Vaginales Relaxationssyndrom – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik des vaginalen Relaxationssyndroms dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie gehäuft Beckenbodenfunktionsstörungen (z. B. Genitalprolaps (Beckenbodensenkung), Harn- oder Stuhlinkontinenz)?
  • Liegen Hinweise auf genetisch bedingte Bindegewebsschwächen vor (Kollagenerkrankungen, z. B. Ehlers-Danlos-Syndrom, Marfan-Syndrom)?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Bestehen berufliche Belastungen, die mit regelmäßigem Heben schwerer Lasten oder langem Stehen verbunden sind?
    • Sind Sie am Arbeitsplatz Bedingungen ausgesetzt, die chronischen Husten begünstigen (z. B. Staub, Rauch)?
    • Sind Sie aktuell arbeitslos?
  • Gibt es psychosoziale Belastungen aufgrund von Partnerschafts- oder Sexualproblemen im Zusammenhang mit den Beschwerden?

Sexualanamnese

  • Besteht derzeit eine feste Partnerschaft?
  • Haben Sie seit Beginn der Beschwerden Veränderungen in der sexuellen Sensibilität bemerkt?
  • Relevante Beschwerden im Zusammenhang mit Sexualkontakten:
    • Leiden Sie unter:
      • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr?
      • Verminderte Befeuchtung der Scheide bei sexueller Erregung?
      • Eingeschränktem Orgasmuserleben?
    • Hat Ihr Partner eine Veränderung in der Wahrnehmung („zu weite Vagina“) geäußert?
  • Kinderwunsch und Verhütung:
    • Besteht aktuell ein Kinderwunsch oder eine laufende hormonelle Kinderwunschbehandlung?
    • Besteht eine Schwangerschaft oder die Möglichkeit einer Schwangerschaft?
    • Welche Verhütungsmethoden wenden Sie an?
    • Bestehen Unverträglichkeiten gegenüber bestimmten Verhütungsmitteln (z. B. Latexallergie)?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Haben Sie ein subjektives Gefühl einer vaginalen Weite (in Ruhe, bei Belastung oder beim Sexualkontakt)?
  • Treten Begleitsymptome wie Belastungsinkontinenz, Drangsymptome oder Senkungsbeschwerden auf?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden und wie haben sie sich entwickelt (akut oder chronisch)?
  • Welche Faktoren waren möglicherweise auslösend (z. B. Geburt, Operation, Sport, Menopause)?
  • Schmerzanamnese:
    • Treten Schmerzen im Zusammenhang mit den Beschwerden auf (z. B. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr)? Falls ja:
      • Wo sind die Schmerzen lokalisiert (z. B. tief vaginal)?
      • Wie würden Sie die Schmerzen beschreiben (z. B. stechend, dumpf, ziehend, brennend)?
      • Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 0 bis 10?
        • 0-2: kein/kaum Schmerz
        • 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt
        • 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen
        • 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz
        • 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient „möchte schreien“ oder schreit tatsächlich
      • Seit wann bestehen die Schmerzen? Haben sie sich verändert oder verstärkt?
      • Wie lange dauern die Schmerzen an, und treten sie kontinuierlich oder episodisch auf?
      • Strahlen die Schmerzen aus?
      • Sind die Schmerzen abhängig von der Atmung?
      • Verstärken sich die Schmerzen bei Belastung/Bewegung, oder werden sie dann besser?
      • Treten die Schmerzen in Ruhe oder bei bestimmten äußeren Faktoren (z. B. Wetterveränderungen) auf?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Leiden Sie unter Appetitlosigkeit oder Appetitveränderungen?
  • Sind Sie übergewichtig? Geben Sie uns bitte Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Wie viel trinken Sie täglich?
  • Treiben Sie Sport? Wenn ja, welche Sportart und wie oft wöchentlich?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Genitalprolaps (Beckenbodensenkung)?
    • Inkontinenz?
    • Chronische Lungenerkrankungen?
    • Neurologische Erkrankungen?
  • Wurden Operationen im Beckenbereich durchgeführt (z. B. Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter), Beckenbodenrekonstruktionen)?
  • Wie verliefen Schwangerschaften und Geburten?

Medikamentenanamnese

  • Nehmen Sie aktuell Medikamente ein, die die Beschwerden beeinflussen können (z. B. Antiöstrogene, Langzeit-Glukokortikoide)?

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Autoren: Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring

Literatur 

  1. Newman R, Campbell PC, Gooneratne ML et al.: Genito-Pelvic Vaginal Laxity: Classification, Etiology, Symptomatology, and Treatment Considerations. Curr Sex Health Rep. 2018;10:222-236. doi:10.1007/s11930-018-0168-z.
  2. Pauls RN, Fellner AN, Davila GW: Vaginal laxity: a poorly understood quality of life problem; a survey of physician members of the IUGA. Int Urogynecol J. 2012;23(10):1435-1448. doi:10.1007/s00192-012-1757-4.
  3. Qureshi AA, Sharma K, Thornton M et al.: Vaginal laxity, sexual distress, and sexual dysfunction. Aesthet Surg J. 2018;38(8):873-880. doi:10.1093/asj/sjx255.