Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)

Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) ist ein nicht-invasives bildgebendes Verfahren der modernen Neurobildgebung (Darstellung des Gehirns) zur Darstellung funktionell aktiver Hirnareale (Gehirnbereiche mit spezieller Aufgabe). Sie beruht auf der Analyse hämodynamischer Veränderungen (Durchblutungsveränderungen), die durch neuronale Aktivität (Nervenzellenaktivität) hervorgerufen werden (Blood-Oxygen-Level-Dependent-Signal, BOLD). Das Verfahren ermöglicht die präzise Lokalisation kortikaler und subkortikaler Aktivierungszentren (oberflächliche und tiefere Hirnaktivitätszentren) während spezifischer kognitiver, sensorischer oder motorischer Aufgaben (Denk-, Sinnes- oder Bewegungsaufgaben). Die fMRT ist fester Bestandteil der neurowissenschaftlichen Grundlagenforschung sowie der präoperativen Diagnostik neurochirurgischer Eingriffe (Untersuchung vor Gehirnoperationen).

Synonyme

  • Funktionelle MRT
  • fMRI (functional Magnetic Resonance Imaging)
  • BOLD-MRT
  • Aktivierungs-MRT

Beurteilbare Strukturen

  • Kortikale Aktivierungszentren (z. B. motorischer, sensorischer, visueller und auditorischer Kortex – Bewegungs-, Gefühls-, Seh- und Hörzentren)
  • Subkortikale Strukturen (z. B. Basalganglien, Thalamus – tieferliegende Gehirnkerne)
  • Sprachzentren (Broca-Areal, Wernicke-Areal – Bereiche für Sprachproduktion und Sprachverständnis)
  • Netzwerke höherer Hirnfunktionen (z. B. Default Mode Network, frontoparietale Netzwerke – Denk- und Bewusstseinsnetzwerke)

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Präoperative Planung in der Neurochirurgie (Vorbereitung von Gehirnoperationen)
    • Lokalisation eloquenter Areale (wichtiger Funktionsbereiche wie Sprache, Bewegung) zur Schonung funktionell relevanter Hirnregionen bei Tumorresektionen oder epileptogener Foci (Herd bei Epilepsie)
  • Neuropsychologische Funktionsanalyse (Untersuchung von Hirnfunktionen)
    • Untersuchung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und Emotionen im Rahmen wissenschaftlicher oder klinischer Fragestellungen
  • Sprachdominanzprüfung (Lateralisation – Feststellung der sprachführenden Gehirnhälfte)
    • Insbesondere bei Epilepsiechirurgie oder vor neurochirurgischen Eingriffen in der Nähe der Sprachzentren
  • Erkennung funktioneller Reorganisation (Verlagerung von Funktionen)
    • Nach Schlaganfall, Hirntumor oder Schädel-Hirn-Trauma (Gehirnverletzung) zur Darstellung kompensatorischer Aktivierungsmuster (Ersatzfunktionen)
  • Forschung in der Kognitions- und Emotionsneurowissenschaft (Wissenschaft des Denkens und Fühlens)
    • Abbildung neuronaler Korrelate von Reizverarbeitung, Verhalten, Emotionen, Entscheidungsfindung

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Absolute Kontraindikationen:
    • Nicht MR-kompatible implantierte Geräte (z. B. Herzschrittmacher, Cochlea-Implantate – Innenohrimplantate, ältere Aneurysma-Clips)
    • Metallische Fremdkörper im Körper (insbesondere im Auge oder zentralnervösen Bereich)
  • Relative Kontraindikationen:
    • Klaustrophobie (Angst in engen Räumen – ggf. Sedierung erforderlich)
    • Bewegungsstörungen (z. B. Parkinson-Syndrom) bei motorischer AktivierungsfMRT
    • Kognitive Einschränkungen (vermindertes Denkvermögen), die die Durchführung standardisierter Aufgaben erschweren

Vor der Untersuchung

  • Aufklärung über das Untersuchungsprotokoll, potenzielle Lärmexposition und die Notwendigkeit absoluter Bewegungslosigkeit
  • Auswahl und Training der Aufgabenparadigmen (motorisch, sprachlich, visuell, auditorisch, kognitiv – Bewegung, Sprache, Sehen, Hören, Denken)
  • Ausschluss metallischer Fremdkörper und Implantate
  • Ggf. Anwendung eines Motion Correction-Trainings (Bewegungskontrolle) vorab bei unruhigen Patienten

Das Verfahren

Die fMRT nutzt den BOLD-Effekt, der auf der Differenz im magnetischen Verhalten oxygenierten und desoxygenierten Hämoglobins (sauerstoffreiches und sauerstoffarmes Blutfarbstoffmolekül) basiert. Bei neuronaler Aktivität steigt die regionale Durchblutung stärker an als der Sauerstoffverbrauch – es resultiert ein lokal erhöhtes Signal im T2*-gewichteten Bild (spezielle Bildsequenz).

Typischer Ablauf:

  • Durchführung in einem Hochfeld-MRT-Gerät (1,5 T oder 3,0 T – starke Magnetresonanztomographiegeräte)
  • Paradigmengestützte Untersuchung mit block- oder event-related Designs (strukturierte Reizfolgen)
  • Aufgaben: z. B. Fingerbewegung, Sprachverständnis, Bildverarbeitung, Zahlenreihen, Reaktionszeitmessungen
  • Bildakquisition erfolgt meist mit Echo-Planar-Imaging (EPI – spezielle schnelle Aufnahmeverfahren)
  • Synchronisation über spezielle Stimulus-Software und Auswertung mit entsprechender Bildanalyse (z. B. SPM, FSL, AFNI – Bildauswertungsprogramme)

Mögliche Befunde

  • Normale Aktivierungsmuster
    • Symmetrische Aktivierung der erwarteten kortikalen Areale entsprechend der Aufgabenstellung
  • Lateralisierung
    • Nachweis der sprachdominanten Hemisphäre (Sprachseite des Gehirns, z. B. links)
  • Pathologische Befunde (Krankhafte Veränderungen)
    • Abweichende oder fehlende Aktivierung in eloquenten Regionen
    • Reorganisation motorischer oder sprachlicher Netzwerke bei Läsionen (Verletzungen)
    • Kompensatorische Aktivierung kontralateraler Areale (auf der gegenüberliegenden Seite) nach Insult (Schlaganfall)
  • Tumorassoziierte Veränderungen
    • Verlagerung oder Infiltration funktionell relevanter Areale
    • Inaktive Areale trotz morphologisch intakter Strukturen

Nach der Untersuchung

  • Auswertung und Fusionierung der funktionellen Aktivierungskarten mit anatomischen MRT-Datensätzen
  • Interpretation in enger interdisziplinärer Absprache (Radiologie, Neurochirurgie, Neurologie, Neuropsychologie – verschiedene medizinische Fachrichtungen)
  • Planung operativer oder therapeutischer Strategien unter Berücksichtigung funktioneller Areale