Reizblase (überaktive Blase, OAB)
– Medikamentöse Therapie
Therapieziel
- Verbesserung der Symptomatik, d. h. vor allem eine Besserung der Urgency-frequency-Symptomatik ("Dringlichkeitsfrequenz", d. h. der Häufigkeit des plötzlichen, schwer unterdrückbaren Harndrangs und häufigen Wasserlassens)
Therapieempfehlungen
- Antimuskarinika (Anticholinergika) – gelten als Standardmedikamente zur Behandlung der OAB.
- Wirkung: Hemmung der muskarinischen Rezeptoren im Detrusormuskel*, Reduktion unwillkürlicher Kontraktionen
- Beispiele: Oxybutynin, Tolterodin, Solifenacin, Trospiumchlorid
- Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Obstipation (Verstopfung), Sehstörungen, kognitive Einschränkungen (bei älteren Patienten relevant)
- Beta-3-Adrenozeptor-Agonisten – moderne Alternative oder Ergänzung zu Antimuskarinika.
- Wirkung: Relaxation des Detrusormuskels durch Stimulation von β3-Rezeptoren
- Beispiel: Mirabegron
- Besonderheiten: geringere anticholinerge Nebenwirkungen, aber Blutdruckkontrolle erforderlich
- Intravesikale Injektion von Botulinumtoxin A (BTX-A) – für therapierefraktäre Fälle.
- Indikationen: überaktive Blase (OAB) nach Versagen oraler Medikation; auch bei neurogener OAB
- Wirksamkeit: Gesamterfolgsrate bei OAB-Patienten ca. 51 %; Symptomreduktion bei 46 % der Männer ohne und 55 % mit Inkontinenz [1]
- Nebenwirkungen: Harnverhalt, Harnwegsinfekte, selten systemische BTX-Wirkung
- Lokale Östrogengabe bei postmenopausalen Frauen mit Schleimhautatrophie – kann OAB-Symptome verbessern, wenn eine atrophische Vaginitis vorliegt.
- Bevorzugt: Östriol-Präparate
- Beachte: Hochdosierte Estradiol-haltige Vaginalcremes (100 µg Estradiol pro g Creme, 0,01 %) sollen laut Europäischer Arzneimittel-Agentur nur einmalig und maximal 4 Wochen angewendet werden, aufgrund des Risikos für Endometriumkarzinome (Gebärmutterschleimhautkrebs), Mammakarzinome (Brustkrebs), venöse Thromboembolien (Blutgerinnsel (Thrombus), dass eine Vene verstopft) und Schlaganfälle [2]
*Der Musculus detrusor vesicae ist ein glatter Muskel, der die Wand der Harnblase bildet und für die Entleerung der Blase (Miktion) verantwortlich ist.
Wirkstoffe (Hauptindikation)
Antimuskarinika (Anticholinergika)
Wirkstoff |
Besonderheiten |
Oxybutynin |
Häufig Mundtrockenheit, Obstipation; Vorsicht bei älteren Patienten wegen kognitiver Nebenwirkungen |
Tolterodin |
Geringere ZNS-Nebenwirkungen als Oxybutynin; Leberfunktionsstörung beachten |
Solifenacin |
Lange Halbwertszeit, gute Verträglichkeit; QT-Verlängerung möglich |
Trospiumchlorid |
Geringe ZNS-Penetration, daher weniger kognitive Nebenwirkungen; nüchtern einnehmen |
Beta-3-Adrenozeptor-Agonisten
Wirkstoff |
Besonderheiten |
Mirabegron |
Relaxation des Detrusormuskels durch Stimulation von β3-Rezeptoren; geringere anticholinerge Nebenwirkungen; Blutdruckkontrolle erforderlich |
Intravesikale Injektion von Botulinumtoxin A (BTX-A)
Wirkstoff |
Besonderheiten |
Botulinumtoxin A |
Indikation: OAB nach Versagen oraler Medikation, auch bei neurogener OAB; Wirksamkeit: Gesamterfolgsrate ca. 51 %, Symptomreduktion bei 46 % der Männer ohne und 55 % mit Inkontinenz (Blasenschwäche); Nebenwirkungen: Harnverhalt, Harnwegsinfekte, selten systemische BTX-Wirkung |
Lokale Östrogengabe bei postmenopausalen Frauen mit Schleimhautatrophie
Wirkstoff |
Dosierung |
Besonderheiten |
Östriol-Präparate |
z. B. 0,5 mg Vaginalcreme 1-mal täglich für einige Wochen, danach 2-3-mal pro Woche |
Kann OAB-Symptome verbessern, wenn atrophische Vaginitis vorliegt; hochdosierte Estradiol-haltige Vaginalcremes (100 µg Estradiol/g Creme, 0,01 %) nur einmalig und maximal 4 Wochen anwenden (Risiko für Endometriumkarzinome, Mammakarzinome, venöse Thromboembolien, Schlaganfälle) |
Literatur
- Hobbs CP et al.: Results of intravesical botulinum toxin A in men with idiopathic overactive bladder symptoms. J Clin Urol 2014, online 12. August; doi: 10.1177/2051415814546034
- EMA-Pressemitteilung: PRAC confirms four-week limit for use of high-strength estradiol creams. 17.01.2020.
Autoren:
Dr. med. Werner G. Gehring
Letzte Aktualisierung: 08.08.2025