Reizblase (überaktive Blase, OAB) – Klassifikation
1. Klassifikation nach der International Continence Society (ICS)
Die ICS definiert die überaktive Blase als Symptomkomplex, der durch plötzlichen Harndrang (urgency) mit oder ohne Dranginkontinenz (plötzlicher und starker Harndrang, der zu ungewolltem Urinverlust führen kann), meist verbunden mit erhöhter Miktionsfrequenz (Pollakisurie/häufiges Wasserlassen in kleinen Portionen) und Nykturie (nächtliches Wasserlassen), gekennzeichnet ist.
- OAB-dry – überaktive Blase ohne Dranginkontinenz
- OAB-wet – überaktive Blase mit Dranginkontinenz
2. Klassifikation nach ICD-10
Die Reizblase wird in der ICD-10 nicht als eigenständige Krankheit kodiert, sondern unter verschiedenen Kategorien erfasst:
- N32.8 – Sonstige näher bezeichnete Krankheiten der Harnblase (inklusive überaktive Blase)
- R39.1 – Andere Schwierigkeiten beim Wasserlassen (z. B. Pollakisurie, Harndrang)
- N39.4 – Sonstige Harninkontinenz (inklusive Dranginkontinenz)
3. Klinische Einteilung in der Praxis
Die klinische Klassifikation differenziert nach der zugrunde liegenden Ursache:
- Idiopathische OAB – keine erkennbare Ursache
- Neurogene OAB – Folge neurologischer Erkrankungen, z. B.
- Multiple Sklerose (MS)
- Morbus Parkinson
- Rückenmarksläsionen
- Sekundäre OAB – im Rahmen anderer Erkrankungen oder externer Faktoren, z. B.
- Harnwegsinfekte
- Blasensteine
- Hormonelle Veränderungen (postmenopausal)
- Medikamenteneinfluss (z. B. Diuretika/Entwässerungsmittel)
4. Pathophysiologische Einteilung (ergänzend in der Literatur)
In einigen neueren Arbeiten wird zusätzlich eine Unterscheidung nach der Blasenaktivität vorgeschlagen:
- Detrusorüberaktivität (DOA) – nachweisbare unwillkürliche Detrusorkontraktionen* im Urodynamik-Test
- Sensorische OAB – primär gesteigerte Blasensensibilität ohne nachweisbare Detrusorüberaktivität
Diese Klassifikationen sind Grundlage für Diagnostik, leitlinienorientierte Therapie und klinische Studien.
*Kontraktionen des Blasenmuskels (Musculus detrusor vesicae), die für die Entleerung der Harnblase verantwortlich sind