Phenylketonurie – Medikamentöse Therapie
Therapieziele
- Senkung des Phenylalaninspiegels in den altersabhängigen Zielbereich
- Verhinderung neurotoxischer Folgeschäden durch Hyperphenylalaninämie
- Vermeidung kognitiver, neurologischer und psychiatrischer Langzeitfolgen
- Sicherstellung einer stabilen Stoffwechseleinstellung auch im Erwachsenenalter
- Verbesserung der Therapietreue durch individualisierte Therapieoptionen
Therapieempfehlungen
- Primär diätetische Phenylalaninrestriktion mit lebenslanger Anpassung des Zielbereichs.
- Pharmakotherapie additiv abhängig vom PKU-Subtyp:
- Sapropterin bei nachgewiesener BH4-Sensitivität
- Pegvaliase (PEG-PAL) bei erwachsenen Patienten mit unzureichender Stoffwechselkontrolle trotz Diät und ggf. Sapropterin
- Regelmäßige Kontrolle der Phenylalaninspiegel gemäß Leitlinie.
- Kombination pharmakologischer Therapieformen möglich, wenn klinisch sinnvoll (z. B. diätetische Restriktion plus Sapropterin).
- Ergänzende Gabe von Aminosäurenmischungen/medizinischer Formulanahrung zur Deckung des Proteinbedarfs und Sicherstellung der Mikronährstoffzufuhr.
Wirkstoffe
| Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe | Dosierungen | Besonderheiten |
|---|---|---|---|
| BH4-Analoga | Sapropterin | 10-20 mg/kg/Tag oral | Nur wirksam bei BH4-responsiver PKU; vorheriger BH4-Loading-Test erforderlich |
| Enzymersatz (rekombinante Phenylalanin-Ammoniak-Lyase) | Pegvaliase (PEG-PAL) | Titrationsschema: Start 2,5 mg s.c. 1×/Woche; schrittweise Steigerung bis Erhaltungsdosis 20-60 mg s.c. täglich | Nur für Erwachsene; hohes Risiko immunvermittelter Reaktionen; engmaschige Überwachung notwendig |
Sapropterin
- Wirkweise:
- Erhöhung der Restaktivität der Phenylalaninhydroxylase durch Bereitstellung eines funktionellen BH4-Kofaktors
- Verbesserung der Phenylalanintoleranz, Senkung des Phenylalaninspiegels
- Indikationen:
- Bestätigte BH4-sensitive PKU
- Ergänzend zur diätetischen Therapie zur Erweiterung der Phenylalaninaufnahme
- Einsatz bei Kindern und Erwachsenen möglich
- Kontraindikationen:
- Überempfindlichkeit gegen Sapropterin oder Bestandteile
- Vorsicht bei Begleiterkrankungen der Atemwege
- Nebenwirkungen:
- Kopfschmerzen
- Infekte der oberen Atemwege
- Übelkeit
- Diarrhoe
- Abdominalschmerzen
- Selten erhöhte Leberenzyme
Pegvaliase (PEG-PAL)
- Wirkweise:
- Enzymatische Umwandlung von Phenylalanin in trans-Zimtsäure und Ammoniak durch Phenylalanin-Ammoniak-Lyase
- Wirksam unabhängig von Phenylalaninhydroxylase; daher auch bei schwerster Enzymrestaktivität einsetzbar
- Indikationen:
- Erwachsene Patienten mit PKU
- Unzureichende Kontrolle der Phenylalaninspiegel trotz Diät und ggf. Sapropterin
- Besonders geeignet bei klassischer PKU mit hohem Ausgangsphenylalaninspiegel
- Kontraindikationen:
- Hypersensitivität gegen Pegvaliase
- Relative Kontraindikation bei schwerer nicht kontrollierter Asthmaerkrankung oder Anaphylaxierisiko
- Nebenwirkungen:
- Häufig: Arthralgien, Reaktionen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Fatigue
- Häufig immunvermittelte Reaktionen
- Risiko schwerer anaphylaktischer Reaktionen (Adrenalin-Autoinjektor verpflichtend)
- Exanthem, Myalgien
Supplementierung
- Aminosäurenmischungen/medizinische Formulanahrung zur Sicherstellung des Proteinbedarfs ohne zusätzliche Phenylalaninbelastung
- Zufuhr essenzieller Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) über spezialisierte PKU-Formulanahrungen
- Einsatz lebenslang erforderlich bei klassischer PKU und in allen Fällen mit begrenzter natürlicher Proteinzufuhr
- Angepasste Supplementierungsstrategien in Schwangerschaft und Stillzeit erforderlich