Phenylketonurie – Klassifikation

Die Klassifikation der Phenylketonurie (PKU) erfolgt international anhand der unbehandelten Phenylalaninkonzentration im Plasma. Sie reflektiert die Restaktivität der Phenylalaninhydroxylase (PAH) und ermöglicht eine Differenzierung des Schweregrades, der therapeutischen Optionen sowie des Risikos für neurotoxische Folgeschäden. Die Einteilung ist Grundlage aller modernen Diagnostik- und Therapieempfehlungen.

  • Klassische PKU – Phenylalanin > 1200 µmol/l
    • nahezu vollständiger Verlust der PAH-Aktivität
    • stärkstes Risiko neurotoxischer Effekte
    • strikte, lebenslange Phenylalaninrestriktion erforderlich
    • oft kein Ansprechen auf Sapropterin
    • häufig biallelische Null- oder schwere Missense-Mutationen
  • Moderate PKU – Phenylalanin 600-1200 µmol/l
    • deutlich verminderte, aber nachweisbare PAH-Restaktivität
    • intermediäres Risiko für neurokognitive Beeinträchtigungen
    • teils Ansprechen auf Sapropterin möglich
    • heterogene Mutationskonstellationen (Missense/Splicing)
  • Mild-PKU – Phenylalanin 360-600 µmol/l
    • ausgeprägte, aber nicht ausreichende PAH-Restaktivität
    • oft deutliche Senkung der Phenylalaninwerte unter BH4-Gabe
    • erweiterte diätetische Spielräume
    • in vielen Fällen Sapropterin-responsive Varianten
  • Hyperphenylalaninämie (HPA) – Phenylalanin 120-360 µmol/l
    • geringer Schweregrad
    • neurotoxisches Risiko niedriger, aber nicht ausgeschlossen
    • häufig stabile Stoffwechsellage ohne strikte Diät
    • Restaktivität der PAH meist ausreichend
    • zunehmend differenziert durch molekulargenetische Subtypisierung
  • BH4-sensitive PKU – biochemische Reaktion auf Tetrahydrobiopterin
    • starker Abfall des Phenylalanins (> 30 %) nach BH4-Gabe
    • zugrunde liegende PAH-Mutationen oft milder Natur
    • diätetische Restriktionen häufig reduzierbar
    • gehört ätiologisch zu den PAH-defizienten PKU-Formen
    • klinisch relevant für die Indikation von Sapropterin
  • Differenzialdiagnostische BH4-Stoffwechseldefekte
    • PTS-Mangel, GCH1-Mangel, DHPR-Mangel, PCBD1-Mangel
    • biochemisch durch Pterinprofil und DHPR-Aktivität abgrenzbar
    • nicht zur PAH-defizienten PKU im engeren Sinne gehörend
    • erfordern zusätzliche Neurotransmitter-Substitution (L-Dopa/5-HT)
    • klinisch und therapeutisch eigenständiges Krankheitsbild

Die Klassifikation spiegelt sowohl den biochemischen Schweregrad als auch die therapeutische Steuerbarkeit wider. Insbesondere die Unterscheidung zwischen klassischer PKU, milden Formen und BH4-sensitiven Varianten ist für die Therapieplanung (Diät, Sapropterin, Pegvaliase) klinisch entscheidend. Die Einordnung erfolgt idealerweise unter Berücksichtigung von genetischer Diagnostik, BH4-Loadingtest und longitudinalen Phenylalaninwerten.

Leitlinien

  1. Adams AD, Fiesco-Roa MÓ, Wong LJ et al.: Phenylalanine hydroxylase deficiency treatment and management: A systematic evidence review of the American College of Medical Genetics and Genomics (ACMG). Genet Med. 2023;25(9):100358. DOI: 10.1016/j.gim.2022.12.005
  2. van Wegberg AMJ, MacDonald A, Ahring K et al.: European guidelines on diagnosis and treatment of phenylketonuria: First revision. Mol Genet Metab. 2025;145(2):109125. DOI: 10.1016/j.ymgme.2025.109125