Dammschnitt bei der Geburt: Wird er immer durchgeführt und wie lässt er sich vermeiden?
Der Dammschnitt – medizinisch Episiotomie genannt – ist ein kleiner Eingriff, bei dem das Gewebe zwischen Scheide und After während der Geburt eingeschnitten wird. Er soll den Geburtskanal erweitern, damit das Baby leichter geboren werden kann und schwere Risse vermieden werden.
Wird ein Dammschnitt immer durchgeführt?
Nein. Ein Dammschnitt gehört nicht mehr zur Routine. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) und medizinische Fachgesellschaften empfehlen, ihn nur bei klarer medizinischer Notwendigkeit anzuwenden.
Das ist insbesondere der Fall, wenn:
- die Geburt mithilfe einer Saugglocke (Vakuumextraktion) oder Zange (Forceps) erfolgt,
- das Baby besonders groß ist oder in einer schwierigen Position liegt,
- auffällige Herztöne des Babys einen schnellen Geburtsabschluss erfordern,
- oder wenn ein tiefer Dammriss droht.
Selbst in diesen Situationen entscheiden Hebammen und Ärzte individuell, ob ein Schnitt wirklich sinnvoll ist. In Deutschland wird die Episiotomie heute nur noch bei etwa 8-30 % der vaginalen Geburten vorgenommen – Tendenz sinkend.
Welche Risiken birgt ein Dammschnitt?
Wie jeder Eingriff kann auch ein Dammschnitt Nebenwirkungen haben:
- Schmerzen oder Brennen im Wundbereich
- Schwellungen (Ödeme), Blutergüsse (Hämatome) oder Wundheilungsprobleme
- Narben, die anfangs empfindlich bleiben
- in seltenen Fällen: Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)
Studien zeigen, dass natürliche (spontane) Risse oft besser heilen als ein Schnitt, da sie entlang der natürlichen Gewebefasern verlaufen.
Wie lässt sich ein Dammschnitt vermeiden?
Ein Dammschnitt ist nicht immer vermeidbar – doch mit der richtigen Vorbereitung lässt sich das Risiko deutlich senken.
- Perinealmassage in der Schwangerschaft
- Die regelmäßige Dammmassage ab der 34. Schwangerschaftswoche macht das Gewebe dehnbarer. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass Frauen, die ihren Damm regelmäßig massieren, seltener einen Dammschnitt benötigen und weniger schwere Risse erleiden [1].
- Massage während der Geburt
- Auch während der Geburt kann eine sanfte Massage des Dammbereichs helfen, das Gewebe geschmeidig zu halten.
- Eine aktuelle systematische Übersicht aus dem Jahr 2024 zeigt: Perinealmassage, egal ob in der Schwangerschaft oder während der Geburt, verbessert die Elastizität und trägt zu einer besseren Erholung des Beckenbodens nach der Entbindung bei [2].
- Sanftes Pressen und Geburtsposition
- In der Endphase der Geburt kann bewusstes, langsames Pressen helfen, den Damm zu schützen. Hebammen unterstützen dabei, das Tempo zu drosseln, damit sich das Gewebe besser dehnen kann.
- Auch aufrechte oder seitliche Geburtspositionen (wie Seitenlage oder Vierfüßlerstand) entlasten den Damm und können das Risiko von Verletzungen verringern.
- Positive Wirkung der Vorbereitung belegt
- Schon eine kleine Routine kann einen großen Unterschied machen. Eine frühere Studie aus dem Jahr 2019 zeigte, dass regelmäßige Dammmassage in den letzten Schwangerschaftswochen die Notwendigkeit eines Dammschnitts deutlich reduziert [3].
Fazit
Ein Dammschnitt wird heute nicht mehr routinemäßig durchgeführt. Mit der richtigen Vorbereitung – etwa durch Perinealmassage, achtsames Pressen und günstige Geburtspositionen – lässt sich das Risiko deutlich senken. Das Ziel ist klar: Eine möglichst natürliche, sichere Geburt – für Mutter und Kind.
Literatur
- Venugopal V, Deenadayalan B, Maheshkumar K et al.: Perineal Massage for Prevention of Perineal Trauma and Episiotomy during Labor: a systematic review and Meta-analysis. J Family Reprod Health. 2022;16(3):162-169. doi: 10.18502/jfrh.v16i3.10575.
- Yin J, Chen Y, Huang M et al.: Effects of perineal massage at different stages on perineal and postpartum pelvic floor function in primiparous women: a systematic review and meta-analysis. BMC Pregnancy Childbirth. 2024;24:405. doi: 10.1186/s12884-024-06586-w.
- Akhlaghi F, Sabeti Baygi Z, Miri M, Najafi M: Effect of Perineal Massage on the Rate of Episiotomy. J Family Reprod Health. 2019;13(3). doi: 10.18502/jfrh.v13i3.2130.