Erythrozytenindices (MCV, MCH, MCHC) – Bedeutung in der Anämiediagnostik

Die Erythrozytenindices sind quantitative Kennzahlen zur Charakterisierung von Erythrozyten (roten Blutkörperchen). Sie dienen der morphologischen Klassifikation von Anämien (Blutarmut) und unterstützen die Differentialdiagnostik der zugrunde liegenden Ursachen. Die drei wichtigsten Parameter sind:

  • MCV (Mean Corpuscular Volume) – mittleres Erythrozytenvolumen (mittlere Zellgröße der roten Blutkörperchen)
  • MCH (Mean Corpuscular Hemoglobin) – mittlerer Hämoglobingehalt pro Erythrozyt (Durchschnittsmenge an rotem Blutfarbstoff pro rotem Blutkörperchen)
  • MCHC (Mean Corpuscular Hemoglobin Concentration) – mittlere Hämoglobinkonzentration in Erythrozyten (Konzentration des roten Blutfarbstoffs im Blutkörperchen)

Die Erythrozytenindices werden aus den Parametern des kleinen Blutbilds berechnet und geben Hinweise auf Art und Ursache einer Anämie, insbesondere hinsichtlich Volumen und Hämoglobingehalt der Erythrozyten.

Das Verfahren

  • Benötigtes Material
    • EDTA-Vollblut (Blutprobe mit Gerinnungshemmer)
  • Vorbereitung des Patienten
    • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
  • Störfaktoren
    • Hämolyse (Zerfall von roten Blutkörperchen)
    • Hyperlipidämie (erhöhte Blutfette)
    • Kalte Agglutinine (bestimmte Antikörper, die Zellen verklumpen lassen)
  • Methode
    • Automatisierte Hämatologieanalyse (Blutzellanalyse mit einem Laborgerät)

Normbereiche (je nach Labor)

Parameter Normbereich Erwachsene Einheit
MCV 80-96 fl
MCH 27-33 pg
MCHC 32-36 g/dl

Normbereiche sind methoden- und laborabhängig

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Differentialdiagnostik von Anämien (Ursachenklärung bei Blutarmut)
  • Klassifikation mikro-, normo- und makrozytärer Anämien (Einteilung nach Zellgröße)
  • Beurteilung des Eisen-, Vitamin-B12- und Folsäurestatus (Versorgungslage wichtiger Blutbildungsstoffe)
  • Verlaufskontrolle bei bekannter Anämie oder Therapiekontrolle

Interpretation

  • MCV (mittleres Erythrozytenvolumen)
    • Erhöht – Hinweis auf makrozytäre Anämie (z. B. Vitamin-B12- oder Folsäuremangel, Myelodysplasien [Erkrankungen des Knochenmarks])
    • Erniedrigt – Hinweis auf mikrozytäre Anämie (z. B. Eisenmangelanämie, Thalassämie [vererbte Blutbildungsstörung])
  • MCH (mittlerer Hämoglobingehalt pro Erythrozyt)
    • Erhöht – selten isoliert erhöht, meist parallel mit MCV (z. B. bei Retikulozytose [vermehrte junge rote Blutkörperchen])
    • Erniedrigt – Hinweis auf hypochrome Anämie (v. a. Eisenmangel)
  • MCHC (mittlere Hämoglobinkonzentration pro Erythrozyt)
    • Erhöht – selten, bei Sphärozytose (runde, kugelförmige rote Blutkörperchen) oder nach Hämolyse
    • Erniedrigt – bei schwerem Eisenmangel, gestörter Hämoglobinsynthese
  • Kombinierte Konstellationen
    • Mikrozytär, hypochrom – typisch für Eisenmangel
    • Makrozytär, normochrom – typisch für Vitamin-B12- oder Folsäuremangel
    • Normozytär, normochrom – typisch für Anämien bei chronischen Erkrankungen

Weiterführende Diagnostik

  • Laborchemische Bestimmungen
    • Ferritin (Speicherform des Eisens), Transferrinsättigung (Eisentransport), löslicher Transferrinrezeptor (sTfR)
    • Vitamin B12, Holotranscobalamin (aktive Form von Vitamin B12)
    • Folsäure, Methylmalonsäure (Marker bei Vitamin-B12-Mangel)
  • Knochenmarkdiagnostik bei ungeklärter oder refraktärer Anämie (nicht auf Therapie ansprechend)
  • Differentialblutbild, Retikulozytenzahl (Anzahl junger roter Blutkörperchen)
  • Hämoglobin-Elektrophorese bei Verdacht auf Hämoglobinopathien (vererbte Störungen des Blutfarbstoffs)