Thorax-MRT
Die Magnetresonanztomographie (MRT) des Thorax (Synonyme: Thorax-MRT; MRT-Thorax) – oder auch Kernspintomographie oder NMR (nuclear magnetic resonance imaging) des Thorax genannt – bezeichnet ein radiologisches Untersuchungsverfahren, bei dem mithilfe eines Magnetfeldes die Strukturen im Bereich des Brustkorbs mit den Brustorganen dargestellt werden.
Die MRT wird heute bei zahlreichen thorakalen Fragestellungen eingesetzt, insbesondere bei unklaren Befunden nach Voruntersuchungen oder zur weiterführenden Differenzierung. Trotz ihrer hohen diagnostischen Aussagekraft stellt sie jedoch in vielen Fällen nicht die primäre Bildgebungsmodalität der Wahl dar. In der klinischen Praxis werden häufig zunächst andere Verfahren wie die Sonographie (Ultraschalluntersuchung) oder die Computertomographie (CT) durchgeführt, insbesondere zur Abklärung akuter oder kalkdichter Läsionen, zur schnellen Diagnostik oder bei Kontraindikationen gegen die MRT.
Beurteilbare Strukturen
Die Magnetresonanztomographie (MRT) des Thorax ermöglicht eine detaillierte und hochauflösende Darstellung verschiedener Strukturen im Brustkorbbereich, einschließlich:
- Lungenparenchym (Lungengewebe): Ermöglicht die detaillierte Beurteilung des Lungengewebes, einschließlich der Erkennung von pathologischen Veränderungen wie Tumoren, Entzündungen und Fibrosen.
- Luftwege: Trachea (Luftröhre) und Bronchien können klar dargestellt werden, was insbesondere bei der Beurteilung von Atemwegsobstruktionen, Stenosen (Verengungen) und Anomalien von Bedeutung ist.
- Pleuraraum: Erfassung von Pleuraergüssen, Pleuraverdickungen, pleuralen Plaques und Tumoren.
- Mediastinum (Mittelfellraum): Beurteilung der mediastinalen Strukturen, einschließlich Herz, großen Gefäßen (Aorta, Pulmonalarterien), Lymphknoten und weiteren mediastinalen Massen.
- Herz und perikardiale Strukturen/Herzbeutelstrukturen: Detaillierte Visualisierung der Herzkammern, der Herzmuskulatur, des Perikards (Herzbeutel) und der großen herznahen Gefäße. Bewertung von Herzanomalien, kardialen Tumoren und perikardialen Erkrankungen.
- Thoraxwand und Diaphragma: Untersuchung der Muskulatur, der knöchernen Strukturen und des Zwerchfells zur Erkennung von Läsionen, Tumoren oder Hernien.
- Gefäßstrukturen: Einschließlich Aorta, Pulmonalarterien (Lungenarterien) und Venen zur Beurteilung von Aneurysmen (Gefäßaussackungen), Dissektionen (Aufreißen der Arterienwände), Gefäßmalformationen (Gefäßmissbildungen) und Thrombosen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Entzündliche Veränderungen im Bereich der Brustorgane
- Fehlbildungen im Bereich des Thorax (Brustkorbs)
- Lungenfehlbildung
- Lungenembolie – akuter Verschluss eines oder mehrerer Lungengefäße
- Lymphknoten
- Mukoviszidose (Synonyme: CF (Fibrosis cystica); Clarke-Hadfield-Syndrom (Mukoviszidose); cystische Fibrose (CF))
- Trachea- und Bronchusenge
- Tumoren im Bereich des Thorax (Brustkorbs) (zervikal, mediastinal, pulmonal, pleural) – z. B. Bronchial- (Lungen-) oder Ösophagus (Speiseröhre)- Karzinom (Krebs)
- Veränderungen der Blutgefäße wie Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung), Aneurysmenbildung
- Veränderungen des Herzens wie bei der Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Für eine Thorax-MRT gelten die üblichen Kontraindikationen wie für jede MRT-Untersuchung:
- Herzschrittmacher (mit Ausnahmen)
- Mechanische künstliche Herzklappen (mit Ausnahmen)
- ICD (implantierter Defibrillator)
- Metallische Fremdkörper in gefährlicher Lokalisation (z. B. in direkter Nähe zu Gefäßen oder Augapfel)
- Andere Implantate wie: Cochlear-/Okularimplantat, implantierte Infusionspumpen, Gefäßclips, Swan-Ganz-Katheter, epikardiale Drähte, Neurostimulatoren etc.
Bei hochgradiger Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) und bestehender Schwangerschaft sollte auf eine Kontrastmittelgabe verzichtet werden.
Vor der Untersuchung
- Patientenaufklärung: Erläuterung des Verfahrens, möglicher Risiken und des Ablaufs. Wichtige Informationen über aktuelle Medikation und Allergien werden erfasst.
- Metallische Gegenstände: Entfernung aller metallischen Gegenstände (Schmuck, Piercings) zur Vermeidung von Bildartefakten.
- Kontraindikationsprüfung: Überprüfung auf MRT-spezifische Kontraindikationen wie Herzschrittmacher, bestimmte Implantate oder schwere Niereninsuffizienz.
- Positionierung: Die Patienten werden in der Regel in Rückenlage positioniert, wobei spezielle Spulen zur Signalverstärkung eingesetzt werden.
Das Verfahren
Technik
- Hochfeld-MRT (1,5 oder 3 Tesla – besonders leistungsstarke Magnetresonanztomographen) mit Verwendung einer Multikanal-Körperspule (Spezialantenne für den Brustbereich) zur Signalverstärkung
- Atemgesteuerte oder navigatorbasierte Akquisition (atemabhängige oder automatisch gesteuerte Aufnahme) zur Reduktion von Bewegungsartefakten (Störungen durch Atmung oder Herzbewegung)
- T1-gewichtete Sequenzen (fettsensitive Bildgebung) nativ und nach Kontrastmittelgabe zur Beurteilung der anatomischen Strukturen, Tumoren (Geschwülsten) und vaskulären Strukturen (Blutgefäßen)
- T2-gewichtete Sequenzen (flüssigkeitssensitive Bildgebung) mit und ohne Fettunterdrückung zur Darstellung entzündlicher oder zystischer Veränderungen (z. B. Flüssigkeitsansammlungen)
- Cine-MRT-Techniken (bewegte Bildsequenzen) bei mediastinalen Raumforderungen (z. B. Raumforderungen im Mittelfellraum) mit pulsationsabhängiger Dynamik (z. B. Perikardzysten – Zysten am Herzbeutel)
- MR-Angiographie (MRA – Gefäßdarstellung mittels MRT) zur Darstellung der thorakalen Gefäße (Brustgefäße), insbesondere der Aorta (Hauptschlagader), Pulmonalarterien (Lungenschlagadern) und herznahen Venen
- Diffusionsgewichtete Sequenzen (spezielle Tumorsequenzen) zur Tumorcharakterisierung (optional)
- Gadoliniumhaltiges Kontrastmittel (Mittel zur besseren Darstellung von Gewebe) bei Fragestellungen zu Tumoren, Entzündungen oder vaskulären Veränderungen (z. B. Gefäßveränderungen)
Ablauf der Untersuchung
- Lagerung in Rückenlage mit Atemkommandos oder Atemtriggerung (atemgesteuerter Aufnahmestart)
- EKG-Elektroden (Herzstrommessung) zur Synchronisation bei kardionahen Fragestellungen optional erforderlich
- Intravenöse Injektion von gadoliniumhaltigem Kontrastmittel (Kontrastmittel zur Bildverbesserung) bei geplanter MR-Angiographie oder Tumordarstellung
- Dauer ca. 30-45 Minuten (abhängig von Indikation und Kontrastmittelgabe)
Mögliche Befunde
Strukturelle und entzündliche Veränderungen
- Lungenparenchym: Identifikation von Entzündungen, Fibrose, interstitiellen Lungenerkrankungen und pneumonischen Infiltraten (Lungeninfiltrate)
- Pleuraraum: Nachweis von Pleuraergüssen, Pleuraverdickungen und pleuralen Tumoren.
- Mediastinum (Mittelfellraum): Beurteilung von Lymphknotenvergrößerungen, mediastinalen Tumoren, und zystischen Veränderungen.
- Trachea (Luftröhre) und Bronchien: Darstellung von Stenosen (Verengungen), Bronchiektasen (Aussackungen der Bronchien) und Fremdkörpern.
- Herz und große Gefäße: Beurteilung von Herzgröße, kardialen Tumoren, Aortenaneurysmen (Aussackungen der Aorta), Dissektionen (Aufreißen der Arterien) und kongenitalen Herzfehlern (angeborene Herzfehler).
Tumorerkrankungen
- Primäre Lungentumoren: Differenzierung zwischen benignen (gutartigen) und malignen (bösartigen) Läsionen/Veränderungen, Tumorstaging einschließlich Beurteilung von Infiltrationen in benachbarte Strukturen.
- Metastasen (Tochtergeschwülste): Erkennung pulmonaler und mediastinaler Metastasen (Tochtergeschwülste) mit hoher Sensitivität.
- Thymustumoren: Differenzierung zwischen Thymomen, Thymuskarzinomen und Thymuszysten.
Vaskuläre Pathologien
- Lungenembolie: Indirekte Zeichen der Lungenembolie durch Nachweis von Gefäßabbrüchen oder Minderperfusion (Minderdurchblutung).
- Pulmonale Hypertonie (PH; Lungenhochdruck): Beurteilung des Kalibers der Pulmonalarterien (Lungenarterien) und Nachweis von Rechtsherzbelastungszeichen.
- Gefäßanomalien (Gefäßmissbildungen): Erkennung kongenitaler Gefäßanomalien wie Pulmonalarterienstenosen oder arteriovenöse Malformationen.
Kongenitale Anomalien und Fehlbildungen
- Tracheoesophageale Fisteln: Darstellung der anatomischen Beziehungen und Fistelverläufe.
- Zystische Fibrose: Nachweis von Bronchiektasen, Mucoid-Impaction und interstitiellen Veränderungen im Frühstadium.
- Atemwegsfehlbildungen: Erkennung und Charakterisierung von Atemwegsfehlbildungen wie Trachealstenosen oder bronchogenen Zysten.
Postoperative Veränderungen und Komplikationen
- Postoperative Veränderungen: Bewertung der postoperativen Anatomie, Identifikation von postoperativen Komplikationen wie Infektionen, Hämatomen (Blutergüsse) oder Lymphozelen (Ansammlung von Lymphflüssigkeit in einem anatomisch dafür nicht vorgesehenen Hohlraum)
- Thoraxwandveränderungen: Beurteilung von Thoraxwandtumoren, postoperativen Veränderungen und Rippenanomalien.
Nach der Untersuchung
Nachbehandlung und weitere Schritte:
- Auswertung der Bilder: Ein Radiologe wertet die MRT-Aufnahmen aus und erstellt einen Befundbericht.
- Befundbesprechung: Die Ergebnisse der Untersuchung werden dem Patienten und/oder dem überweisenden Arzt mitgeteilt. Basierend auf den Befunden können weitere diagnostische Maßnahmen, Überweisungen zu Spezialisten oder Behandlungsempfehlungen ausgesprochen werden.
- Beobachtung: Bei Verwendung von Kontrastmitteln wird auf mögliche Spätreaktionen geachtet. Patienten werden angehalten, auf ungewöhnliche Symptome zu achten und ggf. ärztlichen Rat einzuholen.
- Nachsorgehinweise: Spezifische Anweisungen für die Nachsorge, insbesondere bei invasiven Verfahren oder Biopsien, die im Rahmen der MRT durchgeführt wurden.
Mögliche Komplikationen
Ferromagnetische Metallkörper (auch metallisches Make-up oder Tätowierungen) können zur lokalen Wärmeentwicklung führen und möglicherweise Parästhesie-ähnliche Empfindungen (Kribbeln) auslösen.
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Atemwegserkrankung bei Kindern – Bildgebende Diagnostik. (AWMF-Registernummer: 064 - 009), April 2020 Langfassung