pH-Wert des Stuhls
Der pH-Wert des Stuhls (Synonyme: Stuhl-pH, Darm-pH-Wert) ist ein orientierender diagnostischer Parameter zur Abschätzung der mikrobiellen Zusammensetzung des Darms, insbesondere des Gleichgewichts zwischen fermentativer und proteolytischer Mikrobiota (Darmbakterien). Er erlaubt indirekte Rückschlüsse auf die Aktivität kurzkettiger Fettsäuren (z. B. Butyrat, Propionat, Acetat) (Fettsäuren, die von Bakterien gebildet werden), das intestinale Milieu (Darmumgebung) sowie pathophysiologische Prozesse (krankhafte Vorgänge) wie Malabsorption (Stoffwechselstörung mit ungenügender Aufnahme von Nährstoffen), Dysbiose (gestörte Darmflora) oder bakterielle Fehlbesiedlung.
Ein physiologischer Stuhl-pH liegt im leicht sauren bis neutralen Bereich. Abweichungen nach unten oder oben können diagnostische Hinweise auf Störungen der gastrointestinalen Ökologie (Zusammensetzung der Darmflora) oder des Stoffwechsels geben.
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Frischer Stuhl (nicht älter als 12 Stunden)
- Keine Konservierung erforderlich
- Teststreifen oder elektrochemische pH-Messung (Messung mit elektronischem Gerät) im Labor
Vorbereitung des Patienten
- Keine spezielle Vorbereitung notwendig
- Ideal: Vermeidung stark probiotikahaltiger Lebensmittel 24 Stunden vor Stuhlgewinnung
Referenzbereich
Altersgruppe | Referenzbereich (pH) |
---|---|
Säuglinge | 5,0–6,5 |
Kinder und Erwachsene | 6,2–7,2 |
Interpretation
Erhöhter pH-Wert (> 7,2)
Hinweis auf eine alkalisierende Darmflora (basisch wirkende Bakterien) mit verstärkter proteolytischer Aktivität (Eiweißzersetzung durch Bakterien) – häufig assoziiert mit:
- Maldigestion und Malabsorption (Verdauungsstörung und Nährstoffmangel)
- Eiweißreicher Ernährung (vor allem tierisches Protein)
- Dysbiose mit Clostridium spp. oder anderen Fäulnisbakterien
- Verminderter Produktion kurzkettiger Fettsäuren
- Chronischer Obstipation (chronische Verstopfung)
- Entzündlicher Darmerkrankung (z. B. Colitis ulcerosa in Remission) (Darmentzündung)
Erniedrigter pH-Wert (< 6,0)
Deutet auf vermehrte Fermentationsprozesse (Gärungsvorgänge) im Kolon (Dickdarm) mit Bildung organischer Säuren hin. Typisch bei:
- Vermehrung von milchsäureproduzierenden Bakterien (z. B. Lactobazillen, Bifidobakterien)
- Kurzkettige Fettsäuren in hoher Konzentration
- Kohlenhydratmalabsorption (z. B. Laktoseintoleranz, Fruktosemalabsorption) (Zuckerunverträglichkeit)
- Reaktive Säuglingsdysbiose
- Kurzdarmsyndrom
- Antibiotika-induzierter Mikrobiomverschiebung (Veränderung der Darmflora durch Antibiotika)
Weitere Hinweise
- Der pH-Wert ist tageszeit- und ernährungsabhängig. Interpretation immer im Kontext anderer Stuhlparameter (z. B. kurzkettige Fettsäuren, Bakterienflora, Verdauungsrückstände)
- Stark pathologisch veränderte pH-Werte (< 5,0 oder > 8,0) erfordern differenzialdiagnostische Abklärung (Ursachensuche durch weiterführende Diagnostik)
- Als Einzelparameter nur orientierend interpretierbar
Kombinierte Stuhldiagnostik empfohlen bei
- Unklarer Diarrhö (Durchfall), Obstipation (Verstopfung), Flatulenz (Blähungen)
- Verdacht auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Reizdarmsyndrom
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Nach Antibiotikatherapie oder Klinikaufenthalt
- Zur Verlaufskontrolle bei mikrobiologischer Therapie (z. B. Probiotika)