Geburtspositionen im Kreißsaal: Welche Varianten gibt es und welche Vorteile haben sie?

Die Geburtsposition beeinflusst maßgeblich den Verlauf und das Erleben der Geburt. Welche Haltung eine Frau im Kreißsaal einnimmt – ob liegend, hockend, stehend oder in Seitenlage –, wirkt sich auf die Wehen, die Sauerstoffversorgung des Kindes und den Geburtsfortschritt aus. Eine moderne Geburtshilfe sollte deshalb auf Positionsfreiheit setzen und der Gebärenden ermöglichen, die Position selbst zu wählen, in der sie sich wohl und sicher fühlt.

Bedeutung der Geburtsposition

Die Position während der Geburt ist weit mehr als eine Frage des Komforts. Sie verändert die Anatomie des Beckens, beeinflusst die Richtung der Schwerkraft und kann so den Geburtsmechanismus wesentlich unterstützen oder behindern.

Aufrechte Haltungen nutzen die Schwerkraft, fördern die natürliche Rotation des kindlichen Kopfes und unterstützen die Wehenwirkung. Zudem können sie den Druck auf große Gefäße – etwa die Vena cava inferior – verringern und so Kreislaufstörungen vorbeugen.

Liegende Positionen hingegen erleichtern die medizinische Kontrolle (z. B. CTG (Wehenschreiber), vaginaler Befund, Interventionen), können aber die Durchblutung und Wehenintensität beeinträchtigen. Der Nutzen hängt also von den individuellen Umständen, der Geburtsphase und eventuellen Interventionen wie einer Periduralanästhesie (PDA; Regionalanästhesie, bei der Betäubungsmittel in den Periduralraum nahe der Wirbelsäule injiziert werden) ab [1, 2].

Aufrechte Geburtspositionen

Stehen und Gehen

Während der Eröffnungsphase können Bewegung und aufrechtes Stehen helfen, das Kind tiefer ins Becken zu leiten. Studien zeigen, dass aufrechte Positionen die Geburtsdauer verkürzen können, da sie die Kontraktionskraft des Uterus (Gebärmutter) verstärken und die Zervixdilatation (Öffnung des Gebärmutterhalses) fördern [2].

Sitzen

Das Sitzen auf einem Gebärhocker oder Gymnastikball entlastet den Rücken, verbessert die Atmung und erlaubt, dass die Schwerkraft weiterhin wirkt. Es fördert die Eigenaktivität der Gebärenden und kann das subjektive Schmerzempfinden reduzieren.

Hocken

Die Hockstellung ist eine der physiologisch günstigsten Positionen. Sie erweitert den Beckenausgang, unterstützt den Druck nach unten und nutzt die Schwerkraft maximal. Allerdings ist sie körperlich anstrengend und nicht für jede Frau – etwa bei Gelenkproblemen oder Periduralanästhesie – geeignet.

Vierfüßlerstand

Diese Position entlastet den Rücken und kann hilfreich sein, wenn das Kind in einer hinteren Hinterhauptslage liegt. Sie fördert die spontane Drehung des Kopfes und reduziert das Risiko für Dammverletzungen.

Liegende Positionen

Seitenlage

Die Seitenlage gilt als kreislaufschonend und eignet sich gut bei müden oder erschöpften Gebärenden. Sie verhindert eine Vena-cava-Kompression, ermöglicht eine gute uteroplazentare Durchblutung und wird auch bei Periduralanästhesie häufig empfohlen.

Halbliegende Position

Diese Position ist im Kreißsaal weit verbreitet, weil sie einen guten Zugang für das medizinische Personal erlaubt. Physiologisch ist sie weniger günstig als aufrechte Positionen, da die Schwerkraftwirkung begrenzt ist. Dennoch kann sie für Frauen mit eingeschränkter Beweglichkeit oder unter Analgesie sinnvoll sein.

Rückenlage

Die klassische Rückenlage wird heute als ungünstig betrachtet, da sie den Beckenausgang verkleinert, die Weheneffektivität reduziert und die großen Blutgefäße komprimieren kann. Sie ist in der Regel nur bei geburtshilflichen Eingriffen oder Notfällen erforderlich.

Wassergeburt und alternative Positionen

Geburten im Wasser oder Teilpositionen im Wasser – etwa hockend oder kniend – können Schmerzen lindern, die Beweglichkeit erhöhen und das Wohlbefinden verbessern. Der Auftrieb entlastet Muskulatur und Beckenboden, wodurch viele Frauen diese Form der Geburt als besonders angenehm empfinden.

Vorteile und Grenzen verschiedener Positionen

Vorteile aufrechter Positionen:

  • Förderung des Geburtsfortschritts durch Schwerkraft
  • Verbesserung der Wehenwirksamkeit und der kindlichen Rotation
  • Reduzierung des Vena-cava-Kompressionsrisikos
  • Kürzere Geburtsdauer und subjektiv geringere Schmerzen
  • Aktive Mitwirkung der Gebärenden und gesteigertes Selbstwirksamkeitserleben

Mögliche Nachteile:

  • Erhöhte körperliche Belastung, insbesondere in der Hockstellung
  • Erschwerte Überwachung bei kontinuierlichem CTG
  • Erhöhtes, aber nicht klinisch relevantes Risiko für Blutverlust über 500 ml [1]

Praktische Empfehlungen

  1. Positionsfreiheit fördern: Die Gebärende sollte in jeder Phase die Möglichkeit haben, ihre Haltung frei zu wählen.
  2. Bewegung unterstützen: Regelmäßige Positionswechsel verhindern Erschöpfung und fördern den Geburtsfortschritt.
  3. Ausstattung bereitstellen: Gebärhocker, Bälle, Matten und Haltegriffe sollten selbstverständlich im Kreißsaal vorhanden sein.
  4. Interdisziplinäres Wissen: Ärztinnen, Hebammen und Pflegekräfte sollten mit den physiologischen Effekten verschiedener Positionen vertraut sein.
  5. Individualisierung: Die Position ist stets im Kontext der klinischen Situation, der Schmerztherapie und des Wohlbefindens der Gebärenden zu bewerten.

Fazit

Geburtspositionen sind ein zentrales, aber oft unterschätztes Element einer physiologisch orientierten Geburtshilfe. Aufrechte und bewegte Positionen können sowohl den Geburtsverlauf verkürzen als auch die Zufriedenheit der Gebärenden steigern. Dennoch sollte immer die individuelle Situation entscheiden.

Eine moderne Geburtshilfe respektiert die Selbstbestimmung der Frau, bietet Sicherheit und ermöglicht gleichzeitig Bewegung und Positionsfreiheit – für eine sichere, natürliche und positive Geburtserfahrung.

Literatur

  1. Gupta JK, Sood A, Hofmeyr GJ, Vogel JP: Position in the second stage of labour for women without epidural anaesthesia. Cochrane Database Syst Rev. 2017;5:CD002006. doi: 10.1002/14651858.CD002006.pub3.
  2. Berta M, Lindgren H, Brink Å, Klingberg-Allvin M et al.: Effect of maternal birth positions on duration of second stage of labor: a systematic review and meta-analysis. BMC Pregnancy Childbirth. 2019;19:2620. doi: 10.1186/s12884-019-2620-0.