Akutes Koronarsyndrom – Körperliche Untersuchung

Eine strukturierte und umfassende körperliche Untersuchung ist essenziell für die initiale Risikostratifizierung, die Erkennung von Komplikationen sowie die gezielte Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte beim akuten Koronarsyndrom (akuter Herznotfall durch eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße):

  • Allgemeine körperliche Untersuchung – obligat bei jedem Patienten:
    • Vitalparameter – standardisiert und wiederholt:
      • Blutdruck (beidseitig; Hinweis auf Hypotonie (niedriger Blutdruck)/Hypertension (Bluthochdruck), Differenz bei Verdacht auf Aortenerkrankung (Erkrankung der Hauptschlagader))
      • Herzfrequenz und Pulsqualität (regelmäßig/unregelmäßig, tachykard (Herzschlag zu schnell)/bradykard (Herzschlag zu langsam))
      • Atemfrequenz
      • Sauerstoffsättigung (periphere Pulsoxymetrie (Messung des Sauerstoffgehalts im Blut über einen Fingerclip))
      • Körpertemperatur
      • Körpergewicht und Körpergröße (für Dosierungen, BMI (Body-Mass-Index), Verlauf)
    • Inspektion – Fokus auf Zeichen hämodynamischer Instabilität (instabile Kreislaufverhältnisse) und Herzinsuffizienz (Herzschwäche):
      • Allgemeinzustand [Unruhe, Angst, Vigilanzminderung (verminderte Wachheit)]
      • Haut und Schleimhäute [Blässe, kalter Schweiß, Zyanose (Blaufärbung)]
      • Zeichen der peripheren Minderperfusion (verminderte Durchblutung der Körperperipherie) [kalte Extremitäten, verlängerte Rekapillarisierungszeit]
      • Halsvenen [Halsvenenstauung bei Rechtsherzbelastung (Belastung der rechten Herzhälfte)]
      • Atemarbeit [Dyspnoe (Atemnot), Einsatz der Atemhilfsmuskulatur]
    • Palpation (Abtasten):
      • Periphere Pulse [Abschwächung, Seitenunterschiede]
      • Thoraxschmerz durch Druck provozierbar? [Hinweis auf muskuloskelettale Ursache (Ursache aus Muskeln oder Skelett)]
      • Ödeme der unteren Extremitäten (Wassereinlagerungen in den Beinen) [chronische oder akute Herzinsuffizienz]
    • Auskultation des Herzens – zum Nachweis akuter oder vorbestehender kardialer Pathologien (Herzerkrankungen):
      • Herztöne [abgeschwächt, Zusatzgeräusche]
      • Herzgeräusche [neu aufgetretene systolische Geräusche bei Papillarmuskelinsuffizienz (Undichtigkeit der Mitralklappe durch Muskelschaden), Vitien (Herzklappenfehler)]
      • Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen) [absolute Arrhythmie, Extrasystolen]
    • Auskultation der Lunge – zur Differenzialdiagnose von Dyspnoe und Thoraxschmerz:
      • Rasselgeräusche [Lungenstauung, akutes Lungenödem (Flüssigkeit in der Lunge)]
      • Abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch [Pneumothorax (Luft im Brustraum mit Lungenkollaps)]
      • Giemen [Asthma bronchiale (chronische Atemwegserkrankung), akute Bronchitis (akute Entzündung der Bronchien)]
      • Pleurareiben [Pleuritis (Rippenfellentzündung)]
      • Feinblasige Rasselgeräusche [Pneumonie (Lungenentzündung)]
    • Abdominelle Untersuchung – insbesondere bei Rechtsherzbelastung oder Schock (schweres Kreislaufversagen):
      • Lebervergrößerung [Stauungsleber (Leberstauung durch Herzschwäche)]
      • Druckschmerz [Differenzialdiagnose abdomineller Ursachen (Bauchursachen)]
    • Neurologischer Kurzstatus (kurze Untersuchung des Nervensystems):
      • Bewusstseinslage
      • Fokale neurologische Defizite (umschriebene Ausfälle) [Hinweis auf zerebrale Embolie (Gefäßverschluss im Gehirn) oder Hypoperfusion (Minderdurchblutung)]
  • Verlaufsorientierte Untersuchung – im Rahmen von Monitoring (Überwachung) und Nachbehandlung:
    • Serielle Reevaluation der Vitalparameter
    • Verlaufskontrolle von Zeichen der Herzinsuffizienz oder des kardiogenen Schocks (durch das Herz verursachtes Kreislaufversagen)
    • Beurteilung der Belastbarkeit und Dyspnoe im stationären Verlauf
  • Gesundheitscheck im weiteren Verlauf – sekundärpräventiv orientiert (Vorbeugung weiterer Ereignisse):
    • Erfassung kardiovaskulärer Risikofaktoren (Risikofaktoren für Herz- und Gefäßerkrankungen)
    • Screening auf Begleiterkrankungen mit prognostischer Relevanz
    • Grundlage für Rehabilitations- und Nachsorgekonzepte

Hinweis: In eckigen Klammern [ ] sind typische pathologische (krankhafte) Befunde oder klinisch relevante Konstellationen aufgeführt, die im Kontext eines akuten Koronarsyndroms besondere diagnostische oder therapeutische Konsequenzen haben können.