

Das Verfahren

Die Untersuchung erfolgt in standardisierter Technik mit hochauflösenden Linear- oder konvexen Sonden, meist im Frequenzbereich von 3–12 MHz. Die Kombination aus B-Bild, Farb-Doppler und PW-Doppler (Pulsed Wave Doppler) erlaubt folgende diagnostische Aussagen:

  • Tumorvaskularisation (Blutversorgung):
    • Beurteilung von zentralen vs. peripheren Flussmustern
    • Hypervaskularisierte Areale (stark durchblutete Zonen) als Hinweis auf Malignität
    • Detektion von arterio-venösen Shunts (Kurzschlüsse) oder atypischen Anastomosen (Verbindungen)
  • Gefäßinfiltration (Einwachsen in Gefäße):
    • Unregelmäßige Tumorkonturen mit Aufhebung der Gefäßwand
    • Einengung, Dislokation (Verlagerung) oder Destruktion (Zerstörung) von Gefäßen
    • Tumorthromben (Tumorgerinnsel) mit oder ohne Flusssignal im Gefäßlumen

Mögliche Befunde

  • Maligne Vaskularisationsmuster (bösartige Durchblutungsmuster):
    • Irreguläre, zentral betonte Gefäßnetze mit chaotischem Verlauf
    • Hohe Flussgeschwindigkeiten (> 50-100 cm/s) mit niederem RI (Resistance Index = Widerstandsindex)
  • Gefäßinvasion (Gefäßeinbruch):
    • Verlust der Trennbarkeit zwischen Tumor und Gefäß
    • Intraluminale (innerhalb des Gefäßes liegende) echoarme Strukturen mit pathologischem Flusssignal
  • Therapieansprechen:
    • Reduktion der Durchblutung als Hinweis auf Ansprechen unter antiangiogener Therapie
    • Persistenz oder Zunahme der Vaskularisation bei Therapieresistenz
  • Tumorrezidiv vs. Narbengewebe:
    • Vaskularisierte Areale sprechen für Rezidiv (Rückfall)
    • Avaskuläre (nicht durchblutete) Areale sprechen für posttherapeutische Fibrose (Narbengewebe)

Nach der Untersuchung

  • Dokumentation: Bild- und Videosequenzen mit standardisierten Messungen (z. B. PSV = maximale Strömungsgeschwindigkeit, EDV = Enddiastolische Geschwindigkeit, RI = Widerstandsindex)
  • Befundkorrelation: Vergleich mit anderen Bildgebungen (MRT, CT, CEUS) zur intermodalen Validierung
  • Therapieplanung: Besprechung im interdisziplinären Tumorboard zur Festlegung weiterer Schritte (z. B. Biopsie, OP, Systemtherapie)

Literatur

  1. Piscaglia F, Nolsøe CP, Dietrich CF et al.: The EFSUMB Guidelines and Recommendations on the Clinical Practice of Contrast Enhanced Ultrasound (CEUS): Update 2011 on non-hepatic applications. Ultraschall Med. 2012;33(1):33-59. https://doi.org/10.1055/s-0031-1281676