Neuronenspezifische Enolase (NSE)

Die neuronenspezifische Enolase (NSE) ist ein Glykolyseenzym (Enzym des Zuckerstoffwechsels), das physiologisch vorwiegend in Neuronen (Nervenzellen), neuroendokrinen Zellen (hormonbildenden Nervenzellen) und neuroendokrinen Tumoren (spezielle Tumoren mit Nervenzellursprung) exprimiert wird. Es spielt eine Rolle im Energiestoffwechsel dieser Zellen. In der klinischen Labordiagnostik dient NSE als Tumormarker (Laborwert zum Nachweis von Krebserkrankungen) und prognostischer Marker bei bestimmten Tumoren sowie als Hinweisparameter bei neuronalen Zellschäden (Schäden an Nervenzellen).

Synonyme

Das Verfahren

  • Benötigtes Material
    • Serum (Blutflüssigkeit ohne Gerinnungsfaktoren)
    • Liquor (Nervenwasser; für spezielle Fragestellungen bei neuronalen Schädigungen)
  • Vorbereitung des Patienten
    • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
  • Störfaktoren
    • Hämolyse (Auflösung von roten Blutkörperchen) → falsch erhöhte Werte durch Freisetzung aus Erythrozyten (rote Blutkörperchen)
    • Lagerungsartefakte (unsachgemäße Probenlagerung)
  • Methode
    • Immunoassay (Antikörpertestverfahren; z. B. Elektrolumineszenz-Immunoassay, ELISA)
    • Messung erfolgt meist automatisiert auf Tumormarkerplattformen

Normbereiche (je nach Labor)

Subgruppe / Geschlecht / Alter Referenzbereich
Erwachsene (Serum) < 12,5 µg/l
Kinder Ggf. altersabhängig, niedrigere Grenzwerte
Liquor (CSF) < 15 ng/ml

Normbereiche sind methoden- und laborabhängig

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Diagnostik und Verlaufsbeurteilung bei kleinzelligem Bronchialkarzinom (aggressiver Lungenkrebs)
  • Tumordiagnostik bei neuroendokrinen Tumoren (z. B. Neuroblastom, Medulloblastom)
  • Hinweis auf neuronale Schädigung bei z. B. hypoxischem Hirnschaden (Gehirnschädigung durch Sauerstoffmangel)
  • Therapiekontrolle und Verlaufskontrolle bei malignen Erkrankungen mit NSE-Expression

Interpretation

  • Erhöhte Werte
    • Kleinzelliges Bronchialkarzinom (aggressiver Lungenkrebs)
    • Neuroblastom, Medulloblastom, Retinoblastom (Tumoren im Kindesalter)
    • Melanom (schwarzer Hautkrebs), Phäochromozytom (Nebennierentumor)
    • Hirnmetastasen (Tochtergeschwülste im Gehirn) oder primäre Hirntumoren
    • Zerebraler Hypoxieschaden (Gehirnschädigung durch Sauerstoffmangel; z. B. nach Reanimation, Schädel-Hirn-Trauma)
  • Erniedrigte Werte
    • Keine klinisch relevante Bedeutung
  • Spezifische Konstellationen
    • Starker Anstieg im Serum bei NSE-bildenden Tumoren kann zur Frühdiagnose oder Therapiekontrolle genutzt werden
    • NSE im Liquor kann Hinweis auf zentrale neuronale Schädigung sein, z. B. bei Enzephalopathien (Funktionsstörung des Gehirns)

Weiterführende Diagnostik

  • Ergänzende Tumormarker: Chromogranin A, ProGRP, CYFRA 21-1, CEA je nach Tumorentität
  • Bildgebung: Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT)
  • Gewebebiopsie (Probenentnahme) und Histopathologie (feingewebliche Untersuchung) zur Diagnosesicherung
  • Liquordiagnostik (Analyse des Nervenwassers) bei neurologischem Verdacht

Hinweis
Neuroendokrine Tumoren (NET) sind benigne- oder maligne Tumoren, die ihren Ursprung aus dem Neuro-Ektoderm nehmen und deren Zellen in der immunhistochemischen Charakterisierung den endokrinen Drüsenzellen gleichen. Epitheliale neuroendokrine Tumoren (Synonym: Karzinoid) kommen vor allem im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) und im Pankreas (Bauchspeicheldrüse) vor.
Das kleinzellige Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) zählt ebenfalls zu den neuroendokrinen Tumoren. Eng verwandt sind die nervenähnlichen Neuroblastome, Paragangliome, und das Phäochromozytom. 75 % aller neuroendokrinen Tumoren sind im gastroenteropankreatischen System lokalisiert (gastroenteropankreatischer Neuroendokriner Tumor – Abk. GEP-NET)