Schwermetalle und Umweltanalytik
Schwermetalle gehören zu den häufigsten umweltmedizinisch relevanten Schadstoffen. Aufgrund ihrer Persistenz, ihrer Fähigkeit zur Akkumulation im menschlichen Organismus und ihrer toxischen Wirkungen selbst bei geringer Exposition ist ihre Erfassung in der Umweltanalytik von zentraler Bedeutung. Die Exposition erfolgt meist über Trinkwasser, Nahrung, Luft oder Hausstaub. Ziel dieses Artikels ist es, die wichtigsten Schwermetalle im Hinblick auf Umweltquellen, toxische Wirkungen, Grenzwerte und diagnostische Verfahren darzustellen.
Aluminium
Aluminium ist ein Leichtmetall, das in zahlreichen Alltagsprodukten vorkommt. Es kann über Kosmetika, Nahrung oder Medikamente aufgenommen werden.
- Quellen: Kochgeschirr, Antitranspirantien, Lebensmittelzusatzstoffe, Medikamente
- Wirkung: Neurotoxisch bei chronischer Exposition (z. B. mit Alzheimer assoziiert)
- Tolerable Weekly Intake (TWI): 1 mg/kg Körpergewicht/Woche
- Tagesaufnahme: ca. 10 mg/Tag bei 70 kg Körpergewicht
Blei
Blei ist ein Schwermetall mit hoher Umweltpersistenz. Besonders bei Kindern kann es bereits in sehr niedrigen Konzentrationen neurotoxisch wirken.
- Quellen: Altbauten mit Bleirohren, bleihaltige Keramik, kontaminierte Lebensmittel, Akkumulatoren
- Wirkung: Neurotoxisch (Nervensystem schädigend), hämatotoxisch (Blutsystem schädigend), Störung des Calcium- und Vitamin-D-Stoffwechsels
- TDI: Kein sicherer Schwellenwert ableitbar
Cadmium
Cadmium wird durch industrielle Prozesse, Düngemittel und Tabakrauch verbreitet und reichert sich in Nieren und Knochen an.
- Quellen: Akkus, Korrosionsschutz, PVC-Stabilisatoren, Tabak, Phosphatdünger, Pilze
- Wirkung: Nierentoxisch (Nieren schädigend), osteotoxisch (Knochen schädigend), immunsuppressiv
- TWI: 2,5 µg/kg Körpergewicht/Woche
- Tagesaufnahme: ca. 25 µg/Tag bei 70 kg Körpergewicht
Chrom
Chrom liegt in unterschiedlichen Oxidationsstufen vor. Während Chrom(III) essenziell ist, gilt Chrom(VI) als krebserregend.
- Quellen: Metallverarbeitung, Lederindustrie, Farbstoffe
- Wirkung: Chrom(VI) ist kanzerogen (krebserregend); Chrom(III) essenziell in Spuren
- TDI: 0,3 mg/Tag für Chrom(III); für Chrom(VI) keine sichere Dosis
Cobalt
Cobalt ist Bestandteil von Vitamin B12. In der Industrie spielt es eine Rolle bei Akkus und Farbpigmenten.
- Quellen: Akkus, Pigmente, Legierungen
- Wirkung: Allergisierend, kardiotoxisch (Herz schädigend), inhalativ toxisch
- TDI: 1-1,4 µg/kg Körpergewicht/Tag
- Tagesaufnahme: ca. 70-100 µg/Tag bei 70 kg Körpergewicht
Eisen
Eisen ist lebensnotwendig, kann bei Überladung (z. B. genetisch bedingt) toxisch wirken.
- Quellen: Nahrung, eisenhaltige Industrieemissionen
- Wirkung: Organschäden bei Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit), oxidativer Stress
- UL: 45 mg/Tag
Kupfer
Kupfer ist essenziell für den Organismus, kann aber bei chronischer Exposition toxisch wirken.
- Quellen: Wasserleitungen, Leber, Kakao, Kaffee
- Wirkung: Lebertoxizität (Leber schädigend), oxidative Zellschäden
- UL: 5 mg/Tag
- Hinweis: Keine Nahrungsergänzung bei Gesunden empfohlen [1]
- Epidemiologie: Erhöhter Serumkupfer mit erhöhtem Krebsrisiko assoziiert [2]
Mangan
Mangan ist essenziell, wird aber bei chronischer inhalativer Exposition neurotoxisch.
- Quellen: Düngemittel, Schweißrauch, Batterien
- Wirkung: Parkinsonoide Symptome bei Überexposition
- UL: 11 mg/Tag
Quecksilber
Quecksilber tritt in anorganischer und organischer Form auf. Methylquecksilber aus Fisch ist besonders toxisch.
- Quellen: Fisch, Amalgamfüllungen, Industrieemissionen
- Wirkung: Neurotoxisch (Nerven schädigend), nephrotoxisch (Nieren schädigend), zytotoxisch
- Provisional Tolerable Weekly Intake (PTWI): 1,6 µg/kg Körpergewicht/Woche
- Tagesaufnahme: ca. 16 µg/Tag bei 70 kg Körpergewicht
Thallium
Thallium ist ein hochtoxisches Schwermetall, das vor allem in Altlasten und Elektronikabfällen vorkommt.
- Quellen: Altlasten, Elektronikindustrie
- Wirkung: Polyneuropathie (Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die mehrere Nerven betreffen), gastrointestinale Symptome (Magen-Darm-Symptome), Alopezie (Haarausfall)
- TDI: ca. 0,07 µg/kg Körpergewicht/Tag
- Tagesaufnahme: ca. 5 µg/Tag bei 70 kg Körpergewicht
Zink
Zink ist essenziell für zahlreiche Enzymsysteme, kann aber bei Überdosierung andere Spurenelemente wie Kupfer verdrängen.
- Quellen: Nahrung, Nahrungsergänzungsmittel, Industrie
- Wirkung: Antioxidativ, bei Überdosierung: Kupfermangel
- UL: 25 mg/Tag
Übersichtstabelle – Schwermetalle in der Umweltanalytik
Schwermetall | Hauptquelle | TDI/TWI/UL | Toxische Wirkung | Diagnostikverfahren |
---|---|---|---|---|
Aluminium | Kochgeschirr, Kosmetika, Lebensmittelzusätze | 10 mg/Tag | Neurotoxisch | Urin, Serum |
Blei | Altbauten, Keramik, Lebensmittel | Kein Schwellenwert | Neurotoxisch, hämatotoxisch | Blutbleispiegel |
Cadmium | Akkus, Dünger, Tabak | 25 µg/Tag | Nierenschäden, Osteoporose | Urin, Blut |
Chrom (VI) | Farben, Leder, Industrie | Keine sichere Dosis | Kanzerogen | Urin, Blut |
Cobalt | Akkus, Pigmente | 70–100 µg/Tag | Allergien, Kardiotoxizität | Blut, Urin |
Eisen | Nahrung, Industrie | 45 mg/Tag | Hämochromatose, Organschäden | Ferritin, Transferrinsättigung |
Kupfer | Wasserleitungen, Leber, Kakao | 5 mg/Tag | Lebertoxisch, oxidativer Stress | Serum, Coeruloplasmin |
Mangan | Düngemittel, Schweißrauch | 11 mg/Tag | Neurotoxisch | Urin, ggf. MRT |
Quecksilber | Fisch, Amalgam | 16 µg/Tag | Neurotoxisch, nephrotoxisch | Urin, DMPS-Test, RAST |
Thallium | Altlasten, Elektronik | 5 µg/Tag | Polyneuropathie, Alopezie | Urin, Haaranalyse |
Zink | Nahrung, Supplemente | 25 mg/Tag | Kupfermangel bei Überdosierung | Serum, Vollblut |
Legende
- TDI = Tolerable Daily Intake
- TWI = Tolerable Weekly Intake
- UL = Upper Level Intake
- PTWI = Provisional Tolerable Weekly Intake
- DMPS = Dimercaptopropansulfonsäure
- RAST = Radio-Allergo-Sorbent-Test
Literatur
- Bundesinstitut für Risikobewertung. Verwendung von Mineralstoffen in Lebensmitteln – Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte. A. Domke, R. Großklaus, B. Niemann, H. Przyrembel, K. Richter, E. Schmidt, A. Weißenborn, B. Wörner, R. Ziegenhagen (Hrsg.), Kap. 15, Seiten 279-291, BfR-Wissenschaft 04/2004, Berlin (2004)
- Wu T, Sempos CT, Freudenheim JL, Muti P, Smit E: Serum iron, copper and zinc concentrations and risk of cancer mortality in US adults. Ann Epidemiol. 2004 Mar;14(3):195-201