Rückbildung richtig machen – häufige Fehler vermeiden
Die Rückbildungsgymnastik ist ein wesentlicher Bestandteil der postpartalen Rehabilitation (Rückbildung nach der Geburt). Ziel ist es, Beckenboden, Bauch- und Rückenmuskulatur nach Schwangerschaft und Geburt wieder zu kräftigen, die Körperhaltung zu stabilisieren und möglichen Langzeitfolgen wie Inkontinenz oder einer Rektusdiastase (Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskeln in der Mitte, wodurch sich zwischen den Muskeln eine Lücke bilden kann) vorzubeugen. Damit der Trainingseffekt einsetzt, ist jedoch nicht nur das „Ob“, sondern auch das „Wie“ entscheidend. Fehler in der Rückbildung können die Beschwerden verstärken oder neue Probleme hervorrufen.
Bedeutung einer gezielten Rückbildung
Nach der Geburt ist das Bindegewebe durch die hormonellen Einflüsse von Relaxin und Östrogenen gelockert, und die Linea alba (mittige Bauchsehne) kann durch die Rektusdiastase deutlich gedehnt sein. Auch der Beckenboden ist nach vaginalen Geburten oder bei operativen Eingriffen wie einer Episiotomie (Dammschnitt) stark beansprucht. Eine systematische Rückbildung reduziert das Risiko von Senkungsbeschwerden, Belastungsinkontinenz und Rückenschmerzen.
Häufige Fehler in der Rückbildung
- Zu früher Trainingsbeginn
Ein zu intensiver Start kurz nach der Geburt kann zu einer Überlastung führen. In den ersten 6-8 Wochen nach einer Spontangeburt und 8-12 Wochen nach einem Kaiserschnitt sollte zunächst mit sanften Aktivierungen begonnen werden [1]. - Fehlende Rücksicht auf die Rektusdiastase
Viele Frauen beginnen mit klassischen Bauchübungen wie Sit-ups. Diese verstärken jedoch das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskeln. Stattdessen sind Übungen mit einer Aktivierung der tiefen Bauchmuskulatur sinnvoll [2]. - Fehlende Beckenbodenaktivierung
Ein häufiger Fehler ist es, nur die Bauchmuskeln zu trainieren und den Beckenboden außer Acht zu lassen. Dabei ist gerade das Zusammenspiel von Beckenboden- und Rumpfmuskulatur entscheidend, um die Kontinenz zu sichern und die Wirbelsäule zu stabilisieren [3]. - Überforderung durch Alltagsbelastungen
Schweres Heben, Tragen von Babyschalen oder falsche Hebetechniken belasten den Beckenboden erheblich. Ohne vorherige Stabilisierung können dadurch Symptome wie ungewollter Harnverlust auftreten. - Ungünstige Atemtechnik
Das Pressen bei Übungen oder im Alltag (z. B. beim Stuhlgang) erhöht den intraabdominellen Druck (Druck, der im Bauchraum entsteht) und belastet Beckenboden und Bauchwand zusätzlich. Eine korrekte Atemführung mit Ausatmung bei Anspannung schützt die Strukturen. - Unregelmäßigkeit oder zu frühes Abbrechen
Viele Frauen hören nach wenigen Wochen auf, sobald die ersten Beschwerden verschwinden. Dabei benötigt das Bindegewebe mehrere Monate, um sich zu regenerieren. Eine kontinuierliche, angeleitete Rückbildung über mindestens 6 Monate ist sinnvoll.
Praktische Tipps für eine erfolgreiche Rückbildung
- Beginn mit sanften Wahrnehmungsübungen für den Beckenboden
- Bauchübungen nur angepasst und ohne Druck auf die Rektusdiastase
- Alltagsbewegungen (Heben, Bücken, Tragen) bewusst beckenbodenschonend gestalten
- Atemübungen gezielt integrieren, um Druckspitzen zu vermeiden
- Auf Kontinuität achten – lieber wenige Übungen regelmäßig statt intensive, seltene Einheiten
Fazit
Die Rückbildung nach der Geburt ist entscheidend für die langfristige Gesundheit des Beckenbodens und der Rumpfstabilität. Häufige Fehler entstehen vor allem durch einen zu frühen Trainingsbeginn, ungeeignete Übungen und mangelnde Kontinuität. Eine fachgerechte Anleitung und das Vermeiden von Überlastungen helfen, Komplikationen vorzubeugen und den Heilungsprozess zu unterstützen.
Literatur
- Bø K, Hilde G: Does it work in the long term? A systematic review on pelvic floor muscle training for female stress urinary incontinence. Neurourol Urodyn. 2013;32(3):215-223. doi: 10.1002/nau.22292.
- Gluppe SL, Hilde G, Tennfjord MK, Engh ME, Bø K: Effect of a postpartum training program on the prevalence of diastasis recti abdominis in postpartum primiparous women: a randomized controlled trial. Phys Ther. 2018;98(4):260-268. doi: 10.1093/ptj/pzy008.
- Dumoulin C, Cacciari LP, Hay‐Smith EJC: Pelvic floor muscle training versus no treatment, or inactive control treatments, for urinary incontinence in women. Cochrane Database Syst Rev. 2018;10(10):CD005654. doi: 10.1002/14651858.CD005654.pub4.