Plazentapunktion (Chorionzottenbiopsie)

Die Plazentapunktion (Synonym: Chorionzottenbiopsie, englisch: Chorionic Villus Sampling [CVS]) ist ein invasives pränatales Diagnostikverfahren (vorgeburtliche Diagnostikverfahren zur Entnahme von Chorionzottengewebe aus der Plazenta. Die Untersuchung ermöglicht eine frühe genetische Analyse des Fetus bereits ab der 11. Schwangerschaftswoche. Die Chorionzottenbiopsie wird bevorzugt bei hohem genetischem Risiko eingesetzt.

Anwendungsgebiete

  • Frühe pränatale genetische Diagnostik
    Frühzeitige Diagnostik chromosomaler Anomalien (z. B. Trisomie 21, 18, 13).
  • Abklärung genetischer Erkrankungen
    Nachweis monogener Erbkrankheiten (z. B. Mukoviszidose, Thalassämien, Duchenne-Muskeldystrophie) bei familiärer Belastung.
  • Verdacht auf fetale strukturelle Anomalien
    Ergänzende genetische Diagnostik bei Auffälligkeiten in der frühen Feinsonographie (Organscreening).
  • Erweiterte genetische Diagnostik
    Zytogenetische, molekulargenetische oder mikroarraybasierte Untersuchungen bei auffälligem Ersttrimester-Screening.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Aktive vaginale Blutung (Scheidenblutung)
  • Akute Infektionen der Mutter (z. B. Chlamydien, Gonorrhoe)
  • Frühere Frühgeburt oder Spätabort (relative Kontraindikation, individuelle Abwägung)
  • Mehrlingsschwangerschaften (relativ, technische Erschwernis)

Vor der Biopsie (Vorbereitende Maßnahmen)

  • Durchführung einer detaillierten Anamnese einschließlich genetischer Risikofaktoren
  • Transvaginale oder abdominale Sonographie (Ultraschall per Sonde durch die Scheide oder durch die Bauchdecke) zur Bestimmung der Plazentalokalisation (Sitz der Plazenta/Mutter Kuchen) und Einschätzung des fetalen Zustands
  • Aufklärung über das Verfahren, mögliche Risiken (Fehlgeburtsrisiko, Infektion, Blutung) und alternative diagnostische Optionen (z. B. Amniozentese)
  • Klärung der Indikation durch pränataldiagnostisch erfahrene Fachärzte
  • Rhesusfaktorbestimmung der Mutter und ggf. Indikation zur Anti-D-Prophylaxe bei Rhesus-negativen Frauen

Das Verfahren (Technik und Ablauf)

  • Durchführung ab der 11. Schwangerschaftswoche
  • Wahl des Zugangs:
    • Transabdominal (durch die Bauchdecke; am häufigsten) oder
    • Transzervikal (durch den Gebärmutterhalskanal; abhängig von Plazentalage und individuellen Gegebenheiten)
  • Aseptische Vorbereitung des Punktionsgebietes
  • Ultraschallgesteuerte Einführung einer speziellen Punktionskanüle
  • Aspiration einer kleinen Menge Chorionzottengewebe mittels Unterdruck
  • Materialgewinnung für genetische Analysen (z. B. Karyotypisierung, molekulargenetische Diagnostik)

Dauer: Insgesamt ca. 10-20 Minuten.

Nach der Biopsie (Nachsorge und Verhalten)

  • Beobachtung der Schwangeren für 1-2 Stunden auf uterine Kontraktionen (Zusammenziehen der Gebärmutter), Blutungen oder Fruchtwasserabgang
  • Körperliche Schonung für 24-48 Stunden empfohlen
  • Aufklärung über Zeichen möglicher Komplikationen (starke Schmerzen, vaginale Blutungen, Fieber, Fruchtwasserverlust)
  • Ultraschallkontrolle des fetalen Herzschlags innerhalb der nächsten 24-48 Stunden
  • Verabreichung einer Anti-D-Prophylaxe: Bei Rhesus-negativen Schwangeren ist innerhalb von 72 Stunden nach der Chorionzottenbiopsie die Gabe von Anti-D-Immunglobulin erforderlich, um eine maternale Rhesus-Sensibilisierung zu verhindern.

Mögliche Komplikationen

  • Fehlgeburt
    Risiko in erfahrenen Zentren bei ca. 0,5-1 % über dem Basisrisiko.
  • Infektionen
    Sehr selten bei steriler Technik.
  • Vaginale Blutung
    Leichte Schmierblutungen postinterventionell möglich.
  • Fruchtwasserabgang oder Amnioninfektionssyndrom
    Sehr selten, bei sorgfältiger Durchführung minimal.

Fazit

Die Chorionzottenbiopsie ermöglicht eine frühzeitige genetische Diagnostik mit hoher Zuverlässigkeit. Bei korrekter Indikationsstellung, erfahrener Durchführung und adäquater Nachsorge ist das Risiko für Komplikationen gering. Eine umfassende Aufklärung und individuelle Risikoabwägung sind für die Entscheidung zur Durchführung essenziell.