Inzisionsbiopsie

Die Inzisionsbiopsie ist ein chirurgisches Verfahren zur Entnahme eines Teilstücks einer suspekten Läsion (auffälligen Gewebeveränderung) zur histopathologischen (feingeweblichen) Diagnostik. Im Gegensatz zur Exzisionsbiopsie (komplette Entfernung der Gewebeveränderung) wird die Läsion hierbei nicht vollständig entfernt. Die Inzisionsbiopsie wird vor allem bei großen, schlecht zugänglichen oder primär nicht resektablen (nicht vollständig entfernbaren) Tumoren eingesetzt, wenn eine komplette Entfernung initial nicht möglich oder nicht sinnvoll ist.

Anwendungsgebiete

  • Abklärung großer Weichteiltumoren
    (z. B. Sarkome [bösartige Weichteiltumoren]) zur histologischen Differenzierung und Planung der definitiven Therapie.
  • Verdacht auf tiefliegende oder schwer zugängliche Tumoren
    (z. B. retroperitoneale Tumoren [Tumoren im Bauchraum hinter dem Bauchfell], tief sitzende Kopf-Hals-Tumoren, intrathorakale Prozesse [Tumoren innerhalb des Brustkorbs]).
  • Diagnostik bei inoperablen Tumoren
    (z. B. primär nicht resektable Lungentumoren, Speiseröhrenkarzinome [Ösophaguskarzinome]).
  • Beurteilung chronischer Ulzera oder ausgedehnter Hautveränderungen
    (z. B. bei Verdacht auf Plattenepithelkarzinom [Form von Hautkrebs], malignes Melanom [schwarzer Hautkrebs]).
  • Erweiterte Diagnostik bei inflammatorischen oder infektiösen Prozessen
    (z. B. unklare chronische Infektionen, Granulomatose [knötchenartige Entzündung]).

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Ungenügend korrigierbare Gerinnungsstörungen (schwerwiegende Störungen der Blutgerinnung)
  • Akute Infektionen im Bereich des Biopsieareals (Entnahmestelle)
  • Tumoren mit hohem Risiko einer Tumorzellverschleppung (z. B. Keimzelltumoren [Tumoren der Keimdrüsenzellen])

Vor der Biopsie (Vorbereitende Maßnahmen)

  • Gerinnungsdiagnostik (Untersuchung der Blutgerinnung, z. B. Quick/INR, PTT, Thrombozytenzahl)
  • Bildgebende Diagnostik (z. B. Ultraschall oder Computertomographie) zur exakten Lokalisation und Biopsieplanung
  • Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) zu blutverdünnenden Medikamenten
  • Aufklärung über den Ablauf, Risiken (Blutung, Infektion, Tumorzellverschleppung) und mögliche weitere operative Schritte
  • Markierung der repräsentativsten und sichersten Entnahmestelle unter Bildgebung

Das Verfahren (Technik und Ablauf)

  • Durchführung in Lokalanästhesie (örtlicher Betäubung) oder Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) je nach Lokalisation und Größe der Läsion
  • Aseptische Hautdesinfektion (sterile Reinigung der Haut) und sterile Abdeckung
  • Gezielter Hautschnitt und Entnahme eines Gewebestücks aus der Läsion (idealerweise aus vitalem Randbereich [lebendigem Gewebe])
  • Sorgfältige Wahl der Schnittführung, um eine spätere vollständige Tumorresektion (operative Entfernung des Tumors) nicht zu erschweren
  • Wundverschluss durch primäre Naht (direktes Vernähen) oder – bei größeren Defekten – Anlage einer Drainage (Ableitung von Wundsekret)

Dauer: In der Regel 30-60 Minuten.

Nach der Biopsie (Nachsorge und Verhalten)

  • Postoperative Überwachung auf Nachblutungen oder Wundinfektionen
  • Kontrolle der Wunde nach 24–48 Stunden
  • Fadenzug (Entfernung der Nähte) je nach Lokalisation nach 7–14 Tagen
  • Körperliche Schonung der biopsierten Körperregion für mindestens eine Woche
  • Gegebenenfalls Planung der definitiven operativen oder onkologischen (tumorbezogenen) Therapie abhängig vom histopathologischen Ergebnis

Mögliche Komplikationen

  • Blutungen und Hämatome
    (Blutergüsse) – häufigste Komplikationen, meist selbstlimitierend oder gut behandelbar.
  • Infektionen
    Möglich insbesondere bei vorgeschädigtem Gewebe oder bei nicht steriler Technik.
  • Wundheilungsstörungen
    Erhöht bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), starker Adipositas (starkem Übergewicht) oder immunsupprimierten Patienten (Patienten mit geschwächtem Immunsystem).
  • Tumorzellverschleppung
    (Verschleppung von Tumorzellen) – selten, aber möglich bei unsachgemäßer Technik oder bei bestimmten Tumorarten.

Fazit

Die Inzisionsbiopsie ist ein unverzichtbares diagnostisches Verfahren bei großen, schlecht zugänglichen oder primär nicht vollständig entfernbaren Tumoren. Eine präzise Planung, eine sorgfältige Durchführung unter onkologischen Gesichtspunkten und eine adäquate Nachsorge minimieren Risiken und tragen entscheidend zur Therapieplanung bei.