11-Ketotestosteron
11-Ketotestosteron ist ein Androgen (männliches Sexualhormon) aus der Gruppe der 11-Oxyandrogene. Es entsteht aus Androstendion und 11β-Hydroxyandrostenedion über Zwischenstufen in der Nebennierenrinde (äußere Schicht der Nebenniere). 11-Ketotestosteron besitzt eine vergleichbare biologische Aktivität wie Testosteron, bindet hochaffin an den Androgenrezeptor (Andockstelle für männliche Hormone) und ist in bestimmten Pathologien (Krankheitszuständen) ein dominantes bioaktives Androgen. Die Messung erfolgt im Blutserum oder Plasma mittels Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) (hochpräzise Labormethode zur Stoffbestimmung).
Synonyme
- 11-Keto-Testosteron
- 11-KT
- 11-Oxo-Testosteron
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Serum oder EDTA-Plasma (mindestens 0,5 mL)
- Kühlung erforderlich; rasche Zentrifugation (Trennung der Blutbestandteile) empfohlen
Vorbereitung des Patienten
- Blutentnahme morgens zwischen 7:00 und 10:00 Uhr aufgrund zirkadianer Schwankungen (Tagesrhythmus der Hormonproduktion)
- Nüchternzustand empfohlen, aber nicht zwingend erforderlich
Störfaktoren
- Kortikosteroide (Nebennierenhormone) können die Synthese beeinflussen
- Hämolyse (Zerfall der roten Blutkörperchen) oder verzögerte Zentrifugation verfälschen die Messwerte
- Einfluss durch Nebennierenrindenmedikation (z. B. Glucocorticoide)
Methode
- Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) (Labormethode zur Bestimmung kleinster Stoffmengen)
- Hochsensitive und spezifische Quantifizierung (exakte Messung)
Normbereiche (je nach Labor)
Altersgruppe / Geschlecht | Referenzbereich |
---|---|
Männer | ca. 0,3-2,0 ng/mL |
Frauen | < 0,5 ng/mL |
Kinder / Jugendliche | altersabhängig |
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Verdacht auf adrenale Hyperandrogenämie (vermehrte Bildung männlicher Hormone in der Nebenniere)
- Abklärung virilisierender Symptome (Vermännlichungszeichen) bei Frauen
- Differenzierung von Androgensynthesestörungen (Hormonbildungsstörungen)
- Diagnostik beim adrenogenitalen Syndrom (AGS) (angeborene hormonelle Erkrankung)
- Bewertung der Androgenaktivität bei Hodeninsuffizienz (unzureichende Hodenfunktion) und Nebennierenstörungen
- Monitoring (Verlaufsbeobachtung) bei Tumoren der Nebennierenrinde
Interpretation
Erhöhte Werte
- Adrenogenitales Syndrom (z. B. 21-Hydroxylase-Mangel)
- Nebennierenrindentumoren (hormonbildende Tumoren der Nebenniere)
- Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) (Hormonstörung mit Zystenbildung in den Eierstöcken)
- Kongenitale Androgensynthesestörung (angeborene Hormonbildungsstörung)
- Exogene Androgensubstitution (seltener) (Zufuhr männlicher Hormone von außen)
Erniedrigte Werte
- Nebennierenrindeninsuffizienz (z. B. Morbus Addison) (Unterfunktion der Nebennierenrinde)
- Enzymdefekte der Androgensynthese (z. B. 11β-Hydroxylasedefekt)
- Postoperative oder medikamentöse Suppression (z. B. Glucocorticoide)
Spezifische Konstellationen (optional)
- Beim adrenalen Androgensynthesedefekt ist 11-Ketotestosteron oft sensitiver als Testosteron für die Beurteilung der hormonellen Aktivität
- Bei PCOS kann 11-Ketotestosteron zusätzlich zur DHEAS- und Testosteronbestimmung zur Differenzierung beitragen
Weiterführende Diagnostik
- 17-Hydroxyprogesteron
- DHEAS (Dehydroepiandrosteronsulfat)
- Testosteron, freies Testosteron
- Androstendion
- 11β-Hydroxyandrostenedion
- ACTH-Stimulationstest (Hormonbelastungstest bei Nebennierenfunktionsstörung) bei Verdacht auf AGS
- Bildgebung der Nebennieren (z. B. Magnetresonanztomographie [MRT] oder Computertomographie [CT]) bei Tumorverdacht