Lungenbiopsie

Die Lungenbiopsie ist ein diagnostisches Verfahren zur Entnahme von Gewebeproben aus dem Lungenparenchym (Lungengewebe) oder pleuralen Strukturen (Rippenfell und angrenzende Gewebe). Sie dient der histologischen (feingeweblichen) Diagnostik bei unklaren pulmonalen (die Lunge betreffenden) Raumforderungen, interstitiellen Lungenerkrankungen (Erkrankungen des Lungenzwischengewebes) oder Verdacht auf maligne (bösartige) Prozesse.

Anwendungsgebiete

  • Abklärung pulmonaler Rundherde oder Raumforderungen
    Differenzierung zwischen benignen (gutartigen) und malignen (bösartigen) Tumoren (z. B. Adenokarzinom [Drüsenkrebs der Lunge], Plattenepithelkarzinom [Form von Lungenkrebs], Metastasen [Tochtergeschwülste]).
  • Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen
    Histopathologische Sicherung bei Verdacht auf idiopathische pulmonale Fibrose (unbekannte Vernarbung des Lungengewebes), Sarkoidose (entzündliche Systemerkrankung) oder exogen-allergische Alveolitis (allergische Entzündung der Lungenbläschen).
  • Verdacht auf Infektionskrankheiten
    Gewinnung von Gewebeproben bei atypischen Infektionen (z. B. Tuberkulose [chronische bakterielle Infektion], invasive Mykosen [Pilzinfektionen]) bei unklarer Bildgebung.
  • Staging von Lungentumoren
    Beurteilung von Mediastinallymphknoten (Lymphknoten im Brustraum) oder pleuraler Beteiligung (Befall des Rippenfells).

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere respiratorische Insuffizienz (schwere Atemschwäche)
  • Ungenügend korrigierbare Gerinnungsstörungen (Störungen der Blutgerinnung)
  • Schwere pulmonale Hypertonie (Bluthochdruck im Lungenkreislauf)
  • Ausgeprägte Emphysemblasen (überblähte Lungenareale) (relatives Risiko, abhängig von der Lokalisation)
  • Aktive Infektionen im Punktionsgebiet (Infektionsherd an der Einstichstelle)

Vor der Biopsie (Vorbereitende Maßnahmen)

  • Lungenfunktionsdiagnostik (Untersuchung der Atemfunktion) und Blutgasanalyse (Messung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalts im Blut)
  • Gerinnungsdiagnostik (z. B. Quick/INR, PTT, Thrombozytenzahl)
  • Bildgebung (Computertomographie [CT], Schichtaufnahme des Körpers) zur exakten Lokalisation und Biopsieplanung
  • Aufklärung über Ablauf, Risiken (Pneumothorax [Lufteintritt in den Brustraum], Blutung, Infektion) und Verhaltensmaßnahmen nach dem Eingriff

Das Verfahren (Technik und Ablauf)

Je nach Lokalisation und klinischer Fragestellung verschiedene Biopsiemethoden:

  • Transbronchiale Lungenbiopsie (TBLB)
    Entnahme von Gewebeproben über flexible Bronchoskopie (Spiegelung der Atemwege), häufig bei peribronchialen Prozessen oder diffusen Erkrankungen.
  • CT-gesteuerte transthorakale Feinnadel- oder Stanzbiopsie
    Direkte Punktion von peripheren Läsionen (Randherden) unter computertomographischer Steuerung.
  • Chirurgische Lungenbiopsie (Videoassistierte Thorakoskopie, VATS)
    Entnahme größerer Gewebeblöcke unter Kamerasicht, insbesondere bei diffusen Lungenerkrankungen, wenn transbronchiale Biopsien nicht ausreichen.

Dauer:

  • Bronchoskopische oder CT-gesteuerte Biopsie ca. 30-60 Minuten
  • Chirurgische Biopsie im Operationssaal ca. 1-2 Stunden, zuzüglich Anästhesie- und Aufwachzeit

Nach der Biopsie (Nachsorge und Verhalten)

  • Überwachung auf Pneumothorax (Lufteintritt in den Brustraum) durch sofortige und spätere Röntgenkontrollen
  • Klinische Überwachung auf Atemnot, Blutungen oder anhaltenden Husten
  • Schonung für mindestens 48 Stunden
  • Keine Flugreisen oder körperliche Anstrengungen unmittelbar nach dem Eingriff
  • Bei chirurgischer Biopsie ggf. Betreuung und Drainagenmanagement bis zur Entfernung der Thoraxdrainage (Ableitung von Luft oder Flüssigkeit aus dem Brustraum)

Mögliche Komplikationen

  • Pneumothorax
    Häufigste Komplikation bei transthorakaler Biopsie (ca. 20–25 %), häufig spontan rückläufig, bei Bedarf Anlage einer Thoraxdrainage.
  • Blutungen
    Leichte Blutungen häufig, schwere Hämoptysen (Bluthusten) selten.
  • Infektionen
    Geringes Risiko bei steriler Technik.
  • Ateminsuffizienz
    Verschlechterung der Atemfunktion, insbesondere bei vorbestehenden Lungenerkrankungen.
  • Pleuraerguss
    Ansammlung von Flüssigkeit im Brustraum, gelegentlich nach chirurgischer Biopsie.

Fazit

Die Lungenbiopsie ist ein essenzielles Verfahren zur differenzierten Diagnostik pulmonaler Erkrankungen. Durch die Auswahl des geeigneten Verfahrens und eine sorgfältige Nachsorge lassen sich diagnostische Ausbeute und Patientensicherheit optimal balancieren.