Phenylketonurie – Körperliche Untersuchung
Die körperliche Untersuchung dient der Erfassung neurologischer, dermatologischer und entwicklungsbezogener Auffälligkeiten, die durch eine unbehandelte oder unzureichend behandelte Phenylketonurie entstehen können.
Allgemeiner klinischer Eindruck
- Vigilanz, Bewusstseinslage, Kontaktaufnahme
- Allgemeiner Entwicklungsstand – motorisch, sprachlich, sozial
- Körperproportionen und Ernährungszustand – Untergewicht, Gedeihstörung, Adipositas
Haut, Haare, Nägel
- Hautfarbe – Hypopigmentierung im Vergleich zu Familienangehörigen
- Haare – blondes oder deutlich helleres Haar bei nicht entsprechendem familiärem Phänotyp
- Ekzematöse Hautveränderungen – atopische Dermatitis, Exsikkationsekzem
- Auffälligkeiten an Nägeln – brüchige Nägel, Kratzartefakte bei Pruritus
Neurologischer Befund
- Muskeltonus – Hypotonie oder Hypertonie
- Muskelkraft und -trophik – Muskelschwäche, Atrophien
- Reflexstatus – abgeschwächte, lebhafte oder pathologische Reflexe
- Extrapyramidale Zeichen – Tremor, Rigor, Dystonien
- Gangbild – ataktischer, spastischer oder unsicherer Gang
- Koordinationsstörungen – z. B. Dysmetrie, Intentionstremor
- Krampfzeichen – Hinweise auf epileptische Anfallsbereitschaft
Kognitive und psychomotorische Entwicklung
- Hinweise auf intellektuelle Entwicklungsverzögerung – z. B. Schulprobleme, reduzierte kognitive Leistungsfähigkeit
- Sprachentwicklung – verspäteter Sprachbeginn, eingeschränkter Wortschatz, Artikulationsstörungen
- Aufmerksamkeit und Konzentration – Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörungen, Impulsivität
- Sozialverhalten – Auffälligkeiten im Umgang mit Bezugspersonen und Gleichaltrigen
Gastrointestinaltrakt und Ernährungsstatus
- Inspektion des Abdomens – Geblähtheit, Operationsnarben, Asymmetrien
- Palpation – Lebergröße, ggf. Hepatomegalie
- Beurteilung der Körperzusammensetzung – Untergewicht, Übergewicht, Sarkopenie
- Gedeihstörung – Abgleich mit Perzentilen (Körpergröße, Gewicht, Kopfumfang)
Geruch
- Prüfung auf typischen „mausartigen“ Körper- oder Uringeruch – Hinweis auf erhöhte Phenylacetat-Konzentrationen bei unzureichender Stoffwechselkontrolle
Augen
- Nystagmus – horizontale oder vertikale Augenbewegungsstörungen
- Strabismus – Schielen
- Beurteilung der visuellen Entwicklung – Fixations- und Folgebewegungen, Blickkontakt
Ohren und Hörvermögen
- Klinische Beurteilung des Hörvermögens – Reaktion auf akustische Reize
- Kontrolle der Befunde aus dem Neugeborenen-Hörscreening bzw. weiterführender Audiometrie
Motorik
- Grobmotorik – freies Gehen, Laufen, Springen, Treppensteigen
- Feinmotorik – Greiffunktion, Stifthaltung, zielgerichtete Handbewegungen
- Gleichgewicht – Standversuche, Einbeinstand, Romberg-Test
Psyche und Verhalten
- Affektlage – Reizbarkeit, depressive Stimmung, emotionale Labilität
- Verhaltensauffälligkeiten – Aggressivität, autistische Züge, soziale Rückzugstendenz
- Hinweise auf Angststörungen oder andere psychische Komorbiditäten