Freier Androgenindex (FAI)
Der freie Androgenindex (FAI) ist ein laborchemisch berechneter Parameter zur indirekten Abschätzung des bioverfügbaren Testosterons (männliches Sexualhormon) im Blut. Er basiert auf dem Verhältnis von Gesamttestosteron (gesamt im Blut zirkulierendes Testosteron) zum Sexualhormon-bindenden Globulin (SHBG) (Transporteiweiß für Sexualhormone) und dient insbesondere der Diagnostik von Hyperandrogenämien (erhöhte Konzentration männlicher Hormone) bei Frauen sowie hormonellen Störungen beim Mann. Der FAI wird vor allem dann verwendet, wenn die direkte Messung des freien Testosterons methodisch limitiert oder nicht verfügbar ist.
Synonyme
- Androgenindex
- Free Androgen Index (engl.)
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Serum (Blutflüssigkeit nach Zentrifugation) – idealerweise zwischen 7-10 Uhr morgens entnommen
- Standardröhrchen ohne Zusätze
Vorbereitung des Patienten
- Blutentnahme morgens nüchtern (ohne vorherige Nahrungsaufnahme) empfohlen
- Bei Frauen: Angabe des Zyklustages erforderlich
- Falls möglich: vorübergehende Pause hormonaktiver Medikamente (z. B. orale Kontrazeptiva (Antibabypille), Steroide (kortisonähnliche Medikamente))
Störfaktoren
- SHBG-verändernde Zustände (z. B. Leberfunktionsstörungen (eingeschränkte Leberleistung), Schilddrüsenerkrankungen (Störungen der Schilddrüse), Adipositas (Fettleibigkeit))
- Einnahme von Östrogenen (weibliche Hormone), Androgenen (männliche Hormone), Kortikosteroiden (Nebennierenhormonen)
- Schwangerschaft
- Hormonelle Kontrazeptiva (Verhütungsmittel auf Hormonbasis)
Methode
- Der FAI wird rechnerisch ermittelt mit folgender Formel:
- FAI = total (gesamt) Testosteron (nmol/l) × 100 / SHBG (nmol/l)
- Es handelt sich um eine dimensionslose Verhältniszahl, die eine Näherung an das freie (nicht gebundene), biologisch aktive Testosteron liefert.
Normbereiche (je nach Labor)
Geschlecht | Referenzbereich (FAI) |
---|---|
Männer | 30-150 |
Frauen | < 5 |
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Abklärung eines Androgenüberschusses (Zuviel an männlichen Hormonen) bei Frauen
- z. B. bei Hirsutismus (vermehrte Körperbehaarung), Akne (Hautunreinheiten), Alopezie (Haarausfall) oder Zyklusstörungen (unregelmäßige Monatsblutungen)
- Verdacht auf polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) (Hormonstörung mit Zystenbildung an den Eierstöcken)
- Verdacht auf Hypogonadismus (Unterfunktion der Hoden oder Eierstöcke) beim Mann
- Fertilitätsabklärung (Untersuchung bei unerfülltem Kinderwunsch), Libidoverlust (vermindertes sexuelles Verlangen)
- Einschätzung von SHBG-Veränderungen bei unklarer Hormonkonstellation
Interpretation
Erhöhter FAI
- Hyperandrogenämie (z. B. bei PCOS (Hormonstörung der Eierstöcke), adrenaler Hyperplasie (angeborene Überfunktion der Nebennierenrinde), androgenproduzierenden Tumoren (hormonbildende Geschwulste))
- Vermindertes SHBG (z. B. bei Insulinresistenz (gestörte Insulinwirkung), Adipositas (Fettleibigkeit), Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion))
Erniedrigter FAI
- Hypogonadismus beim Mann (verminderte Hormonbildung in den Hoden)
- Erhöhtes SHBG (z. B. bei Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), Östrogentherapie (Behandlung mit weiblichen Hormonen), Lebererkrankungen (gestörte Leberfunktion))
- Einnahme östrogenhaltiger Präparate (z. B. Antibabypille)
Weiterführende Diagnostik
- Direkte Messung des freien Testosterons
- z. B. mittels Equilibrium-Dialyse (Spezialverfahren zur Hormonmessung) oder LC-MS/MS (massenspektrometrisches Verfahren zur exakten Hormonerfassung)
- DHEA-S (Nebennierenhormon), Androstendion (Vorstufe männlicher Hormone) zur Differenzierung androgener Ursachen
- FSH (follikelstimulierendes Hormon), LH (luteinisierendes Hormon), Östradiol (weibliches Sexualhormon), Prolaktin (Milchbildungshormon) zur hormonellen Abklärung
- Schilddrüsenhormone, Leberwerte zur Beurteilung der SHBG-Konzentration
- Ovarielle Sonographie (Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke) bei Verdacht auf PCOS oder Tumoren