Blasensprung während der Geburt: Was passiert, wenn die Fruchtblase platzt?
Der Blasensprung ist ein entscheidender Moment im Geburtsverlauf. Reißt die Fruchtblase und tritt Fruchtwasser aus, signalisiert dies häufig, dass die Geburt bevorsteht. Wichtig ist, die Situation fachlich korrekt zu beurteilen und ein geeignetes Management einzuleiten.
Was im Körper passiert
Die Fruchtblase umschließt das Kind in Fruchtwasser. Reißt die Membran, tritt das Fruchtwasser meist plötzlich, warm und nicht willentlich kontrollierbar aus. Anders als Urin lässt es sich nicht zurückhalten. Die Farbe liefert Hinweise:
- Klar ist gesund
- Grünlich/bräunlich kann auf Mekonium (Kindspech) und damit auf fetalen Stress hindeuten
- Blutig: erfordert sofortige Abklärung
Arten des Blasensprungs
- Rechtzeitiger Blasensprung: während der Eröffnungsphase (häufigster Fall)
- Frühzeitiger Blasensprung: bevor regelmäßige Wehen einsetzen
- Später Blasensprung: in der Austreibungsphase
- Überfälliger Blasensprung: Blase bleibt bis zur Geburt intakt.
- Vorzeitiger Blasensprung (< 37 SSW): erhöhtes Risiko u. a. für Infektionen und Frühgeburt [1, 5]
Diagnostik in der Klinik
- Spekulumeinstellung mit Sicht auf Fruchtwasseraustritt
- pH-Test (Nitrazin), Ferning-Test
- Immunologische Schnelltests (z. B. PAMG-1/IGFBP-1)
- Sonographie (Ultraschalluntersuchung) zur Beurteilung der Fruchtwassermenge
Mögliche Risiken
- Infektionen (Chorioamnionitis (bakterielle Entzündung der Eihäute (Chorion und Amnion) und meistens auch des Fruchtwassers), Endometritis (Gebärmutterentzündung)): Risiko steigt mit der Latenzzeit bis zur Geburt (Zeitspanne zwischen dem Blasensprung und der Geburt) [1-3].
- Nabelschnurvorfall: v. a. wenn der vorangehende Teil nicht tief steht – geburtshilflicher Notfall [1, 5]
- Wehenschwäche: ggf. Oxytocin-Stimulation erforderlich [2, 3]
Management und Geburtseinleitung
Am Termin (≥ 37 SSW):
- Enge Überwachung (CTG (Wehenschreiber), mütterliche Vitalparameter, Infektzeichen)
- Geburtseinleitung innerhalb eines begrenzten Zeitfensters (häufig 12-24 h) reduziert maternale Infektionen und verkürzt die Zeit bis zur Geburt, ohne die Sectiorate (Kaiserschnittrate) zu erhöhen [2].
Vor der 37. SSW:
-
Management abhängig vom Gestationsalter (Schwangerschaftsalter) und klinischer Konstellation; häufig antibiotische Prophylaxe, Antenatale Kortikosteroide (vorgeburtliche Kortisonbehandlung) zur Lungenreife, sorgfältige Überwachung und ggf. Verlegung in ein Perinatalzentrum. Abwägung zwischen Schwangerschaftsverlängerung und Entbindungsindikation unter Berücksichtigung von Infektionsrisiko und fetalem Zustand [1, 5].
Fazit
Der Blasensprung ist meistens ein normales Ereignis im Geburtsprozess, erfordert aber zeitnahe klinische Beurteilung. Am Termin sprechen robuste Daten für eine frühzeitige Einleitung zur Reduktion von Infektionen [2, 3]. Bei vorzeitigem Blasensprung ist das Vorgehen differenziert und sollte sich am Gestationsalter, Infektionsstatus und fetalen Parametern orientieren [1, 5].
Literatur
- Ramirez-Montesinos L, Downe S, Ramsden A: Systematic review on the management of term prelabour rupture of membranes. BMC Pregnancy Childbirth. 2023;23:650. doi: 10.1186/s12884-023-05878-x.
- Hannah ME, Ohlsson A, Farine D et al.: Induction of labor compared with expectant management for prelabor rupture of the membranes at term. N Engl J Med. 1996;334(16):1005-1010. doi: 10.1056/NEJM199604183341601.
- Geron Y,et al.: Uncertain prelabor rupture of membranes at term and associated delivery outcomes: meta-analysis of RCTs. Int J Gynaecol Obstet. 2024. doi: 10.1002/ijgo.15735.
- Bachar G et al.: The optimal induction timing in prelabor rupture of membranes at term. J Matern Fetal Neonatal Med. 2023. doi: 10.1080/14767058.2023.2215997.
- Sorrenti S et al.: Outcome of prelabor rupture of membranes before or at the limit of viability: systematic review and meta-analysis. Am J Obstet Gynecol MFM. 2024;6(6):101370. doi: 10.1016/j.ajogmf.2024.101370.