Methylmalonsäure (MMA)
Methylmalonsäure ist ein Zwischenprodukt im Propionatstoffwechsel (Abbauweg bestimmter Fettsäuren und Eiweißbausteine), das beim Abbau ungeradzahliger Fettsäuren und bestimmter Aminosäuren (Valin, Isoleucin, Methionin, Threonin) entsteht. Die Umwandlung von Methylmalonyl-CoA (Zwischenverbindung im Stoffwechsel) zu Succinyl-CoA (Stoffwechselprodukt im Citratzyklus) erfordert Vitamin B₁₂ (Cobalamin) (Vitamin zur Blutbildung und Nervenfunktion) als Cofaktor. Ein funktioneller Vitamin-B₁₂-Mangel (Mangel trotz normalen Blutwerts) führt zu einem Anstieg der MMA-Konzentration im Blut und Urin. Daher dient der MMA-Wert als empfindlicher Marker zur Erkennung eines funktionellen Vitamin-B₁₂-Mangels, auch bei normwertigem Serum-B₁₂ (Vitamin B₁₂ im Blutserum).
Synonyme
- MMA
- Methylmalonic acid
Das Verfahren
- Benötigtes Material
- Serum (flüssiger Blutanteil ohne Gerinnungsfaktoren) oder Plasma (Blutflüssigkeit mit Gerinnungsfaktoren)
- Spontanurin (einfach gewonnener Urin, ohne besondere Vorbereitung)
- Vorbereitung des Patienten
- Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
- Nüchternblutabnahme (Blutentnahme ohne vorherige Nahrungsaufnahme) empfohlen zur Standardisierung, insbesondere bei Kombination mit anderen Vitaminparametern
- Störfaktoren
- Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) – erhöht MMA unabhängig vom Vitamin-B₁₂-Status
- Antibiotikatherapie (Behandlung mit Antibiotika) – veränderte Darmflora kann MMA-Spiegel beeinflussen
- Schwangerschaft – physiologisch erhöhter Wert möglich
- Lagerungsartefakte (Veränderung durch falsche Probenlagerung) – MMA ist temperaturempfindlich; Proben sollten gekühlt transportiert werden
- Methode
- Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) (Trenn- und Analyseverfahren zur exakten Bestimmung kleinster Moleküle)
- Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) (hochpräzise Labormethode für komplexe Substanzen)
Normbereiche (je nach Labor)
Subgruppe / Geschlecht / Alter | Referenzbereich |
---|---|
Erwachsene (Serum) | < 270 nmol/l |
Urin (MMA/Kreatinin-Ratio) | < 3,5 µmol/mmol |
Neugeborene / Säuglinge (Urintest) | Bis 20 µmol/mmol (altersabhängig) |
Normbereiche sind methoden- und laborabhängig
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Verdacht auf Vitamin-B₁₂-Mangel – insbesondere bei unklarer makrozytärer Anämie (Blutarmut mit vergrößerten roten Blutkörperchen), Polyneuropathie (Nervenschädigung) oder neurokognitiven Störungen (Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen)
- Verlaufskontrolle bei Vitamin-B₁₂-Therapie
- Diagnostik bei unklarer Hyperhomocysteinämie (erhöhtes Homocystein im Blut)
- Differentialdiagnostik bei angeborenen Stoffwechselstörungen – z. B. Methylmalonazidurie (genetisch bedingte Stoffwechselkrankheit)
- Abklärung bei Säuglingen mit Gedeihstörung (ausbleibende Gewichtszunahme), Hypotonie (niedriger Muskeltonus) oder metabolischer Azidose (Übersäuerung des Körpers)
Interpretation
- Erhöhte Werte
- Funktioneller Vitamin-B₁₂-Mangel trotz normalem Gesamt-B₁₂
- Methylmalonazidurie – seltene autosomal-rezessive Stoffwechselerkrankung
- Chronische Niereninsuffizienz (dauerhafte Nierenschwäche) – reduzierte Ausscheidung von MMA
- Antibiotikainduzierte Veränderungen der Darmflora – beeinflussen MMA-Werte
- Erniedrigte Werte
- Keine klinische Relevanz (untere Referenzgrenze nicht pathologisch)
- Spezifische Konstellationen
- Erhöhtes MMA bei normalem Homocystein (schwefelhaltige Aminosäure): spricht für isolierten Vitamin-B₁₂-Mangel
- Erhöhtes MMA und Homocystein: hochspezifisch für Vitamin-B₁₂-Mangel
- Normales MMA bei erhöhtem Homocystein: eher Folsäuremangel (Mangel an Vitamin B₉)
Weiterführende Diagnostik
- Gesamt-Vitamin-B₁₂
- Holotranscobalamin (Holo-TC) (aktive Form von Vitamin B₁₂ im Blut)
- Homocystein
- Folsäure
- Blutbild mit MCV/MCH (Zellgröße und Hämoglobingehalt der roten Blutkörperchen)
- Neurophysiologische Untersuchungen bei Verdacht auf Nervenschäden
- Genetische Diagnostik bei Verdacht auf Methylmalonazidurie
Literatur
-
Hannibal L, Lysne V, Bjørke-Monsen AL et al.: Biomarkers and Algorithms for the Diagnosis of Vitamin B12 Deficiency. Front Mol Biosci. 2016;3:27. https://doi.org/10.3389/fmolb.2016.00027