Sollte während der Schwangerschaft zusätzlich Folsäure eingenommen werden?

Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass bereits nicht schwangere junge Frauen überdurchschnittlich häufig mit Folsäure unterversorgt sind.

Durch die Blutbildung und das Wachstum von Mutterkuchen (Plazenta) und Kind besteht in der Schwangerschaft ein fast doppelt so hoher Folsäurebedarf wie außerhalb der Schwangerschaft.

Was sind die Ursachen eines Folsäuremangels und wer ist besonders davon betroffen?

Folsäure zählt zu den hitzeempfindlichsten Vitaminen überhaupt und kann zum Beispiel durch Kochen zu über 90 % zerstört werden. Ferner ist Folsäure wasserlöslich und wird so gewissermaßen mit Spülwasser – beim Reinigen von Salaten und Gemüse – wie auch mit dem Kochwasser weggeschüttet. Außerdem kann der menschliche Organismus natürliche Folsäure nur schwer verwerten. Durch die heute übliche Kost, die wenig Obst und Gemüse enthält und entsprechend erhitzt ist, ist die Deckung des Folsäurebedarfs nicht mehr möglich.

Ein erhöhter Bedarf an Folsäure besteht während der Schwangerschaft, bei der Einnahme der Anti-Baby-Pille, bei der Einnahme bestimmter Medikamente wie Antiepileptika (Antikrampfmittel) sowie bei Reduktionsdiäten.

So kann durch die Einnahme der Anti-Baby-Pille oder von Antiepileptika die Aufnahme von Folsäure durch die Dünndarmwand um etwa 40 % verringert werden.

Von einem Folsäuremangel sind also insbesondere Frauen betroffen, die eine Reduktionsdiät durchgeführt haben und die Anti-Baby-Pille oder bestimmte Medikamente einnehmen oder eingenommen haben, aber auch sehr junge Frauen kurz nach der Pubertät sowie Frauen, die kurz hintereinander schwanger wurden oder Mehrlingsgeburten hatten.

Die Einnahme einer folsäurehaltigen Nahrungsergänzung ist deshalb für alle Frauen im gebärfähigen Alter erforderlich.

Die Empfehlung, während der Schwangerschaft zur Vermeidung eines Mangels verstärkt folsäurereiche Nahrungsmittel wie Gemüse zu verzehren, wird durch die Belastung gerade dieser Lebensmittel mit chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln und Umweltgiften wie Schwermetallen und Schwefelverbindungen sowie Pestiziden und Insektiziden, infrage gestellt.

Ein Folsäuremangel kann schwerwiegende Folgen haben: Häufung von Fehlgeburten und Missbildungen des Kindes wie Neuralrohrdefekte (offener Rücken etc.), vorzeitige Plazentalösung (Mutterkuchenlösung), Gestose (eine Schwangerschaftserkrankung) und Mangelentwicklung des Kindes.

In einer mit 800 Frauen in einer Frühschwangerschaft durchgeführten Studie wurde in der Gruppe der Frauen mit einem Folsäuremangel eine vierfach höhere Missbildungsrate festgestellt, vor allem Missbildungen wie Anencephalus (Nichtausbildung des Großhirns) sowie Spina bifida (offener Rücken).

Bei den Neuralrohr-Defekten findet der Verschluss des Neuralrohrs zwischen dem 15. und 18. Tag nach der Empfängnis nicht oder nur teilweise statt, was Zerstörungen in der Anlage des Wirbelkanals und des zentralen Nervensystems zur Folge hat. Liegt eine solche Fehlbildung im Bereich des Rückenmarks vor, kommt es zu einer Spina bifida, das heißt zu einem offenen Rücken. Kommt die Störung im oberen Bereich des Neuralrohrs vor, so findet eine Entwicklungsstörung am Gehirn statt, die in den schwersten Fällen zu einem Großhirnmangel, einer Anencephalie, führt.

In zahlreichen wissenschaftlichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass durch die zusätzliche Folsäurevergabe an Schwangere das Risiko von Neuralrohrdefekten um 60 bis 75 % reduziert werden kann. Auch ein Wiederholungsrisiko wird dadurch deutlich gesenkt. Angeborene Neuralrohr-Defekte kommen in Deutschland bei drei von 1.000 Neugeborenen vor. Das Wiederholungsrisiko für diese Schwangerschaftskomplikation liegt bei 30 bis 40 Fällen pro 1.000 Neugeborene. Untersuchungen zeigen, dass sich das Risiko, ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt zu gebären, bei Übergewichtigkeit der Mutter deutlich erhöht. Gegenüber normalgewichtigen Frauen mit einem Body-Mass-Index (BMI; Körpermassen-Index) von 18,5 bis 25 gilt für übergewichtige Frauen mit einem BMI größer als 25 ein zweifach und für stark übergewichtige Frauen mit einem BMI von 30 sogar ein vierfach erhöhtes Risiko.

Eine angemessene Gewichtszunahme während der Schwangerschaft hängt von Ihrem BMI vor der Schwangerschaft ab: Eine optimale Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ist von besonderer Bedeutung für Ihre Gesundheit und die Ihres Babys. Sprechen Sie deshalb Ihren Arzt auf den Gesundheitscheck für die Schwangere an.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass eine Folsäureeinnahme vor der Empfängnis neben einer Reduzierung angeborener Missbildungen ebenso das Fehlgeburtsrisiko im ersten Schwangerschaftsdrittel vermindert.

Aufgrund der vorliegenden Befunde empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Ernährung 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag während der gesamten Schwangerschaft.

Neue Untersuchungen zur Folsäureversorgung von Schwangeren zeigen, dass weniger als 10 % der Schwangeren die empfohlene Menge von 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag über die Nahrung zu sich nehmen. Die Einnahme einer folsäurehaltigen Nahrungsergänzung ist deshalb unbedingt erforderlich.

Wie viel Folsäure sollte eine Nahrungsergänzung für Schwangere enthalten?

Die Empfehlung für eine zusätzliche Folsäurezufuhr für Frauen im gebärfähigen Alter liegt bei 0,4 mg, dies entspricht 400 Mikrogramm, pro Tag. Bei Übergewichtigen ist eine zusätzliche Folsäurezufuhr von etwa 0,8 mg, das entspricht 800 Mikrogramm, pro Tag notwendig.

Wichtig ist, dass die Folsäureaufnahme rechtzeitig erfolgt, das heißt schon vor der Empfängnis. Der Verschluss des Neuralrohrs erfolgt bereits zwischen dem 15. und dem 28. Tag nach der Empfängnis. Zum anderen ist das Risiko einer Fehlgeburt bei Frauen mit erniedrigten Folsäurewerten im Blut deutlich höher. Die Aufnahme einer folsäurehaltigen Nahrungsergänzung mit etwa 0,4 mg entsprechend 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag sollte deshalb stets gewährleistet sein.

Dieser Empfehlung schließen sich unter anderem auch die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde sowie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung an.

Beachten Sie bitte neben der Einnahme einer folsäurehaltigen Nahrungsergänzung die Grundregeln der Ernährung in der Schwangerschaft: Eine Schwangere sollte nicht dursten und nicht hungern. Die tägliche Kost sollte hochwertig und abwechslungsreich sein.

Hinweis zum Versorgungszustand
80-91 % der Frauen in der Altersgruppe von 19-80 J. erreichen die empfohlene Tageszufuhr nicht.
DGE-Empfehlung: Frau  400 µg/Tag; Schwangere 550 µg/Tag*

*Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, sollten zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung 400 µg synthetische Folsäure pro Tag in Form eines Präparats einnehmen, um Neuralrohrdefekten vorzubeugen. Diese zusätzliche Einnahme eines Folsäurepräparates sollte spätestens 4 Wochen vor Beginn der Schwangerschaft anfangen werden.
Frauen, die erst kurz vor Eintreten der Schwangerschaft bzw. nach Beginn der Schwangerschaft mit der Supplementation beginnen, sollten 800 µg Folsäure pro Tag einnehmen, damit schnell eine ausreichende Menge Folsäure im Blut erreicht wird.