Krebserkrankungen – Einleitung

Krebs ist ein Sammelbegriff für maligne Neoplasien (bösartige Neubildungen).

Synonyme und ICD-10: maligne Tumorerkrankungen; ICD-10-GM C80.-: Bösartige Neubildung ohne Angabe der Lokalisation

Merkmale

Maligne Neoplasien zeichnen sich durch unkontrolliertes Wachstum von Tumorzellen aus, die invasiv gesundes Gewebe verdrängen und destruierend (zerstörend) wachsen.

Pathogenese

Durch Veränderungen der DNA (Erbinformation) können Tumorzellen zusätzliche Eigenschaften ausbilden, die eine Therapie erschweren:

  • Überleben unter Sauerstoffmangel: Tumorzellen können sich an hypoxische Bedingungen anpassen.
  • Angiogenese: Fähigkeit zur Ausbildung einer eigenen Blutversorgung.
  • Metastasierung: Bildung von Töchtergeschwülsten und Ansiedlung in fremden Geweben wie Knochen, Lunge oder Gehirn.

Metastasierung und Letalität

90 % der Tumorpatienten, bei denen die Krankheit letal (tödlich) ausgeht, sterben nicht am Primärtumor, sondern an dessen Metastasen beziehungsweise an den Folgekrankheiten der Metastasierung.

Spontanremissionen

Sehr selten gibt es Spontanremissionen, die bei etwa 1 von 50.000 bis 100.000 Fällen auftreten. Eine Spontanremission ist die komplette oder partielle Rückbildung eines malignen Tumors in Abwesenheit aller Therapien oder mit Therapien, für die bisher kein Wirksamkeitsnachweis geführt werden konnte.

Organaffinität

Prinzipiell kann jedes Organ des menschlichen Körpers von einer Tumorerkrankung befallen werden, es gibt jedoch erhebliche Häufigkeitsunterschiede nach Alter, Geschlecht, geographischer Region und Ernährungsgewohnheiten.

Epidemiologie

Tumorerkrankungen sind nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Das Mammakarzinom (Brustkrebs) ist das häufigste Tumorleiden der Frau und das Prostatakarzinom (Prostatakrebs) das des Mannes.

Tumorsterbefälle, geschlechtsspezifisch [3]

Rang Frauen Männer 
1 Mammakarzinom
(Brustkrebs)
Prostatakarzinom
(Prostatakrebs)
2 Kolorektale Karzinome 
(Darm- und Mastdarmkrebs)
Bronchialkarzinom
(Lungenkrebs)
3 Bronchialkarzinom
(Lungenkrebs)
Kolorektale Karzinome
(Darm- und Mastdarmkrebs)
4 Melanom 
(schwarzer Hautkrebs)
Harnblasenkarzinom
(Harnblasenkrebs)
5 Corpuskarzinom
(Gebärmutterkrebs)
Melanom
(schwarzer Hautkrebs)
6 Pankreaskarzinom
(Bauchspeicheldrüsenkrebs)
Non-Hodgkin-Lymphome
7 Non-Hodgkin-Lymphome Oropharynxkarzinom 
(Mund- und Rachentumoren)
8 Ovarialkarzinom Pankreaskarzinom
(Bauchspeicheldrüsenkrebs)
9 Nierenzellkarzinom Nierenkarzinom
(Nierenkrebs)
10 Magenkarzinom
(Magenkrebs)
Magenkarzinom
(Magenkrebs)
11 Leukämien
(Blutkrebs)
Leukämien
(Blutkrebs)
12 Harnblasenkarzinom
(Blasenkrebs)
Ösophaguskarzinom
(Speiseröhrenkrebs)
13 Oropharynxkarzinom 
(Mund- und Rachentumoren)
Hodentumoren

Die häufigsten Malignome im Kindesalter [2]

Tumorart Häufigkeit (%)
Leukämien (Blutkrebs) 30
Hirntumoren  24
Lymphome (bösartige Tumoren, die sich aus Zellen des lymphatischen Systems entwickeln) 14
Periphere Blastome (Neuroblastom, Nephroblastom, Hepatoblastom, Retinoblastom) 14
Sarkome (Tumoren des Bewegungsapparates) 11

Verlauf und Prognose

Im Durchschnitt werden circa 30-40 % aller Tumorpatienten von ihrer Krankheit geheilt. Als geheilt wird ein Patient bezeichnet, der mindestens fünf Jahre lang ohne Rezidiv überlebt. Diese Definition gilt als problematisch, weil viele Rezidive erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Es fließen somit viele Patienten in die Erfolgsstatistik ein, die später an ihren Tumorleiden sterben.

In circa 90 % der Fälle wird eine lokoregionäre Therapie ("Stahl und Strahl"), d. h. eine primäre Operation und gegebenenfalls zusätzlich (lokoregionär) eine Radiatio (Strahlentherapie), durchgeführt.

Beachte: 18,4 Prozent der Tumorpatienten hatten schon vorher einmal eine Tumorerkrankung, ohne dass es sich um ein Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung) oder um Spätmetastasen (Bildung von Tumormetastasen Jahre bis Jahrzehnte nach der Behandlung eines bösartigen Tumors) handelte: 

  • Jüngere Patienten mit einer Tumorerkrankung in der Anamnese hatten Leukämien (24,8 Prozent), Anorektalkarzinome (Krebs des Anus und des Rektums/Mastdarm betreffend) 18,2 Prozent), Cervix-, Vagina- und Vulvakarzinom/Gebärmutterhals-, Scheiden- und Vulvakrebs/Krebs der äußeren Genitalorgane der Frau (15,0 Prozent) und Krebserkrankungen der Lungen und Atemwegsorgane (14,6 Prozent) häufiger als Zweiterkrankung [1].
  • Frauen, die während der Schwangerschaft oder im Jahr nach der Geburt an Krebs erkranken, haben eine höhere Mortalitätsrate (Fünf-Jahres-Überlebensrate war vermindert) verglichen mit Krebspatientinnen ohne Schwangerschaftsbezug [4].
  • Im Alter über 65 Jahre waren Melanome (36,9 Prozent) der häufigste ZweittumorPatienten mit einer Tumorerkrankung in der Anamnese hatten Patienten mit Leukämie (36,9 Prozent), Tumorerkrankung von Knochen und Gelenken (34,0 Prozent) sowie der Blase oder anderer Harnorgane (32,5 Prozent).

Literatur

  1. Murphy CC et al.: Prevalence of Prior Cancer Among Persons Newly Diagnosed With Cancer. JAMA Oncol. Published online November 22, 2017. doi:10.1001/jamaoncol.2017.3605
  2. Kinderkrebsregister (Hrsg) Jahresbericht 2018. http://​www.​kinderkrebsregis​ter.​de. Zugegriffen: 19. Sept. 2020
  3. Krebs in Deutschland für 2017/2018, Robert Koch-Institut, Berlin 2021
  4. Cairncross ZF et al.: Long-term Mortality in Individuals Diagnosed With Cancer During Pregnancy or Postpartum JAMA Oncol. 2023;9(6):791-799. doi:10.1001/jamaoncol.2023.0339

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Klinische Ernährung in der Onkologie. (AWMF-Registernummer: 073-006), Oktober 2015 Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. (AWMF-Registernummer: 128 - 001OL), September 2019 Kurzfassung Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen – interdisziplinäre Querschnittsleitlinie. (AWMF-Registernummer: 032 - 054OL), Februar 2020 Langfassung
  4. Patientenleitlinie: Psychoonkologie – Psychosoziale Unterstützung für Krebspatienten, deren Angehörige sowie Zugehörige. Mai 2023. Leitlinienprogramm Onkologie