Sport nach der Geburt – wann sind Joggen, Schwimmen und Krafttraining wieder erlaubt?

Die Rückkehr zu sportlicher Aktivität nach der Geburt ist ein zentrales Thema der postpartalen Rehabilitation (Rückbildung nach der Geburt). Dabei sollten die physiologischen Anpassungsprozesse des Körpers nach Schwangerschaft und Geburt berücksichtigt werden, um Überlastungsschäden, Funktionsstörungen und Spätfolgen zu vermeiden. Besonders betroffen sind Beckenboden, Bauchmuskulatur und das Herz-Kreislauf-System.

Grundprinzipien der Belastungssteigerung

In den ersten Wochen steht die Regeneration im Vordergrund. Rückbildungsgymnastik und sanfte Mobilisation sind erlaubt, während Sportarten mit hoher Stoßbelastung, ruckartigen Bewegungen oder starkem intraabdominellen Druck (Druck im Bauchraum) vermieden werden sollten. Entscheidend sind die Stabilität des Beckenbodens und die Rückbildung einer eventuellen Rektusdiastase (Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskeln).

Joggen
Joggen stellt eine hohe Belastung für Beckenboden und Gelenke dar. Die meisten Fachgesellschaften empfehlen, frühestens nach 12-16 Wochen wieder mit Lauftraining zu beginnen, sofern keine Komplikationen (z. B. Beckenbodenschwäche, Inkontinenz, Schmerzen) bestehen. Vor dem Start sollten klinische Tests zur Beckenboden- und Rumpfstabilität durchgeführt werden. Studien zeigen, dass Frauen mit insuffizientem Beckenboden durch zu frühes Joggen ein erhöhtes Risiko für Belastungsinkontinenz oder Organprolaps haben [1].

Schwimmen
Schwimmen gilt als gelenkschonend und eignet sich besonders in der frühen Rückbildungsphase. Allerdings sollte gewartet werden, bis Wochenfluss und eventuelle Geburtsverletzungen (z. B. Episiotomie (Dammschnitt) oder Dammriss) vollständig verheilt sind. Dies ist in der Regel nach 4-6 Wochen der Fall. Bei erfolgtem Kaiserschnitt wird ein späterer Einstieg empfohlen, sobald die Operationsnarbe stabil und reizfrei ist.

Krafttraining
Gezieltes Krafttraining ist wichtig für den Wiederaufbau der Rumpfmuskulatur und die Prävention muskulärer Dysbalancen. Empfehlenswert ist der Start mit sanften Übungen nach 6-8 Wochen, wobei der Fokus auf Rumpfstabilität, Beckenbodenübungen und kontrollierten Bewegungsabläufen liegt. Schweres Heben, Pressatmung und Training mit hohen Lasten sollten bis zur vollständigen Rückbildung einer Rektusdiastase vermieden werden. Ein progressiver Aufbau mit Widerstandsbändern, eigenem Körpergewicht und später freien Gewichten ist sinnvoll.

Praktische Tipps für die Praxis

  • Eine individuelle Untersuchung auf Beckenbodenfunktion und Rektusdiastase vor Aufnahme von Sportarten mit höherer Belastung ist essentiell.
  • Frauen mit Inkontinenz oder Druckgefühl im Beckenbodenbereich sollten vor intensiven Aktivitäten gezielt physiotherapeutisch betreut werden.
  • Sportliche Belastung sollte stets schmerzfrei erfolgen und kann nach dem Prinzip „low impact first“ gesteigert werden.

Prävention von Beschwerden

Eine zu frühe oder zu intensive Belastung kann langfristige Funktionsstörungen begünstigen. Durch gezielte Rückbildungsgymnastik, Stärkung des Beckenbodens und einen stufenweisen Trainingsaufbau lassen sich Komplikationen wie Inkontinenz, Prolaps (Vorfall) oder chronische Rektusdiastase effektiv verhindern [2, 3].

Literatur

  1. Bø K, Nygaard IE: Is Physical Activity Good or Bad for the Female Pelvic Floor? A Narrative Review. Sports Med. 2020;50(3):471-484. doi: 10.1007/s40279-019-01243-1.
  2. Deering RE, Donnelly G, Brockwell E et al.: Clinical and exercise professional opinion on designing a postpartum return-to-running training programme: an international Delphi study and consensus statement. Br J Sports Med. 2024;58(4):183-195. doi: 10.1136/bjsports-2023-107490.
  3. Gluppe SB, Engh ME, Bø K: Immediate Effect of Abdominal and Pelvic Floor Muscle Exercises on Interrecti Distance in Women With Diastasis Recti Abdominis Who Were Parous. Phys Ther. 2020;100(8):1372-1383. doi: 10.1093/ptj/pzaa070.