Chikungunya-Fieber – Einleitung
Das Chikungunya-Fieber ist eine durch das Chikungunya-Virus (CHIKV) verursachte Infektionserkrankung, die vor allem durch Stechmücken der Gattung Aedes (insbesondere Aedes aegypti und Aedes albopictus) übertragen wird. Es gehört zu den Arbovirosen (arthropod-borne viruses) und stellt ein bedeutendes Beispiel für durch Vektoren übertragene Zoonosen dar. Die Erkrankung verläuft meist mit plötzlichem Fieber und ausgeprägten Gelenkschmerzen, die dem Krankheitsbild den Namen geben („Chikungunya“ stammt aus dem Makonde-Dialekt und bedeutet „der gekrümmt Gehende“). In den meisten Fällen heilt die Infektion folgenlos ab, sie kann jedoch mit lang anhaltenden Arthralgien (Gelenkschmerzen) einhergehen. Schwere oder hämorrhagische Verläufe sind selten, kommen aber insbesondere bei vulnerablen Patientengruppen (Neugeborene, ältere und immunsupprimierte Personen) vor.
Synonyme und ICD-10: Chikungunya-Viruskrankheit; Hämorrhagisches Chikungunya-Fieber; ICD-10-GM A92.0: Chikungunya-Viruskrankheit
Das Chikungunya-Fieber wird durch das Chikungunya-Virus, ein RNA-Virus aus der Familie der Togaviridae, Genus Alphavirus, ausgelöst. Seit seiner Erstbeschreibung 1952 in Tansania kam es wiederholt zu Ausbrüchen in Afrika, Asien und dem indischen Ozean. In den letzten Jahren wurden auch Infektionen in der Karibik, Südamerika sowie autochthone Fälle in Südeuropa (z. B. Italien, Südfrankreich, Spanien) dokumentiert.
Charakteristische Laborbefunde
- Blutbild: Leukopenie, Thrombozytopenie, leichte Anämie möglich
- Entzündungsparameter: Erhöhte CRP- oder BSG-Werte in der akuten Phase
- Leberparameter: Erhöhte Transaminasen (Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase)
- Serologie: Nachweis von spezifischen IgM- und IgG-Antikörpern gegen CHIKV (ab dem 5.-7. Krankheitstag)
- PCR: Nachweis von CHIKV-RNA im Blut (hohe Sensitivität in der ersten Krankheitswoche)
Formen der Erkrankung
- Asymptomatische Infektion: Schätzungsweise 3-25 % der Infektionen verlaufen ohne klinische Symptomatik.
- Mildes bis moderates Chikungunya-Fieber:
- Symptome: Plötzlich einsetzendes hohes Fieber, Arthralgien (Gelenkschmerzen), Myalgien (Muskelschmerzen), Kopfschmerzen, Exanthem (Hautausschlag), Konjunktivitis (Bindehautentzündung der Augen).
- Verlauf: Meist selbstlimitierend innerhalb von 7-10 Tagen.
- Chronisch-rezidivierendes Chikungunya-Fieber:
- Symptome: Persistierende oder wiederkehrende Gelenkschmerzen über Wochen bis Monate; Arthritis-ähnliche Beschwerden.
- Verlauf: Besonders bei älteren Patienten beschrieben.
- Schwere oder atypische Infektion:
- Manifestationen: Hämorrhagien (Blutungen), Hepatitis (Leberentzündung), neurologische Komplikationen (Enzephalitis/Gehirnentzündung, Guillain-Barré-Syndrom), Myokarditis (Herzmuskelentzündung.
- Verlauf: Selten, aber potenziell lebensbedrohlich, insbesondere bei Risikopatienten.
Epidemiologie
- Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
- Häufigkeitsgipfel: Erwachsene mittleren Alters und ältere Personen zeigen häufiger prolongierte Verläufe.
- Prävalenz: In endemischen Regionen sehr hoch, seroepidemiologische Studien berichten Durchseuchungsraten bis zu 70 %.
- Inzidenz: Starke Schwankungen durch epidemische Ausbrüche; in großen Epidemien (z. B. La Réunion 2005-2006) bis zu 30 % der Bevölkerung betroffen.
- Saisonale Häufung: V. a. während Regenzeiten in tropischen Regionen, korrelierend mit Mückenpopulationen.
Infektionsepidemiologie
- Erreger: Chikungunya-Virus (CHIKV), ein RNA-Virus aus der Familie Togaviridae, Genus Alphavirus.
- Erregerreservoir: Menschen; nicht-menschliche Primaten können als Zwischenreservoir dienen.
- Vorkommen: Ursprünglich Afrika und Asien, inzwischen weltweit in tropischen und subtropischen Regionen verbreitet; sporadische autochthone Fälle in Südeuropa (Italien, Südfrankreich, Spanien).
- Übertragung: Primär durch den Stich infizierter Aedes-Mücken (Aedes aegypti, Aedes albopictus).
- Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Sehr selten, beschrieben intrauterin während der Geburt, postnatal über Muttermilch sowie durch Bluttransfusionen und Organtransplantationen.
- Eintrittspforte: Haut (Mückenstich), parenteral (Transfusion/Transplantation).
- Inkubationszeit: In der Regel 2-7 Tage (maximal 12 Tage).
- Krankheitsdauer: Akute Phase 7-10 Tage; Arthralgien können Wochen bis Monate persistieren.
- Dauer der Infektiosität: Menschen sind während der akuten Virämie (1.-7. Krankheitstag) infektiös für Mücken.
- Seroprävalenz: In Endemiegebieten hoch; durch Ausbrüche regelmäßig wechselnd.
- Erregerspezifische Immunität: Nach durchgemachter Infektion besteht vermutlich lebenslange Immunität.
Verlauf und Prognose
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Verlauf
- In etwa 75-90 % der Fälle symptomatisch, meist akutes Fieber mit Arthralgien und Exanthem.
- Persistierende Gelenkbeschwerden können Wochen bis Monate anhalten und ähneln rheumatoiden Erkrankungen.
- Schwere Komplikationen wie neurologische Manifestationen, Myokarditis oder hämorrhagische Verläufe sind selten.
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Prognose
- Die Letalität ist insgesamt sehr niedrig (< 0,1 %).
- Die meisten Patienten erholen sich vollständig, allerdings kann eine chronische Polyarthritis oder Arthralgie als Langzeitfolge auftreten.
- Besonders gefährdet sind Neugeborene (vertikale Transmission), ältere Menschen und immunsupprimierte Patienten.
Meldepflicht in Deutschland
Das Chikungunya-Fieber ist nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Deutschland meldepflichtig. Die Meldung hat bei direktem oder indirektem Nachweis des Erregers zu erfolgen, soweit dieser Nachweis auf eine akute Infektion hinweist.
Impfung: Seit November 2023 ist in den USA (FDA) und seit Juni 2024 in der EU der Lebendimpfstoff IXCHIQ® (VLA1553) zugelassen. Indikation: aktive Immunisierung ab 12 Jahren mit einer Einzeldosis i. m. bei erhöhtem Expositionsrisiko. Persistenzdaten zeigen Seroprotektion > 97 % über 2 Jahre. Die STIKO (Epidemiologisches Bulletin 28/2025) empfiehlt die Impfung für Risikopersonen nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung.
Literatur
- Schneider M, Narciso-Abraham M, Hadl S et al.: Safety and immunogenicity of a single-shot live-attenuated chikungunya vaccine: a phase 3 trial. Lancet. 2023;401(10394):2138-2147. doi:10.1016/S0140-6736(23)00641-4
- McMahon R, Toepfer S, Sattler N et al.: Antibody persistence and safety up to 2 years after single-dose VLA1553. Lancet Infect Dis. 2024;24(12):1383-1392. doi:10.1016/S1473-3099(24)00357-8
- Ng WH, Amaral K, Javelle E, Mahalingam S. Chronic chikungunya disease: clinical insights, immunopathogenesis and therapeutic perspectives. QJM. 2024;117(7):489-494. doi:10.1093/qjmed/hcae028
- Weber WC, Streblow DN, Coffey LL. Chikungunya Virus Vaccines: A Review of IXCHIQ and PXVX0317 from pre-clinical evaluation to licensure. BioDrugs. 2024;38:727-742. doi:10.1007/s40259-024-00677-y
- Ständige Impfkommission (STIKO). Empfehlung zur Impfung gegen Chikungunya. Epidemiologisches Bulletin 28/2025. doi:10.25646/13274