Single Nucleotide Polymorphism (SNPs) – Grundlagen, Varianten und diagnostische Bedeutung

Die genetische Information des Menschen ist zu über 99 % identisch. Unterschiede zwischen Individuen beruhen primär auf sogenannten Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs; engl.: single nucleotide polymorphisms), also kleinen Varianten einzelner DNA-Bausteine (Basenpaare). Dabei handelt es sich um Variationen einzelner Nukleinbasen (DNA-Bausteine) innerhalb der DNA-Sequenz (Erbinformation), die bei etwa 1 % der Basenpaare auftreten. Diese SNPs können funktionell relevant sein und Einfluss auf Merkmale, Krankheitsrisiken oder Medikamentenwirkungen nehmen.

Bei einem DNA-Test (Gentest) erfolgt eine Genotypisierung (Untersuchung der genetischen Variante) solcher SNPs, wobei individuelle Nukleotidvarianten bestimmt werden. Jeder SNP ist in Datenbanken wie dbSNP durch eine eindeutige Referenznummer gekennzeichnet – üblicherweise beginnend mit „rs“ für Reference SNP cluster ID (z. B. rs1815739). Einige SNPs tragen alternativ ein vorangestelltes „i“ für Internal ID, meist bei kommerziellen Tests.

Ein SNP kann in drei möglichen Allelkombinationen (Genvarianten) vorliegen: homozygot (z. B. CC oder TT) oder heterozygot (z. B. CT). Dabei bezeichnet das „Allel“ die spezifische Variante einer Base (Adenin, Guanin, Cytosin oder Thymin) an der jeweiligen Position. Wichtig ist: Der Begriff „Allel“ sollte ausschließlich im Kontext von SNPs verwendet werden – nicht für übrige genetische Abschnitte.

Ein Beispiel ist der SNP rs1815739 im ACTN3-Gen:

  • Genotyp CC oder CT ist mit einer besseren Sprintleistung assoziiert
  • Genotyp TT dagegen begünstigt eine erhöhte Ausdauerfähigkeit
    Hierbei zeigt das C-Allel ein dominantes Vererbungsmuster (erblich durchsetzende Variante). Wäre es rezessiv (zurücktretend), würde die CT-Variante nicht mit erhöhter Sprintleistung korrelieren.

SNPs können nicht nur Einfluss auf physiologische Merkmale, sondern auch auf Krankheitsrisiken nehmen. Dabei wirken die beteiligten Allele je nach Erbgang dominant (z. B. familiäre Hypercholesterinämie [erbliche Fettstoffwechselstörung]) oder rezessiv (z. B. Mukoviszidose [erbliche Stoffwechselkrankheit]). Träger eines rezessiven Allels (heterozygot) gelten als Carrier (Überträger), ohne zwangsläufig zu erkranken.

Neben Basenaustauschen können auch strukturelle Veränderungen wie Deletionen (Verlust von Erbinformation) und Insertionen (Einfügung zusätzlicher Erbinformation) auftreten:

  • Deletion (D) bezeichnet den Verlust eines DNA-Abschnitts. Dies kann funktionell folgenlos bleiben (z. B. Rhesus-negativer Phänotyp [Blutgruppeneigenschaft]), aber auch pathologisch sein (z. B. autosomal-rezessive hereditäre Innenohrschwerhörigkeit [erblich bedingter Hörverlust]).
  • Insertion (I) bezeichnet die Einfügung zusätzlicher DNA-Sequenzen. Sie entsteht oft durch Duplikation benachbarter Abschnitte. Auch Insertionsmutationen können neutral oder pathogen (krankheitsverursachend) sein, wie beim Tay-Sachs-Syndrom (neurodegenerative Erbkrankheit).

Ein Sonderfall ist der sogenannte Ambiguous Flip (mehrdeutiger Basenaustausch), eine Verwechslungsgefahr bei der Interpretation von Allelen durch unterschiedliche Bezugnahmen auf den Plus- oder Minusstrang der DNA. Beispiel: Ein SNP kann bei einem Anbieter (z. B. 23andMe) mit dem Risikoallel A ausgewiesen sein, während dbSNP das komplementäre T als Risikoallel nennt. Dieses Phänomen ergibt sich durch die Basenpaarregeln:

  • A (Plusstrang) ↔ T (Minusstrang)
  • C (Plusstrang) ↔ G (Minusstrang)

Die Datenbank SNPedia stellt eine kuratierte Sammlung humaner SNPs dar. Sie verlinkt auf relevante Studien via PubMed und bietet zusätzlich eine strukturierte FAQ-Sektion.

Risikoassoziierte und präventive SNPs sind – soweit vorhanden – zu finden in DocMedicus unter Krankheiten/Ursachen/Biographische Ursachen/Genetische Belastungen bzw. Krankheiten/Prävention.