Lost Penis Syndrom – Symptome – Beschwerden

 Folgende Beschwerden können auf ein Lost Penis Syndrom hinweisen:

Pathognomonische Symptome

Diese Symptome sind typisch und nahezu ausschließlich beim Lost-Penis-Syndrom anzutreffen [1]:

  • Subjektiver Verlust der penilen Sensibilität („Gefühl, der Penis sei verschwunden“) während der vaginalen Penetration.
  • Fehlendes Reibungsgefühl (Friction loss) trotz vorhandener Erektion.
  • Vermindertes Empfinden von Glans und Penisschaft bei intakter Erektion.
  • Gefühl des „leeren Vaginalkanals“ beim männlichen Partner sowie gleichzeitig vermindertes Druck- oder Dehnungsgefühl bei der Frau.

Leitsymptome

Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf ein Lost-Penis-Syndrom und werden oft zuerst bemerkt [1]:

Männer

  • Verlust der genitalen Eigenwahrnehmung und reduziertes sexuelles Empfinden (> 80 %).
  • Schwierigkeiten, die Erektion zu halten oder den Orgasmus zu erreichen (> 70 %).
  • Verzögerte Ejakulation (DE) oder Anejakulation (> 60 %).
  • Gefühl des „Nicht-Spürens“ trotz Penetration, häufig nach vaginaler Geburt der Partnerin (> 50 %).

Frauen

  • Gefühl einer zu weiten oder „leeren“ Vagina (> 60 %).
  • Vermindertes Reibungsempfinden und eingeschränktes Orgasmuserleben (> 50 %).
  • Übermäßige vaginale Lubrikation (Befeuchtung der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane und der Vagina) oder vaginale Laxität (Bindegewebsschwäche der Scheide) (> 40 %).

Hauptsymptome (primäre Symptome)

Diese Symptome prägen das klinische Bild [1, 2]:

Männer

  • Verminderte penilo-somästhetische Sensibilität (erhöhte vibrotaktile Schwelle).
  • Erektile Dysfunktion/Erektionsstörung (teilweise oder vollständig).
  • Ejakulations- und Orgasmusstörung (Anorgasmie).
  • Sekundäre sexuelle Frustration, Leistungsangst, Partnerschaftskonflikte.

Frauen

  • Vaginale Laxität oder muskuläre Hypotonie/Muskelschwäche (postpartal/nach der Geburt, postmenopausal/nach der Menopause (Wechseljahre der Frau)).
  • Übermäßige oder unzureichende Lubrikation (z. B. bei Genitourinary Syndrome of Menopause [GSM] [5]).
  • Beckenbodendysfunktion (M. levator ani-Schwäche, Faszienlaxität).
  • Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) oder Orgasmusstörung durch verminderten „Friction-Effekt“ (fehlendes Reibungsgefühl).

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)

Diese Symptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen [1, 3–6]:

  • Psychosexuelle Beschwerden: Angst, Scham, Depressivität, Selbstwertprobleme, Kommunikationsstörungen [4].
  • Funktionelle Begleitsymptome: Beckenbodenschmerz, Hyper- / Hypolubrikation, Dysurie (erschwerte oder schmerzhafte Blasenentleerung), Coital Incontinence (Harnverlust, der während der Penetration oder beim Orgasmus auftritt.); bis 50 % der betroffenen Frauen [3]).
  • Endokrine und altersbedingte Faktoren: Andropause-bedingter Testosteronmangel, Menopause-assoziiertes GSM [2, 5].
  • Iatrogene Faktoren: Übermäßiger Einsatz von Lubrikantien (vaginale Gleitmittel), Lokalanästhetika (örtliche Betäubungsmittel), SSRI und Neuroleptika (Prolaktinerhöhung [6]).

Unspezifische Symptome

  • Gefühl des „Nicht-Erregt-Seins“ trotz Stimulation.
  • Verminderte Libido oder sexuelle Apathie.
  • Schlafstörungen und Erschöpfung.
  • Schmerzfreie Dyspareunie ohne organischen Befund.

Warnzeichen (red flags)

  • Akuter Verlust der penilen Sensibilität nach Becken- oder Prostataoperation.
  • Neu auftretende Anorgasmie mit perianaler Taubheit → Verdacht auf Neuropathie (S2–S4).
  • Rasche Symptomprogression bei endokriner Störung (Hypogonadismus/Keimdrüsenunterfunktion, Hyperprolaktinämie/Erhöhung des Prolaktinspiegels im Blut).

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring

Literatur 

  1. Colonnello E, Limoncin E, Ciocca G et al.: The Lost Penis Syndrome: A New Clinical Entity in Sexual Medicine. Sexual Medicine Reviews. 2021; 9(5): 1-17. doi:10.1016/j.sxmr.2021.08.001
  2. Jannini EA, Nappi RE.: Couplepause: A New Paradigm in Treating Sexual Dysfunction During Menopause and Andropause. Sexual Medicine Reviews. 2018; 6(3): 384-395. doi:10.1016/j.sxmr.2017.11.002
  3. Illiano E, Mahfouz W, Giannitsas K et al.: Coital Incontinence in Women With Urinary Incontinence: An International Study. The Journal of Sexual Medicine. 2018; 15(10): 1456-1462. doi:10.1016/j.jsxm.2018.08.009
  4. Perelman MA.: Psychosexual Therapy for Delayed Ejaculation Based on the Sexual Tipping Point Model. Translational Andrology and Urology. 2016; 5(4): 563–575. doi:10.21037/tau.2016.07.05
  5. Portman DJ, Gass MLS.: Vulvovaginal Atrophy Terminology Consensus Conference Panel. Genitourinary Syndrome of Menopause: New Terminology for Vulvovaginal Atrophy From the ISSWSH and NAMS. Maturitas. 2014; 79(3): 349-354. doi:10.1016/j.maturitas.2014.07.013
  6. Melkersson KI, Hulting AL, Rane AJ.: Dose Requirement and Prolactin Elevation of Antipsychotics in Male and Female Patients With Schizophrenia or Related Psychoses. British Journal of Clinical Pharmacology. 2001; 51(4): 317-324. doi:10.1046/j.1365-2125.2001.01352.x