Dioxine und Furane

Dioxine und Furane sind polychlorierte aromatische Verbindungen (chemische Schadstoffe), die zur Gruppe der sogenannten persistenten organischen Schadstoffe (besonders langlebige Umweltgifte) gehören. Sie entstehen unbeabsichtigt bei industriellen und thermischen Prozessen und reichern sich in der Umwelt und im menschlichen Fettgewebe an. In der Umweltmedizin dienen sie als Indikatoren für eine chronische Belastung mit Umweltgiften.

Synonyme

  • Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD)
  • Polychlorierte Dibenzofurane (PCDF)
  • Dioxin-ähnliche Verbindungen

Vorkommen und Expositionsquellen

  • Industrieemissionen – Entstehen z. B. bei der Müllverbrennung, Metallverhüttung, Zementproduktion und chemischen Syntheseverfahren.
  • Unvollständige Verbrennung – Bei Hausbrand (Holzöfen, Kohle), Lagerfeuern und insbesondere bei der offenen Verbrennung von Kunststoffabfällen.
  • Nahrungsmittel – Anreicherung insbesondere in fettreichen tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Milch und Eiern.
  • Wohnumfeld – Belastung durch mit Holzschutzmitteln behandeltes Holz, alte Farben und Baumaterialien.
  • Berufliche Exposition – Erhöhte Belastung bei Beschäftigten in der Metallindustrie, Abfallwirtschaft und Landwirtschaft (z. B. Einsatz chlororganischer Herbizide).

Toxikologie und gesundheitliche Wirkung

  • Bioakkumulation – Anreicherung bevorzugt im Fettgewebe von Mensch und Tier, mit sehr langer biologischer Halbwertszeit (bis zu 20 Jahre).
  • Immuntoxizität – Beeinträchtigung der Immunantwort (Abwehrreaktion des Körpers), insbesondere bei frühkindlicher Belastung.
  • Endokrine Disruption – Störung hormoneller Regelkreise (z. B. Schilddrüse, Sexualhormone).
  • Reproduktionstoxizität – Schädigung der Fruchtbarkeit und der embryonalen Entwicklung (Entwicklung des ungeborenen Kindes).
  • Kanzerogenität – Einstufung als „menschliches Karzinogen“ (krebserregend) durch die Internationale Krebsagentur (IARC); Zusammenhang mit bestimmten Krebsarten wie Lymphomen, Weichteilsarkomen und Leberkrebs.

Das Verfahren

  • Benötigtes Material
    • Serum 
    • Muttermilch (zur Untersuchung bei stillenden Müttern)
    • Fettgewebe (nur bei speziellen Fragestellungen)
  • Vorbereitung des Patienten
    • Keine spezielle Vorbereitung notwendig
  • Störfaktoren
    • Hämolyse (Zellzerfall im Blut), Lipämie (Fettüberschuss im Blut)
    • Gewichtsschwankungen
    • Medikamente mit Einfluss auf die Leberfunktion
  • Methode
    • Hochauflösende Gaschromatographie und Massenspektrometrie (hochpräzises Laborverfahren)
    • Bewertung anhand von Toxizitätsäquivalenten (Vergleichswerten für die Giftigkeit)

Normbereiche (je nach Labor)

Matrix Referenzbereich
Serum (lipidadjustiert) < 15 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett
Muttermilch < 10 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett
Fettgewebe Keine allgemein gültigen Referenzwerte – nur Speziallabore

Normbereiche sind methoden- und laborabhängig

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Umweltmedizinische Abklärung einer langfristigen Belastung
  • Rückstandsanalytik nach Skandalen oder Vergiftungen
  • Berufliche Gefährdung durch Industrie- oder Chemiearbeit
  • Stillende Frauen zur Belastungseinschätzung über Muttermilch
  • Studien zur allgemeinen Umweltbelastung

Interpretation

  • Erhöhte Werte
    • Langfristige Aufnahme über belastete Lebensmittel
    • Belastung am Arbeitsplatz
    • Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft oder über die Muttermilch
  • Erniedrigte Werte
    • Keine besondere Belastung feststellbar
    • Gesunde Ernährung mit geringer Aufnahme tierischer Fette
  • Spezifische Konstellationen
    • Einzelne Schadstoffe können auf bestimmte Ursachen hinweisen (z. B. chemische Industrie oder offene Feuer)
    • Detaillierte Vergleiche mit anderen Schadstoffen wie PCB möglich

Weiterführende Diagnostik

  • Ergänzende Laboruntersuchungen
    • Leberwerte (ALT, AST, Gamma-GT)
    • Blutfette (Cholesterin, Triglyzeride, HDL, LDL)
    • Schilddrüsenhormone (TSH, fT3, fT4)
    • Immunwerte (z. B. Immunglobuline)
  • Funktionstests
    • Hormonuntersuchungen bei Störungen
    • Entwicklungsbeurteilung bei Kindern nach möglicher Belastung

Literatur

  1. WHO. Dioxins and their effects on human health. Fact Sheet No. 225. 2016. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/dioxins-and-their-effects-on-human-health