Thyreoglobulin (TG)

Thyreoglobulin (TG) ist ein von den follikulären Schilddrüsenzellen (Schilddrüsenzellen) gebildetes Glykoprotein und dient als intrathyreoidales Speicher- und Vorläuferprotein der Schilddrüsenhormone. In der klinischen Labordiagnostik wird Thyreoglobulin vor allem als Tumormarker (Krebsmarker) in der Nachsorge differenzierter Schilddrüsenkarzinome (Schilddrüsenkrebs; papillär/follikulär) eingesetzt.

Synonyme

  • TG
  • humanes Thyreoglobulin
  • hTG

Das Verfahren

Benötigtes Material:

  • Serum

Vorbereitung des Patienten:

  • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich

Störfaktoren:

  • Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK) (Autoantikörper gegen Thyreoglobulin) können zu falsch niedrigen oder nicht interpretierbaren TG-Werten führen (assayabhängig); Tg-AK müssen in der Tumornachsorge obligat mitbestimmt werden.
  • Heterophile Antikörper (unspezifische Antikörper) und andere Immunoassay-Interferenzen können zu falsch erhöhten oder falsch erniedrigten Ergebnissen führen (assayabhängig).
  • Biotin (Vitamin B7) kann bei biotinbasierten Immunoassays Interferenzen verursachen (testsystemabhängig).
  • Methoden-/Assay-Wechsel kann zu relevanten Messwertverschiebungen führen; Verlaufskontrollen möglichst im gleichen Labor mit gleichem Testsystem.

Methode:

  • Immunoassay (z. B. Chemilumineszenz-Immunoassay)
  • In ausgewählten Situationen (z. B. Tg-AK-Positivität/Interferenzverdacht): Massenspektrometrie (LC-MS/MS), sofern verfügbar

Normbereiche (je nach Labor)

Referenz- und Entscheidungsbereiche sind methoden- und laborabhängig. In der Tumornachsorge sind Entscheidungsgrenzen kontextabhängig (Operationsausmaß, Radiojodtherapie, TSH-Suppression, Bildgebung, Dynamik im Verlauf).

Klinische Situation Orientierende Bereiche
Intakte Schilddrüse Breite Streuung; laborabhängiger Referenzbereich (häufig im niedrigen bis zweistelligen µg/l-Bereich)
Nach totaler Thyreoidektomie (vollständige operative Entfernung der Schilddrüse) und erfolgreicher Ablation Idealerweise nicht messbar bzw. sehr niedrig; bei hochempfindlichen Assays häufig < 0,2 µg/l (unter TSH-Suppression) und stimuliert häufig < 1,0 µg/l (assay- und risikoadaptiert)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Nachsorge und Verlaufskontrolle differenzierter Schilddrüsenkarzinome nach Operation ± Radiojodtherapie (Behandlung mit radioaktivem Jod)
  • Abklärung von Tumorpersistenz (verbleibendem Tumorgewebe), Rezidiv (Wiederauftreten) oder Metastasierung (Absiedelung) im Follow-up (Nachbeobachtung) (in Kombination mit Bildgebung und Tg-AK)
  • Verlaufsbeurteilung nach Therapie im Rahmen der risikoadaptierten Response-to-Therapy-Stratifizierung (Bewertung des Therapieansprechens)
  • Destruierende Thyreoiditiden (entzündliche Schilddrüsenerkrankungen) (z. B. subakute Thyreoiditis de Quervain) als mögliche Ursache erhöhter TG-Werte
  • Thyreotoxicosis factitia (künstlich verursachte Schilddrüsenüberfunktion) (typischerweise niedriges TG bei exogener Hormonzufuhr)

Interpretation

Erhöhte Werte:

  • Benigne Schilddrüsenerkrankungen (gutartige Schilddrüsenerkrankungen)
    • Morbus Basedow (Autoimmunerkrankung der Schilddrüse) - häufig erhöht durch gesteigerten Umsatz/Drüsenaktivität
    • Autonomie (selbstständig arbeitendes Schilddrüsengewebe) (autonomes Adenom/multifokale Autonomie)
    • Struma (Schilddrüsenvergrößerung) (euthyreote Struma/Struma nodosa)
    • Destruierende Thyreoiditis (z. B. de Quervain) – Freisetzung aus zerstörtem Follikelepithel
  • Differenzierte Schilddrüsenkarzinome
    • Nach totaler Thyreoidektomie spricht ein persistierend messbares oder ansteigendes TG (bei ausgeschlossener Interferenz) für Residualgewebe (verbliebenes Gewebe), Tumorpersistenz, Rezidiv oder Metastasen.
    • Die klinische Relevanz ergibt sich primär aus der Dynamik (Trend) und dem Kontext (TSH-Status, Bildgebung, Risiko, Tg-AK-Status) und nicht aus einem einzelnen absoluten Wert.

Erniedrigte Werte:

  • Athyreose (vollständiges Fehlen von Schilddrüsengewebe) nach kompletter Entfernung/Destruktion von Schilddrüsengewebe ohne Tumorrest (sehr niedrige bzw. nicht messbare Werte)
  • Thyreotoxicosis factitia (typischerweise niedriges TG trotz klinischer Thyreotoxikose)

Weitere Hinweise:

  • Tg-AK können die TG-Messung relevant verfälschen (häufig falsch niedrige TG-Werte bei Immunoassays). Daher müssen Tg-AK in der Tumornachsorge obligat parallel bestimmt werden; bei Tg-AK-Positivitität ist der Verlauf der Tg-AK-Titer als Surrogatmarker (Ersatzmarker) zu berücksichtigen.

Weiterführende Diagnostik

  • Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK) obligat parallel zur TG-Bestimmung
  • TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) (Hormon der Hirnanhangsdrüse) zur Einordnung (Suppression/Stimulationsstatus)
  • Sonografie des Halses (Ultraschalluntersuchung des Halses) als zentrale Bildgebung in der Nachsorge
  • Bei diskordanten Befunden (nicht übereinstimmenden Ergebnissen) oder Verdacht auf Persistenz/Rezidiv: risikoadaptierte weiterführende Diagnostik (z. B. Schnittbildgebung, nuklearmedizinische Verfahren) entsprechend der onkologischen Nachsorge-Strategie
  • In ausgewählten Situationen: TG unter TSH-Stimulation (endogen oder rekombinantes TSH) gemäß risikoadaptierter Strategie

Literatur

  1. Giovanella L, Clark PM, Chiovato L, et al. DIAGNOSIS OF ENDOCRINE DISEASE: Thyroglobulin measurement using highly sensitive assays in patients with differentiated thyroid cancer. Eur J Endocrinol. 2014;171(2):R33-R46. https://doi.org/10.1530/EJE-14-0148
  2. Giovanella L, D’Aurizio F, Algeciras-Schimnich A et al.: Thyroglobulin and thyroglobulin antibody: an updated clinical and laboratory expert consensus. Eur J Endocrinol. 2023;189(2):R11-R27. https://doi.org/10.1093/ejendo/lvad109

Leitlinien

  1. Haugen BR, Alexander EK, Bible KC et al.: 2015 American Thyroid Association management guidelines for adult patients with thyroid nodules and differentiated thyroid cancer. Thyroid. 2016;26(1):1-133. https://doi.org/10.1089/thy.2015.0020