Duplexsonographie der Milzvene und Pfortader
Die Duplexsonographie der Milzvene (Vena splenica, Vene der Milz) und der Pfortader (Vena portae, große Vene zur Leber) stellt ein nicht-invasives, bildgebendes Standardverfahren der Gefäßdiagnostik (Untersuchung der Blutgefäße) im Abdomen (Bauchraum) dar. Sie ermöglicht die kombinierte Darstellung der Gefäßmorphologie (Gefäßstruktur im Ultraschallbild) und der Hämodynamik (Blutströmung) dieser zentralen venösen Strukturen des portalen Kreislaufs (Blutkreislauf der Leber). Die Untersuchung wird vor allem bei Verdacht auf portale Hypertension (erhöhter Druck im Pfortaderkreislauf), Leberzirrhose (vernarbte Leber) oder Thrombosen (Blutgerinnsel) im Pfortadersystem eingesetzt und erlaubt eine dynamische Beurteilung von Flussrichtung, Flussgeschwindigkeit, Gefäßweite und pathologischen Umbauvorgängen (z. B. kavernöse Transformation, Umgehungskreisläufe).
Synonyme
- Duplexsonographie des Pfortadersystems
- Farbkodierte Duplexsonographie der Vena portae und Vena splenica
- Dopplerultraschall der Pfortader und Milzvene
- Pfortaderduplex
Beurteilbare Strukturen
- Vena portae (Pfortader): Kaliber (Gefäßweite), Flussrichtung, Strömungsprofil (laminar, pulsierend, bidirektional), Einmündungen
- Vena splenica (Milzvene): Durchmesser, Flussgeschwindigkeit, Nachweis thrombotischer Verschlüsse (Blutgerinnsel)
- Vena mesenterica superior (obere Eingeweidevene): Beurteilung im Kontext einer Pfortaderthrombose oder portalen Hypertension
- Lebervenen und Vena cava inferior (untere Hohlvene): Indirekte Beurteilung der venösen Abflussverhältnisse bei Lebererkrankungen
- Milzparenchym (Gewebe der Milz): Splenomegalie (Milzvergrößerung) als indirektes Zeichen der portalen Hypertension
- Portosystemische Umgehungskreisläufe (kollaterale Blutwege): Kollateralen (z. B. Vena paraumbilicalis, gastrische Venen, ösophageale Varizen)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Verdacht auf portale Hypertension – z. B. bei Leberzirrhose, Splenomegalie, Thrombopenie (verminderte Blutplättchen)
- Nachweis oder Ausschluss einer Pfortaderthrombose – z. B. bei Tumoren, Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung), myeloproliferativen Neoplasien (Erkrankungen des Knochenmarks)
- Verlaufskontrolle nach portosystemischen Shunt-Anlagen – z. B. TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt, künstliche Verbindung zwischen Pfortader und Lebervene)
- Differenzierung fokaler Leberläsionen – vaskuläre Infiltration (Einwachsen in Gefäße) bei HCC (hepatozelluläres Karzinom, Leberkrebs)
- Präoperative Gefäßbeurteilung – z. B. bei Lebertransplantation oder Pankreasresektion (Entfernung von Teilen der Bauchspeicheldrüse)
- Nachsorge bei Thrombophilie oder Gerinnungsstörung – Überwachung potenzieller Thrombosen
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Keine absoluten Kontraindikationen – Die Duplexsonographie ist ein sicheres, nicht-invasives Verfahren ohne bekannte absolute Gegenanzeigen.
- Relative Kontraindikationen:
- Starke meteoristische Überlagerung (übermäßige Gasansammlung im Darm) kann die Bildqualität einschränken
- Fehlende Compliance (z. B. bei schwer kranken oder unruhigen Patienten) kann die Durchführung erschweren
- Massive Adipositas (starkes Übergewicht) kann die Darstellung bestimmter Gefäße technisch limitieren
Vor der Untersuchung
- Anamnese (Krankengeschichte): Erhebung relevanter Grunderkrankungen (z. B. Leberzirrhose, Pankreatitis, Malignome, Koagulopathien)
- Laborparameter: Leberwerte, Thrombozyten, D-Dimere, INR (Blutgerinnungswerte), ggf. Tumormarker (AFP, CA 19-9)
- Vorbereitung: Nüchternheit (mind. 6 Stunden) zur besseren Darstellung durch Reduktion gasüberlagerter Dünndarmschlingen
Das Verfahren
- Technik: Kombination aus B-Mode-Sonographie (Grauwerte) und farbkodiertem Doppler zur Beurteilung der Morphologie und Hämodynamik
- Untersuchungslagerung: Rückenlage, ggf. Linksseitenlage oder tiefe Inspiration zur Verbesserung der Darstellung
- Transducer: Konvexsonde (3–5 MHz), gelegentlich Linearsonde (z. B. bei schlanken Patienten oder fokalen Fragestellungen)
- Messparameter:
- Flussrichtung (hepatopetal = zur Leber hin, hepatofugal = von der Leber weg)
- Flussgeschwindigkeit in der Vena portae (normal: 15-30 cm/s, kontinuierlich, hepatopetal)
- Durchmesser der Vena portae (normal < 13 mm)
- Milzvenendurchmesser (normal < 10 mm)
- Atemmodulation der Flusskurve (Veränderung der Strömung durch Ein- und Ausatmung)
Mögliche Befunde
- Pfortaderthrombose: Fehlen von Fluss, echogener Thrombus im Lumen, ggf. kavernöse Transformation (Umwandlung in Gefäßknäuel)
- Milzvenenthrombose: Segmentaler oder kompletter Flussverlust, Kaliberschwankungen
- Portale Hypertension:
- Erweiterung der Pfortader (> 13 mm)
- Reduzierte Flussgeschwindigkeit (< 15 cm/s)
- Umkehr des Flusses (hepatofugal)
- Detektion portosystemischer Kollateralen
- Tumorinfiltration: Echoarmer, solider, flussaktiver Tumorzapfen (z. B. bei HCC oder Pankreaskarzinom)
- Nach Shunt-Anlage: Beurteilung des Shuntflusses, Stenosekontrollen (Verengungen)
Nach der Untersuchung
- Befundinterpretation: In Zusammenschau mit Klinik, Labor, ggf. bildgebender Schnittbilddiagnostik (Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT))
- Therapieplanung: Einfluss auf das Management bei portaler Hypertension, Tumorstadien oder Thrombosen
- Verlaufskontrollen: Standardisiert z. B. bei Shunt-Patienten oder bekannten Lebererkrankungen