Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS)

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind eine Gruppe synthetischer organischer Verbindungen (künstlich hergestellter chemischer Stoffe), die durch eine oder mehrere perfluorierte Kohlenstoffketten (vollständig fluorierte Kohlenstoffverbindungen) gekennzeichnet sind. Aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften werden sie in zahlreichen industriellen Anwendungen und Konsumprodukten eingesetzt. PFAS sind umweltpersistent (nicht abbaubar in der Umwelt) und bioakkumulativ (sammeln sich im Körper an) und stehen in Verdacht, toxische Wirkungen (giftige Effekte) auf verschiedene Organsysteme zu entfalten.

Vorkommen und Expositionsquellen

  • Industrie und Konsumprodukte
    • Herstellung wasser- und schmutzabweisender Textilien, Papierprodukte, Teppiche, Imprägnierungen
    • Einsatz in Feuerlöschschäumen (besonders PFOS-haltige Schaummittel), Lacken, Farben, Pestiziden, Schmiermitteln
  • Nahrungsmittel
    • Kontamination durch Verpackungsmaterialien, belastetes Trinkwasser oder durch die Nahrungskette (insbesondere Fisch, Fleisch, Eier)
  • Trinkwasser
    • Hohe Belastungen in Regionen mit industrieller PFAS-Nutzung, insbesondere in der Nähe von Chemiewerken oder Militäranlagen
  • Berufliche Exposition
    • Arbeit in der chemischen Industrie, Reinigung, Feuerwehr, Abfallwirtschaft

Toxikologie und gesundheitliche Wirkung

  • Bioakkumulation (Anreicherung im Körper)
    • Lange biologische Halbwertszeiten (z. B. PFOA: 2-4 Jahre; PFOS: bis zu 5 Jahre)
  • Hepatotoxizität (Leberschädigung)
    • Erhöhte Leberenzyme, Steatosen (Fettleber), potenziell Leberzellkarzinom (Leberkrebs) in Tiermodellen
  • Endokrine Disruption (Hormonstörung)
    • Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion, Reproduktion und hormonelle Regulation
  • Immunmodulation (Veränderung der Immunantwort)
    • Schwächung der Immunantwort, verminderte Antikörperbildung nach Impfungen
  • Karzinogenität (Krebserregendes Potenzial)
    • Klassifikation als möglicherweise krebserregend (IARC Gruppe 2B für PFOA)
  • Weitere Effekte
    • Erhöhtes Risiko für Hypercholesterinämie (erhöhtes Cholesterin), Schwangerschaftskomplikationen, Nierenerkrankungen

Das Verfahren

  • Benötigtes Material
    • Serum oder Plasma (Blutbestandteile)
    • 24-Stunden-Urin (gesammelter Urin über einen Tag zur Belastungsabschätzung)
  • Vorbereitung des Patienten
    • Keine spezielle Vorbereitung notwendig
  • Störfaktoren
    • Lipämie (Fett im Blut), Lagerbedingungen, Kreuzkontamination bei Probenentnahme (z. B. durch fluorhaltige Materialien)
  • Methode
    • Flüssigchromatographie gekoppelt mit Tandem-Massenspektrometrie (Laborverfahren zur genauen Stoffbestimmung)
    • Bestimmung einzelner PFAS wie PFOA, PFOS, PFHxS, PFNA u. a.

Normbereiche (je nach Labor)

Analytspezifisch und methodenabhängig; derzeit keine verbindlichen medizinischen Referenzwerte

  • Hintergrundwerte im Serum (allgemeine Bevölkerung, Deutschland, Median):
    • PFOS: < 5 ng/ml
    • PFOA: < 2 ng/ml
    • PFHxS: < 1 ng/ml

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Expositionsanalytik (Untersuchung auf Umweltkontakt)
    • Umweltmedizinische Fragestellung, berufliche Exposition, Trinkwasserbelastung
  • Differenzialdiagnostik (Ursachensuche bei Erkrankungen)
    • Ursachenklärung bei erhöhten Cholesterinwerten, Fertilitätsstörungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen
  • Risikogruppen-Überwachung
    • Kinder, Schwangere, Personen mit Autoimmunerkrankungen (Erkrankungen des Immunsystems), immunsupprimierte Patienten
  • Langzeitüberwachung
    • Verlaufskontrolle bei bekannter Belastung oder Dekontaminationsstrategien

Interpretation

  • Erhöhte Werte
    • Hinweis auf chronische oder akute Exposition (dauerhafte oder plötzliche Aufnahme)
    • Korrelation mit bestimmten Krankheitsbildern möglich (z. B. Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung), Leberwerterhöhung)
  • Spezifische Konstellationen
    • Kombination mehrerer PFAS im Hochbereich: Verdacht auf berufliche oder akzidentelle Hochdosisexposition (Unfall- oder Berufsexposition)
    • Einzelwerte > 10 ng/ml: toxikologisch relevant, ggf. Meldung an Gesundheitsbehörden
  • Erniedrigte Werte
    • Kein Ausschluss einer früheren Exposition aufgrund langer Halbwertszeiten

Weiterführende Diagnostik

  • Ergänzende Laborparameter
    • Leberwerte (ALT, AST, GGT), Lipidprofil (LDL, HDL, Gesamtcholesterin), Schilddrüsenhormone (TSH, fT3, fT4)
    • Immunstatus (Abwehrlage des Immunsystems – IgG, IgA, IgM)
  • Bildgebende Verfahren
    • Bei klinischem Verdacht auf Organmanifestation (z. B. Abdomen-Sonographie (Ultraschalluntersuchung des Bauches))
  • Verlaufskontrolle
    • Wiederholungsmessungen in Intervallen von 6-12 Monaten bei nachgewiesener Exposition

Literatur

  1. Sunderland EM, Hu XC, Dassuncao C et al.: A review of the pathways of human exposure to poly- and perfluoroalkyl substances (PFASs) and present understanding of health effects. J Expo Sci Environ Epidemiol. 2019;29(2):131-147. https://doi.org/10.1038/s41370-018-0094-1
  2. Grandjean P, Clapp R. Perfluorinated Alkyl Substances: Emerging Insights Into Health Risks. New Solutions. 2015;25(2):147-163. https://doi.org/10.1177/1048291115590506
  3. EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM). Risk to human health related to the presence of perfluoroalkyl substances in food. EFSA Journal. 2020;18(9):6223. https://doi.org/10.2903/j.efsa.2020.6223