Elastographie der Hoden
Die Elastographie der Hoden ist ein modernes, nicht-invasives (nicht operatives) Ultraschallverfahren zur Beurteilung der Gewebesteifigkeit im Hodenparenchym (Hodengewebe). Sie ergänzt die konventionelle Sonographie (Ultraschalluntersuchung) um funktionelle Informationen und ermöglicht eine differenzierte Einschätzung fokaler (umschriebener) und diffuser (ausgedehnter) Veränderungen des Hodengewebes. Besonders bei unklaren Raumforderungen (Gewebsneubildungen), chronischen Entzündungen oder Fertilitätsstörungen (Fruchtbarkeitsstörungen) liefert die Elastographie wertvolle Zusatzinformationen zur morphologischen (strukturellen) und funktionellen Diagnostik.
Synonyme
- Ultraschall-Elastographie der Hoden
- Testikuläre Elastographie (Hodengewebe-Elastographie)
- Sonoelastographie des Hodens
- Shear-Wave-Elastographie der Hoden
Beurteilbare Strukturen
- Hodenparenchym (Hodengewebe)
- Nebenhoden (Epididymis)
- Hodentumoren (fokale Gewebsveränderungen)
- Peri- und intratestikuläre Fibrosen (Bindegewebsvermehrungen im und um den Hoden)
- Entzündlich verändertes Gewebe (z. B. bei Orchitis (Hodenentzündung), Epididymitis (Nebenhodenentzündung))
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Abklärung suspekter Raumforderungen – Differenzierung zwischen gutartigen und bösartigen Hodentumoren
- Diagnostik entzündlicher Prozesse – Erkennung chronisch-entzündlicher Veränderungen im Rahmen einer Epididymitis oder Orchitis
- Fertilitätsdiagnostik – Beurteilung des Hodenparenchyms bei idiopathischer Azoospermie (fehlende Samenzellen) oder Oligozoospermie (verminderte Samenzahl)
- Verlaufskontrollen – Nach Orchitis, Operationen oder bei chronischen Sklerosierungen (Verhärtungen)
- Differenzierung zystischer vs. solider Läsionen – Ergänzend zur B-Bild-Sonographie (herkömmlicher Ultraschall)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Akute starke Schmerzen bei Berührung (z. B. bei akuter Hodentorsion (Verdrehung des Hodens) oder Orchitis)
- Unkooperativer Patient (z. B. Kinder ohne Sedierung (Beruhigung))
- Offene Wunden oder entzündliche Hautveränderungen im Skrotalbereich (Hodensackbereich)
Vor der Untersuchung
- Anamnese (Vorgeschichte): Abklärung von Schmerz, Schwellung, Fertilitätsstörungen, Vorerkrankungen, Hodenhochstand oder Traumata (Verletzungen)
- Laborwerte (optional): Tumormarker (AFP, β-HCG, LDH), Entzündungsparameter (CRP, Leukozyten) bei Orchitisverdacht
- Sonographische Voruntersuchung: Standard-B-Bild-Sonographie (klassischer Ultraschall) als Grundlage zur anatomischen Orientierung
Das Verfahren
- Technik: Es kommen zwei Hauptverfahren zum Einsatz:
- Strain-Elastographie – manuelle Kompression (Druckausübung), qualitative Farbkodierung
- Shear-Wave-Elastographie (SWE) – quantitative Messung der Schallausbreitungsgeschwindigkeit in m/s oder kPa
- Durchführung:
- Untersuchung in Rückenlage bei freigelegtem Skrotum (Hodensack)
- Verwendung eines hochfrequenten Lineartransducers (Ultraschallkopf mit hoher Auflösung)
- Hoden wird mit Ultraschallgel bedeckt, ohne Druck ausgeübt zu werden
- Elastographische Messung in axialer und longitudinaler Ebene (Quer- und Längsschnitt)
- Erfassung fokaler oder diffuser Steifigkeitsveränderungen
Vergleich zur konventionellen Sonographie
Konventionelle B-Bild-Sonographie (klassischer Ultraschall)
- Beurteilung der Hodenmorphologie (Form), Lage, Volumen (Größe) und echogener Struktur (Gewebedarstellung)
- Detektion von Raumforderungen (Gewebsveränderungen), Zysten, Verkalkungen oder Ergüssen (Flüssigkeitsansammlungen)
- Keine Aussage über Gewebesteifigkeit (Härte des Gewebes)
Elastographie (Ultraschall-Elastizitätsmessung)
- Ergänzende funktionelle Information zur Gewebesteifigkeit (Elastizität)
- Unterscheidung harter (z. B. bösartiger) von weichen (z. B. gutartigen) Läsionen (Veränderungen)
- Objektivierung entzündlicher oder fibrotischer Prozesse (z. B. Vernarbungen)
- Besseres Monitoring (Verlaufsbeobachtung) chronischer Verläufe oder postoperativer Veränderungen (nach Operation)
Kombination beider Verfahren
- Signifikante Verbesserung der diagnostischen Sicherheit (Zuverlässigkeit der Befunderhebung)
- Reduktion unnötiger Operationen bei benignen Befunden (gutartigen Veränderungen)
- Optimale Auswahl auffälliger Areale für gezielte Biopsie (Gewebeentnahme)
Mögliche Befunde
- Maligne Tumoren (bösartige Geschwülste) – meist deutlich erhöhter Elastizitätswert (hartes Gewebe, z. B. Seminome)
- Benigne Raumforderungen (gutartige Gewebsveränderungen) – geringere Steifigkeit (z. B. Epidermoidzysten, Leydig-Zell-Tumoren)
- Chronische Entzündungen – inhomogene, häufig erhöhte Steifigkeit
- Fibrosen und Sklerosierungen (Gewebeverhärtungen) – diffus oder fokal erhöhter Elastizitätswert
- Normales Hodengewebe – relativ homogen und weich (je nach Altersgruppe ca. 1,0–2,5 m/s in der Shear-Wave-Elastographie)
Nach der Untersuchung
- Dokumentation der Messergebnisse inklusive quantitativer Werte
- Vergleich mit Voruntersuchungen (z. B. bei Tumorverlaufskontrollen)
- Entscheidung über weiterführende Diagnostik (z. B. Magnetresonanztomographie (MRT), Biopsie (Gewebeprobe)) bei unklaren Befunden
- Keine körperlichen Einschränkungen nach der Untersuchung