Handgelenkaufnahme
Die Handgelenkaufnahme ist ein standardisiertes Verfahren der konventionellen Röntgendiagnostik zur Beurteilung knöcherner Strukturen im Bereich des Handgelenks. Sie dient der Darstellung der distalen Unterarmanteile, der Handwurzelknochen (Ossa carpi) sowie der Gelenkflächen und angrenzender Strukturen. Zum Einsatz kommt die Handgelenkaufnahme insbesondere bei Verdacht auf Frakturen (Knochenbrüche), degenerative oder entzündliche Veränderungen sowie Fehlstellungen (Fehlausrichtungen).
Synonyme
- Röntgen des Handgelenks
- Handgelenkübersichtsaufnahme
- Röntgenaufnahme des Radiokarpalgelenks (Handgelenkgelenk)
Beurteilbare Strukturen
- Distaler Radius und distale Ulna – inklusive Processus styloideus radii et ulnae (Fortsätze an der Speiche und Elle), Gelenkfläche der Ulna (Elle)
- Handwurzelknochen (Ossa carpi) – Scaphoid (Kahnbein), Lunatum (Mondbein), Triquetrum (Dreieckbein), Pisiforme (Erbsenbein), Trapezium (großes Vieleckbein), Trapezoideum (kleines Vieleckbein), Capitatum (Kopfbein), Hamatum (Hakenbein)
- Radiokarpalgelenk – Darstellung des Gelenkspalts, Gelenkflächen und etwaiger Gelenkergüsse (Flüssigkeitsansammlungen)
- Interkarpale und karpometakarpale Gelenke – zur Beurteilung von Arthrosen (Gelenkverschleiß), Luxationen (Verrenkungen), Instabilitäten
- Weichteilschatten – ggf. Hinweise auf Schwellungen, Tumoren oder Fremdkörper
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Traumatologie
- Frakturverdacht (z. B. distale Radiusfraktur, Skaphoidfraktur [Kahnbeinbruch])
- Luxationsverdacht (z. B. perilunäre Luxation [Verrenkung im Handwurzelbereich])
- Nachkontrolle postoperativ oder posttraumatisch
- Degenerative Veränderungen
- Arthrose des Radiokarpalgelenks oder der interkarpalen Gelenke
- Sehnenverkalkungen und knöcherne Anbauten (Osteophyten)
- Rheumatologische Fragestellungen
- Frühdiagnostik bei rheumatoider Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankung)
- Erosionsnachweis, Gelenkspaltverschmälerung, Ulnardeviation (Abweichung zur Ellenseite)
- Fehlstellungen und Achsabweichungen
- Madelung-Deformität (angeborene Wachstumsstörung)
- Ulna plus/minus-Varianten (Verkürzung oder Verlängerung der Elle)
- Tumorverdacht oder zystische Läsionen
- Knochenzysten, Enchondrome (knorpelige Tumoren), Osteoidosteome (gutartige Knochentumoren)
- Fremdkörpernachweis
- Nach penetrierenden Verletzungen (z. B. durch Metall oder Glas)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Keine absolute Kontraindikation für die native Röntgenaufnahme
- Schwangerschaft – relative Kontraindikation, besonders im ersten Trimenon (erste drei Monate); strenge Indikationsstellung und ggf. alternative Verfahren erwägen
Vor der Untersuchung
- Information über den Untersuchungsablauf
- Entfernen von Schmuck (z. B. Uhren, Armbänder) und metallischen Gegenständen im Untersuchungsbereich
- Ggf. Schwangerschaftsanamnese bei Frauen im gebärfähigen Alter
Das Verfahren
- Standardprojektionen:
- p.a.-Aufnahme (postero-anterior [von hinten nach vorn]) mit Unterarm in Pronationsstellung (Einwärtsdrehung)
- seitliche Aufnahme (lateral) mit 90°-Flexion im Ellenbogengelenk (Beugung)
- ggf. ergänzende Schrägaufnahmen (z. B. semisupiniert, semiproniert [halbgedreht])
- Technische Aspekte:
- Fokus-Film-Abstand: ca. 100-115 cm
- Niedrige kV-Werte (typisch 40-50 kV) zur Kontrastverbesserung bei feinen Strukturen
- Verwendung eines Weichstrahlfilters zur Reduktion von Streustrahlung
- Lagerung:
- Patient sitzt an der Untersuchungseinheit
- Handgelenk flach auf dem Detektor bzw. der Kassette, je nach Projektionsrichtung angepasst
- Ruhige Lagerung zur Vermeidung von Bewegungsartefakten (Unschärfen)
Mögliche Befunde
- Frakturen/Knochenbrüche (z. B. distale Radiusfraktur, Skaphoidfraktur, Trümmerfrakturen)
- Arthrotische Veränderungen (Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten [Knochenanbauten])
- Osteolysen (Knochenabbau) oder -sklerosen (Verhärtungen) bei tumorösen Prozessen
- Verkalkungen im Bereich von Sehnen oder Bändern (z. B. Tendinitis calcarea [verkalkende Sehnenentzündung])
- Fehlstellungen (z. B. dorsale Radiusabkippung nach Fraktur)
- Anomalien (z. B. Os centrale carpi, Os triangulare [zusätzliche Handwurzelknochen])
- Postoperative Zustände (z. B. Osteosynthesematerial [Metallschrauben], knöcherne Konsolidierung [Heilung])
Nach der Untersuchung
- Technische Kontrolle auf Bildqualität und Vollständigkeit der Darstellung
- Vergleich mit Voraufnahmen (Verlaufskontrolle)
- Beurteilung durch den Radiologen und schriftlicher Befundbericht
- Weiterleitung des Befunds an den zuweisenden Arzt
Mögliche Komplikationen
- Keine biologisch relevanten Nebenwirkungen bei Einhaltung der Strahlenschutzrichtlinien
- Minimale Strahlenexposition, in der Regel unterhalb diagnostisch bedeutsamer Schwellenwerte