Array-CGH (Array-Comparative Genomic Hybridization)

Bei der Microarray-Analyse bzw. Array-CGH (Comparative Genomic Hybridization) handelt es sich um eine molekulargenetische Hochdurchsatzmethode (moderne genetische Labormethode), die als hochauflösende Chromosomenanalyse (feinauflösende Untersuchung der Erbanlagen) eingesetzt wird. Sie dient der Detektion von submikroskopischen Kopienzahlveränderungen (sehr kleinen Verlusten oder Verdopplungen im Erbgut) wie Deletionen (Verlusten von Erbinformation) und Duplikationen (Verdopplungen von Erbinformation) im gesamten Genom (gesamtes Erbgut). Die Methode weist eine deutlich höhere Auflösung auf als die klassische Chromosomenanalyse (Karyotypisierung) (Standarduntersuchung der Chromosomenstruktur).

Im Gegensatz zur Karyotypisierung, bei der strukturelle Chromosomenveränderungen ab einer Größe von etwa 5–10 Mbp (Millionen Basenpaare) sichtbar sind, erlaubt die Array-CGH den Nachweis von Veränderungen bereits im Bereich weniger Kilobasen (tausende Basenpaare). Balancierte Chromosomenveränderungen (ausgeglichene Umlagerungen der Erbinformation) wie Translokationen (Austausch von Chromosomenstücken) oder Inversionen (Umdrehungen von Erbgutabschnitten) sowie Punktmutationen (Veränderungen einzelner genetischer Bausteine) können jedoch nicht erkannt werden, da keine Änderung der Kopienzahl vorliegt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Geistige Entwicklungsverzögerung bzw. Intelligenzminderung (verzögerte geistige Entwicklung)
  • Faziale Dysmorphien (auffällige Gesichtszüge)
  • Störungen aus dem Autismusspektrum (z. B. Autismus)
  • Epilepsien unklarer Genese (nicht erklärbare Anfallsleiden)
  • Multiple angeborene Fehlbildungen (mehrere körperliche Fehlbildungen)
  • Wachstumsauffälligkeiten (prä- oder postnatal) (Wachstumsstörungen vor oder nach der Geburt)
  • Unklare dysmorphologische Syndrome (ungeklärte Kombination körperlicher Auffälligkeiten)
  • Auffällige pränatale Ultraschallbefunde (besorgniserregende Veränderungen im Schwangerschaftsultraschall)
  • Abklärung familiärer CNVs (Veränderungen im Erbgut, die familiär gehäuft vorkommen)

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • EDTA- oder Heparinblut (spezielle Blutprobenröhrchen) (mindestens 1–2 ml)
  • Alternativ: Fruchtwasser, Chorionzotten (Plazentagewebe), Fibroblasten (Hautzellen) oder ausgereinigte DNA

Vorbereitung des Patienten

  • Keine spezielle Vorbereitung notwendig

Störfaktoren

  • Keine bekannt
  • Hinweis: Unzureichende DNA-Qualität (schlechte Probenqualität) oder Kontamination (Verunreinigung) kann das Ergebnis verfälschen

Das Laborverfahren

Beim Array-CGH werden Patienten-DNA (Erbinformation) und Referenz-DNA (Vergleichsprobe eines gesunden Menschen) mit verschiedenen Fluoreszenzfarbstoffen (leuchtenden Farbstoffen) markiert und auf einem Microarray (Test-Chip) hybridisiert (gebunden). Der Microarray enthält tausende DNA-Sonden (Erkennungseinheiten), die spezifische Genomabschnitte (Bereiche des Erbguts) repräsentieren. Durch den direkten Signalvergleich zwischen Test- und Referenz-DNA können Kopienzahlverluste (Deletionen) oder Kopienzahlerhöhungen (Duplikationen) digital erfasst und lokalisiert werden.

  • Unveränderte Kopienzahl: Gleichmäßiges Fluoreszenzsignal (Mischfarbe)
  • Verlust genetischen Materials: Abfall des Patientensignals
  • Vermehrung genetischen Materials: Anstieg des Patientensignals

Die Analyse erfolgt computergestützt unter Berücksichtigung bekannter CNV-Datenbanken (z. B. DGV, ClinGen). Eine Bewertung erfolgt gemäß den ACMG-Richtlinien (internationale medizinische Richtlinien), in der Regel mit Einteilung in benigne (harmlos), wahrscheinlich benigne, unklare Signifikanz (VUS) (nicht eindeutig), wahrscheinlich pathogene (krankheitsverdächtig) und pathogene (krankheitsverursachend) Varianten.

Vergleich zur klassischen Karyotypisierung (Chromosomenanalyse)

Kriterium Array-CGH Klassische Karyotypisierung
Auflösung Hoch (kb-Bereich = sehr kleine Veränderungen) Niedrig (5-10 Mbp = nur große Veränderungen)
Nachweis von Deletionen Ja Nur große (> 5 Mbp)
Nachweis von Duplikationen Ja Nur große (> 5 Mbp)
Balancierte Translokation Nein Ja
Mosaiknachweis Eingeschränkt (abhängig vom Zellanteil) Ja (ab ca. 10 % Zellanteil)
Punktmutationen Nein Nein
Aussage bei VUS Möglich, aber klinisch ggf. unklar Nicht relevant

Bedeutung für die genetische Beratung

Die Array-CGH liefert häufig Befunde mit unklarer klinischer Signifikanz (VUS), insbesondere bei neu entdeckten CNVs. In solchen Fällen ist eine Familienuntersuchung (Segregationsanalyse) hilfreich, um die Vererbung und potenzielle Bedeutung besser einschätzen zu können. Der Befund muss immer im Zusammenhang mit der klinischen Situation des Patienten betrachtet werden. Eine qualifizierte genetische Beratung (Fachgespräch mit einem Humangenetiker) ist daher sowohl vor als auch nach der Untersuchung erforderlich.

  • Vor Testdurchführung: Aufklärung über Nutzen, Grenzen und mögliche Zufallsbefunde
  • Nach Befundmitteilung: Erläuterung der klinischen Bedeutung, ggf. weitere Tests zur Klärung