Reizblase (überaktive Blase, OAB) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Reizblase dar. Sie dient dazu, die Symptomatik einzuordnen, Risikofaktoren zu erfassen und Differenzialdiagnosen abzugrenzen.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie gehäuft Erkrankungen des Harntrakts oder Urogenitalsystems (z. B. Reizblase, chronische Blasenerkrankungen, wiederkehrende Harnwegsinfekte)?
  • Sind bei Familienangehörigen neurologische Erkrankungen bekannt (z. B. Multiple Sklerose, Morbus Parkinson)?

Sozialanamnese

  • Welchen Beruf üben Sie aus, und haben Sie während der Arbeit uneingeschränkten Zugang zu Toiletten?
  • Verstärken sich Ihre Beschwerden durch Stress, Kälte oder bestimmte Alltagssituationen (z. B. Reisen, berufliche Termine)?
  • Besteht aktuell eine hohe Stressbelastung oder eine psychisch belastende Lebenssituation?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese

  • Wie häufig müssen Sie tagsüber zur Toilette (z. B. mehr als 8-mal täglich)?
  • Müssen Sie nachts zur Toilette? Wenn ja, wie oft?
  • Müssen Sie sehr plötzlich zur Toilette, mit kaum unterdrückbarem Harndrang?
  • Kommt es dabei zu unwillkürlichem Urinabgang?
  • Haben Sie das Gefühl, Ihre Blase nicht vollständig entleeren zu können?
  • Wie groß sind die jeweils entleerten Urinmengen (eher klein oder normal)?
  • Seit wann bestehen die Beschwerden, und haben sie sich im Verlauf verändert?
  • Haben Sie bereits ähnliche Beschwerden in der Vergangenheit gehabt?
  • Haben sich Schlaf, Stimmung oder Ihre Leistungsfähigkeit im Alltag verändert?

Vegetative Anamnese einschließlich Ernährungsanamnese

  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit? Wie viel pro Tag?
  • Gibt es Getränke, nach deren Konsum sich Ihre Beschwerden verstärken (z. B. Kaffee, Alkohol, Zitrusfruchtsäfte)?
  • Trinken Sie koffeinhaltige Getränke (Kaffee, schwarzer/grüner Tee, Energy-Drinks)? Wenn ja, wie viele pro Tag?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welche Getränke und in welcher Menge?

Eigenanamnese

  • Haben Sie in der Vergangenheit häufig Harnwegsinfekte gehabt?
  • Bestehen bei Ihnen neurologische Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Polyneuropathie)?
  • Liegt ein Diabetes mellitus vor?
  • Wurden Operationen im Bereich des Urogenitalsystems durchgeführt (z. B. Blasenoperationen, gynäkologische Eingriffe)?

Medikamentenanamnese

  • Nehmen Sie Diuretika (entwässernde Medikamente) ein?
  • Nehmen Sie Protonenpumpenhemmer (PPI, Säureblocker) ein? Eine längerfristige PPI-Therapie geht mit einem erhöhten Risiko für eine überaktive Blase einher (adjustierte Odds-Ratio 1,36); die Kausalität ist jedoch nicht gesichert [1].

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Du YZ et al. Association Between Proton Pump Inhibitor Use and Overactive Bladder Risk in Adults: A Cross-Sectional Study. Urology 2024; https://doi.org/10.1016/j.urology.2024.09.015